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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Welle, als er ins Wasser glitt. Ich blieb allein zurück, starr, in die Planken gekrallt, darauf wartend, dass ein Fischrücken auftauchte, weiß, undurchdringlich wie Granit und so kostbar wie Diamant. Ein schrilles Geräusch, als würde Metall auf Metall kratzen, jagte meinen Puls hoch. Das Schiff ruckte, drehte sich halb in der Strömung. Stille folgte, in der mein Atem wie Donner klang. Die Angst schnürte mich ein wie eine dritte Haut aus Feuer und Kälte.
    Dann explodierte das Wasser. Ich hatte alles erwartet, nur nicht, dass Eisenhaie sprangen. Eine Welle warf mich hart zur Seite. Aus dem Augenwinkel sah ich den glänzenden Körper durch die Luft schnellen. Länge drei Meter dreizehn … Sprunghöhe zwei Meter vier, Galgenhöhe zweisechzig …
    Das schnappende Maul verfehlte den Käfig der Grauen um sechsundfünfzig Zentimeter. Der Körper fiel dumpf auf die Planken, bog und verwandelte sich. Hände stützten sich ab, ein muskulöser Körper zuckte nass und salzweiß. Jetzt verstand ich, was diese Wesen so gefährlich machte: Im gleißenden Nebel war der helle Körper so gut wie unsichtbar. Und die anderen Haie krochen, aber dieser hier gebrauchte seine Beine. Und im schlimmsten Fall klettert er im Schutz des Nebels an Bordwänden hoch wie ein gedungener Mörder.
    Meine Haut war ein einziges elektrisches Surren, aber ich folgte wie in Trance dem Plan. Die Welt schien stumm geworden zu sein, ich hörte nur mein rasendes Herz, während ich dem Eisenhai entgegenkroch.
    Ein lippenloses Männergesicht wandte sich mir zu, weiß und ebenmäßig, mit stumpfen, seelenlosen Perlmuttaugen.
    Ein Teil von mir erstarrte vor Entsetzen. Aber ich lernte, dass ein Plan einen großen Unterschied machte. Es war, als könnte ich meine Angst in eine Kammer verbannen und die Tür schließen. Sie jagen meist allein und dulden keine anderen neben sich. Aber wer es gewohnt ist, überlegen zu sein, lässt sich selten dazu herab, zu kämpfen. Er wartete nur, die Arme aufgestützt, den Nacken gebeugt in einer Drohgeste, die seine einzige verletzliche Stelle verbarg. Zurück, befahl ich mir. Reagiere, wie er es erwartet, weiche dem Stärkeren aus.
    Ich musste mir auf die Lippen beißen, um nicht zu schreien, als ich mich in das Wasser gleiten ließ, dort, wo das Sicherungsseil wartete und die Harpune verborgen war. Wasser kroch unter meine Tarnhaut, so kalt, dass es stach. Unter mir schwarze Unendlichkeit. Der Strick, den ich mir um die Taille zurrte, schnitt beruhigend fest ein. Der Eiserne verharrte immer noch in der Drohgebärde. Für eine Sekunde dachte ich, er hätte mich als Beute erkannt, aber dann fing der Köder wieder seine Aufmerksamkeit.
    Noch nie hatte ich meine Hündin so erlebt. Am liebsten wäre sie dem Eisernen an die Gurgel gesprungen. Ihre Zähne blitzten. Du bist der verrückteste Wüstenhund von allen, dachte ich. Und in diesem Moment war ich stolz auf meine Graue, die viel furchtloser war als ich.
    Bitte lass den Hai nicht klettern, flehte ich im Stillen. Ich stemmte mich gegen die Bordwand und brachte die Harpune in Position. Der Eiserne richtete sich nicht auf, wie ich gehofft hatte, er kroch blitzschnell auf allen vieren zum Galgen. Amad stemmte sich direkt neben ihm aus dem Wasser, ohne Harpune. Ich sah nur das Blitzen des Messers, das er sich an den Unterarm gebunden hatte, aber er zückte es nicht, er glitt nur zwischen den Eisernen und den Galgenmast – und beugte den Rücken in einer Drohgeste. Tue das, was dein Gegner nicht erwartet. Das Wesen war tatsächlich irritiert. Und dann staunte ich nur noch. Es war ein Tanz, in dem Amad sich völlig verwandelte. Jede Bewegung, jede Geste war ein Spiegelbild der Wandelgestalten, schlangengleich, angriffslustig. Er reizte den Hai gerade genug, dass er den Hund vergaß, dirigierte ihn fast wie ein Marionettenspieler zum Graben. Der Eiserne verlor seine Menschengestalt, der schlagende Schwanz fegte über mich hinweg. Nur für den Bruchteil einer Sekunde sah ich die verletzliche Stelle, dort, wo Amad und Juniper sie vermutet hatten: eine pochende, transparente Membran direkt unter den Kiemen, wo die Panzerhaut zusammenwuchs wie ein Mantelkagen. Jetzt! , schrie es in mir, aber das Tier war zu schnell. Amad warf sich herum und schnellte mit einem Kopfsprung in den Spalt zwischen den zwei Bootsteilen – genau vor dem Maul des Haies. Das Raubtier ruckte herum, glitt – wie beabsichtigt – über den Wasserspalt. Genau dorthin, wo Junipers Harpune von unten zustieß.
    Ich

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