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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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den Spalt. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie zwei sandfarbene Hunde den Verrückten bellend anfielen. Ich war sicher, sie würden ihn zerfleischen.
    Doch zu meiner Überraschung lachte er und streckte die Hand nach dem größeren Hund aus. Zähne schnappten spielerisch in die Luft, Ruten wedelten. Die Tiere, eben noch Bestien, verwandelten sich in freundliche, unterwürfige Wesen, die den Verrückten umtänzelten. »Seid ihr blind?«, rief er zwei Männern entgegen, die mit Seilen und Stöcken bewaffnet auf ihn zu rannten. »Ich bin es!« Er hob den Arm, um den Strahl der Taschenlampe abzuschirmen. Sein seltsames vielfarbiges Haar leuchtete im Streiflicht auf.
    »Amad!« Der Mann senkte die Lampe sofort. »Was machst du denn hier?«
    »Dasselbe wie ihr.«
    »Hast du sie erwischt?«
    »Das Biest hat mich erwischt«, antwortete mein Entführer. »Schau mich an – und dann hat sie mich auch noch gebissen – führt sich auf wie ein tollwütiger Hund.«
    Ich wich hastig zurück und tastete mich zur Rückwand der Kammer. Nur noch dumpf hörte ich die Stimmen.
    »Wo hast du sie gefunden?«
    »In der Färberkammer versteckt. Ist völlig durchgedreht, als ich sie aufgestöbert habe. Ich konnte sie nicht halten.«
    Der Hundeführer lachte rau auf. »Das will ja bei dir was heißen. Deshalb haben die Hunde sie also hier gerochen. Schade, ich dachte schon, jetzt hätten wir die goldene Ratte.«
    Meine Zehen stießen gegen Holz – ein Fass … mehrere Fässer, sie reihten sich an der Wand auf. Es roch metallisch nach Färbersud und abgestandenem Wasser.
    »Versucht euer Glück, ich habe genug von ihr. Sie ist dort über die Mauer und in Richtung Norden gerannt!«
    Meine Hände griffen in etwas Zähflüssiges, Nasses, glitten dann über Mauerstein. Aber keine Tür. Das Licht einer Taschenlampe streifte meine Hände. Sie waren blau von dem Färbemittel, in das ich gegriffen hatte. Und wie Höhlenmalereien prangten meine blauen Handabdrücke nun am Stein. Ich fuhr herum. Mein Herz raste so sehr, dass ich mir einbildete, der Echoschlag müsste die Flüssigkeit in den Fässern zum Pulsieren bringen.
    Der Kerl, der offenbar Amad hieß, stand im Raum. Mir war klar, dass er die Tür hinter sich wieder abgeschlossen hatte.
    Blut floss aus seiner Nase, über Oberlippe und Kinn, und als er sich jetzt mit einer unwilligen Geste über den Mund wischte und ausspuckte, blieb ein roter Streifen auf seiner Wange zurück wie eine Kriegsbemalung aus alter Zeit . Mein Fausthieb hatte gesessen, vielleicht hatte ich ihm sogar die Nase gebrochen. Und dafür bringt er dich um, Canda. Obwohl es lächerlich war, tastete ich nach meiner armseligen Waffe, aber der Brieföffner war verschwunden. Vielleicht hatte ich ihn verloren, aber ich glaubte eher, dass der Kerl ihn mir abgenommen hatte.
    Ich schrie auf, als er blitzschnell in die Mitte der Kammer sprang. Aber er stürzte sich nicht auf mich, sondern beugte sich hinunter und griff nach einem Eisenring am Boden. Im Streiflicht erschienen die Kratzer an seinem Arm wie Wunden. Mit Schwung zog er am Ring. Eine Klapptür im Boden tat sich auf.
    »Los, du zuerst!«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wer bist du?«
    »Der Mann, der dich diese Treppe hinunterstößt, wenn du nicht freiwillig gehst.« An der Hand, die die Taschenlampe hielt, traten die Knöchel weiß hervor. »Beweg dich, Prinzessin! Oder willst du zurück in den Kerker der Verwaisten?«
    Tu, was er sagt, hier oben hast du keine Chance gegen ihn . Und obwohl es widersinnig war, machte die Tatsache, dass er Marams Reich als Kerker bezeichnete, es mir leichter.
    Es war keine schäbige Stiege, wie ich erwartet hatte, sondern eine Steintreppe, blank und ohne ein Körnchen Staub. Sie führte in ein längliches, in Seitenkammern unterteiltes Gewölbe. Jetzt wusste ich wieder, wo wir waren. Und mir sank der Mut. Genauso gut hätte ich in eine Gruft hinuntersteigen können. Wir betraten die alten Zisternen. Noch vor hundert Jahren war hier das Wasserreservoir der Stadt gewesen. Heute, im Zeitalter der Pumpen und Leitungen, wurden die Felsgewölbe nur noch als Lagerräume genutzt, die meisten standen leer. Zu meiner Überraschung führte der Weg noch tiefer in die Zisternen. Kammern verzweigten sich zu einem Labyrinth, sorgfältig wasserdicht verputzte Mauern leiteten uns wie Mäuse durch ein Labyrinth. »Wohin bringst du mich?«
    Natürlich antwortete er nicht. Meine Gedanken überschlugen sich, eine neue Panikwelle stieg in mir auf. Ich hatte von

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