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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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hin.
    »Ein richtiger Spieler sollte nicht nur wissen, wie man gewinnt, sondern vor allem, wie man verliert«, stieß Juniper atemlos hervor. »Gewinne züchten Feinde. Wenn du klug wärst, hättest du sie wenigstens ein paar Münzen zurückgewinnen lassen.«
    Obwohl mir der Schreck noch in den Knochen saß, war ich so froh, sie zu sehen, dass ich ihr einfach um den Hals fiel. Lachend erwiderte sie die Umarmung, dann musterte sie mich von oben bis unten. »Meine Güte, wenn dir nicht gerade eine Windsbraut auf den Fersen ist, schaffst du es, dass irgendwelche netten, harmlosen Kerle mit Waffen auf dich losgehen. Wie kriegst du das nur immer hin?«
    »Muss wohl ein Fluch sein.«
    Sie lachte, als hätte ich einen Witz gemacht. »Ich dachte, ich sehe nicht recht, als du vorhin am Fanghafen vorbeispaziert bist. Wir kamen gerade vom Fangtag zurück – und da dachte ich, gehe ich dir mal nach und schaue, wo du kurz vor der Sperrstunde noch hinwillst. Und sieh an: das harmlose Mädchen zockt wie ein Geier um Geld.«
    »Wieso seid ihr schon in der Stadt? Auf dem Zug habe ich euch nicht gesehen.«
    Juniper schnaubte empört auf. »Mit dieser Greisenschaukel fahren wir ja auch nicht! Der Zug ist die längere Strecke, nur für die Sklaven, die möglichst unversehrt ankommen sollen, und die Alten, die den steilen Abstieg durch die Berge nicht mehr schaffen. Machst es dir gerne gemütlich, Schöne, hm?«
    Die längere Strecke? Der Wein kreiste noch in meinem Kopf, aber die Angst, dass Amad mich doch einholen könnte, ernüchterte mich auf der Stelle. Und gleichzeitig hoffte ich, dass er tatsächlich unversehrt aus der Bewusstlosigkeit aufgewacht war.
    »Und wo hast du deinen schönen ›Bruder‹ gelassen?«, fragte Juniper, als hätte sie meine Gedanken gelesen.
    »Ich bin allein hier. Und Amad …« Ich zögerte. »Er ist nicht mein Bruder, Juniper. Genauso wenig, wie ich ein Dorfmädchen bin.«
    Juniper verzog das Gesicht zu einer ironischen Grimasse. »Erzähl mir was Neues. Ich bin Perem ja auch nicht aus dem Gesicht geschnitten, aber ihr seht euch so ähnlich wie ein Krake einem Barrakuda. Und alles andere hast du mir schon mit deinem ersten Händeschütteln verraten.« Sie hob ihre Linke. Sie war vernarbt und voller Schwielen, die Nägel waren kurz und abgeschliffen und hatte schwarze Ränder. » So sehen Hände aus, die seit vielen Jahren arbeiten. Mir ist gleich aufgefallen, dass deine Hände zu glatt sind, zu perfekt. Und der Händedruck hat es mir bestätigt. Keine Schwielen und nicht besonders viel Kraft in der Hand. Du hast noch nie Steine geschleppt und nach Wasser gegraben. Deine einzigen Narben sind so frisch, dass sie kaum verheilt sind. Und in deinen Gürteltaschen sind ein Ring und ein Schlüsselbund. Muss ein edles Dorf sein, in dem die Ziegenställe Schlösser haben.« Juniper hatte also meine Taschen durchsucht, während ich bewusstlos war. »Du bist sicher eine reiche Tochter, die durchgebrannt ist. Vielleicht, weil du den Falschen heiraten solltest? Oder weil du dich verbotenerweise in den Richtigen verliebt hast?«
    Ich schluckte. »Nahe dran.«
    Ihre grauen Augen blitzten voller Triumph auf. Sie deutete eine Verbeugung an wie ein Jahrmarktzauberer, dem ein Kunststück gelungen war.
    »Und wie heißt du wirklich? Du reagierst nämlich nicht schnell genug, wenn man dich Smila nennt.«
    Ich zögerte, aber dann gab ich mir einen Ruck. »Canda«, sagte ich. »Warum hast du nichts gesagt und so getan, als würdest du uns glauben?«
    »Junipers Gesetz«, erwiderte sie leichthin. »Man sollte immer wissen, was man sagt. Aber man sollte nicht immer alles sagen, was man weiß. Nur weil alle denken, dass ich nicht weiter denke als bis zum nächsten Tanz, muss das ja nicht der Wahrheit entsprechen. Aber es ist gut, wenn andere mich so sehen. Umso mehr erzählen sie mir – bewusst oder unbewusst.«
    Eine Moreno berechnet Chancen, blickt voraus und spricht als Letzte. Niemals lässt sie sich in die Karten schauen. Juniper hätte unserem Familienkodex alle Ehre gemacht. Ich gab es ungern zu, aber auf eine Tochter wie sie wäre meine Mutter sicher stolz gewesen. Amad hatte recht gehabt. Ich sah nur durch meine eigenen Augen – durch die Beschränkungen meines Standes, meiner Besonderheit, die mich so deutlich von den Gewöhnlichen unterschied, dass ich ihnen nichts zutraute. Aber jeder Tag außerhalb von Ghan lehrte mich, wie sehr ich mich täuschte. Wir unterschieden uns viel weniger, als meine Lehrer und meine

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