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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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er mich zum Lachen brachte. »Netter Versuch.«
    Er lächelte. »Ich weiß nur, dass Lichter nach ihren eigenen Gesetzen leben und kein Mensch voraussagen kann, was sie als Nächstes tun. Und es gibt für alles ein Davor und ein Danach, für jedes Land, jede Stadt, jedes Leben. Das Messer, das diesen Schnitt führt, kann zwei Namen haben: es kann Ja oder Nein heißen.«
    Ein Platschen in der Nähe ließ uns beide innehalten. Die Graue knurrte.
    »Sind wir schon in der Nähe der Küste?«
    Ein schattiges Nicken. »Sie folgen uns schon seit einer halben Stunde. Aber noch warten sie ab. Was ist los?«
    »Nichts, ich friere nur«, log ich.
    »Keine Angst«, sagte er sanft. »Wir sind ihnen zu nahe, um in Gefahr zu sein. Hätten sie uns erkannt, hätten sie längst angegriffen.« Zu meiner Überraschung legte er den Arm um mich, und ich wehrte mich nicht, viel zu verlockend war seine Nähe. »Versuchst du meine Lichter zu vertreiben?«
    »Das muss ich nicht versuchen, das tue ich ohnehin. Nein, hier sind wir nur zwei Leute, die im selben Boot sitzen.« Bizarrerweise kam mir genau jetzt eine von Amads Jagdlektionen in den Sinn: »Lass den Gegner herankommen und verrate dich nicht, ehe du seinen Atem auf deiner Haut spürst.« Eine Warnung meiner Lichter, es widerstrebte ihnen, dass ich Amad so nahe kam. Doch heute wünschte ich sie mir weit fort.
    »Wer hat dir so viel über das Jagen beigebracht?«
    Er seufzte und betrachtete das Nebelmeer. »Alle und keiner. Jeder, der mir im Leben begegnet ist. Im Grunde ist die Lektion ganz einfach: Warte ab, beobachte und finde die verwundbare Stelle. Jeder hat sie, so unscheinbar und gut verborgen sie auch sein mag. Und glaube dabei immer deinem eigenen Gefühl mehr als den Worten anderer.«
    »Wie kommt es, dass du gleichzeitig Traumdeuter und Jäger bist?«
    »Weil es ein- und dasselbe ist. Finde das Zentrum einer Zitadelle und die Stadt gehört dir, zerstöre die Mitte des Spinnennetzes, löse zwei gefesselte Hände. Finde die Wunde in einer Weltenhaut – oder die weiche Stelle über dem Herzen eines Hais. Auch die gefährlichsten Raubtiere kannst du mit einer Nadel töten – wenn du nahe genug an sie herankommst. Und jeder Zauber lässt sich mit einer sachten Berührung lösen, wenn du die richtige Stelle findest.«
    »Immer wenn ich etwas von dir wissen will, weichst du mir aus. Mit einem Märchen oder einer Lektion.«
    »Vielleicht will ich ja nur eine gute Jägerin aus dir machen?«
    »Lenk nicht ab. Was war der Schnitt in deinem Leben?« Aus irgendeinem Grund brachte ich es nicht fertig, euer Leben zu sagen. »Der Tag, an dem du in die Gewalt der Mégan geraten bist? Das Danach kenne ich, aber was war davor?«
    Amad wurde ernst und schluckte. Das Ruder ächzte unter dem Druck der Strömung, die immer schneller wurde. Wir waren wohl tatsächlich in Küstennähe, denn irgendwo in der Ferne erklang das Tuckern eines Schiffsmotors.
    »Der Schnitt?«, sagte Amad schließlich mit rauer Stimme. »Das war der Moment, in dem ich eine Entscheidung getroffen habe. Für mich und tausend andere. Sie folgten mir in einen Kampf, der sich als Hinterhalt herausstellte. Viele starben, einige wenige konnten fliehen. Die anderen wurden zu Sklaven. Sie leiden und verfluchen mich, aber am meisten verfluche ich mich selbst. Es ist meine Schuld, weil ich Ja statt Nein sagte, als jemand um Hilfe bat, dem ich vertraute.«
    Die Bitterkeit in seiner Stimme erschütterte mich. Wieder war es ihm gelungen, keine Details zu verraten, keine Namen und kein Land. Aber zum ersten Mal verstand ich das Dunkle, Kalte, das ihn umgab. Gefrorener Schmerz und eine Schuld, so tief, dass er immer noch fiel.
    »Soldaten folgten dir? Für einen Heerführer bist du viel zu jung.«
    Gedankenverloren strich er über meinen Arm, dort, wo das Haileder verrutscht war. Die Berührung schickte einen Funkenflug über meine Haut. »Ich war nicht ihr Anführer. Ich war der, dem sie zuhörten.«
    »Aber du warst doch selbst Opfer des Hinterhalts.«
    »Spricht mich das frei? Ich war derjenige, der glaubte. Und ich habe die anderen überzeugt. Tja, diese Lektion haben wir ja beide gelernt: Trau niemandem, keinem Freund, keinem Vertrauten, nicht einmal jemandem, den du liebst.«
    Der jähe Schmerz um Tian hatte nur darauf gelauert, wieder hervorzukommen. Trau deinem Versprochenen nicht, und auch nicht deiner Familie .
    Wir sprachen kein Wort mehr, auch dann nicht, als ich meinen Kopf an Amads Schulter lehnte und er mich näher an sich

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