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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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vom Saft der Früchte. Er wollte mir den Arm um die Kehle legen, aber bevor er mich richtig packen konnte, bohrte ich mein Kinn in seinen Unterarm und meine Zähne bekamen Haut zu fassen. Es knirschte, so fest biss ich zu. Das bin ich nicht , dachte ich voller Entsetzen. Aber gleichzeitig riss ich instinktiv den Arm hoch und schlug mit aller Kraft zu. Meine Faust traf etwas, das knackte. Dann war ich frei.
    Der Tuchmarkt war eines der alten Gebäude, die im Laufe der Jahrhunderte wie Bienenstöcke aus Stein Schicht für Schicht gewachsen waren. Ein Labyrinth aus Läden, Färberkammern und Lagerräumen. In den Färberkammern wurde heute nur noch Stoff für die Prunkgewänder für das Zentrum verarbeitet. Ein teurer Luxus in einer Stadt, in der Wasser aus großen Tiefen hochgepumpt werden musste.
    Ich tauchte in die Gassen und schlüpfte zwischen frisch gefärbten Stoffbahnen hindurch, die an Leinen quer über die Höfe gespannt waren. Zwei Höfe noch, drei , zählte ich in Gedanken, wenn ich es aus der Färberei schaffe, bin ich beim Durchgang zu den Lagern und kann mich verstecken .
    Doch als ich keuchend um die Ecke bog, merkte ich, dass das Labyrinth auf dem Stadtplan sich von der Wirklichkeit unterschied. Kein Durchgang zur nächsten Gasse! Der Weg endete in einem kleinen Hof. Und aus einer Seitentür traten gerade zwei Männer mit Taschenlampen. Ich bremste schlitternd ab und presste mich an die Wand. Noch hatten sie mich nicht entdeckt. Hastig zog ich mich zurück – doch dann hörte ich hinter mir Schritte. Schwere plumpe Schritte von einer ganzen Gruppe von Verfolgern. Vor Enttäuschung hätte ich am liebsten geheult, aber der Teil von mir, der immer noch nicht aufgeben wollte, suchte nach einem Ausweg. Nach oben? Klettern? Über das Dach?
    Etwas landete neben mir, lautlos und katzenhaft geschmeidig. Ein Arm umschlang meine Taille, eine Hand presste sich so grob auf meinen Mund, dass meine Lippen schmerzhaft fest gegen meine Zähne gedrückt wurden. Mit einem Ruck wurde ich hochgehoben und nach hinten gerissen. Stein streifte meine Schulter, dann fielen wir beide zu Boden, Körper an Körper. Staub kratzte in meinen Augen. Als ich wieder blinzeln konnte, erkannte ich, dass wir in einer Nische lagen, die ich vorhin im Schatten nicht gesehen hatte.
    »Habt ihr sie gefunden?«, rief jemand.
    »Noch nicht, aber sie muss hier langgelaufen sein.«
    Fackelschein tastete sich wie ein schnüffelnder Hund um die Ecke, leckte über den Ellenbogen des Kerls, der mich gefangen hielt. Seine Hand drückte auch gegen meine Nase, ich bekam nur wenig Luft. Ich schielte zu dem Arm. Neben dem blutigen Abdruck meiner Zähne prangten Kratzer wie von Tierkrallen auf seinem Handgelenk. Der Verrückte aus dem Konferenzsaal!
    »Holt die Hunde«, befahl jemand draußen. »Vielleicht hat sie sich hinter dem Zollhaus verkrochen.«
    Das Licht wanderte weiter. Sandalen knirschten an der Nische vorbei.
    »Ein Mucks und ich liefere dich den Kerlen aus. Verstanden?« Die Hand löste sich. Ich rang noch nach Luft, da war er schon aufgesprungen, packte mein Handgelenk und zog mich grob auf die Beine. Er war stark, viel stärker als ich, und bei seiner Berührung bekam ich eine Gänsehaut – eine von der Art, die man verspürt, wenn man sich einbildet, im Dunkeln Schritte zu hören.
    Er zog mich mit sich, geduckt huschten wir um die Ecke, in Sichtweite der Gruppe, die nun am Ende der Gasse stand. Ich konnte nicht nachdenken, viel zu sehr war ich damit beschäftigt, nicht umzuknicken. An einer Treppe stolperte ich und er riss mich rücksichtslos wieder hoch. »Spring!«, befahl er an einer Mauer und versetzte mir einen Stoß. Es war nicht tief. Doch als ich hinter der kleinen Mauer aufkam und der Schmerz wieder durch meinen Knöchel schoss, war plötzlich Hundegebell ganz nah. Der Verrückte landete neben mir, packte mich am Arm und stieß mich zu einer niedrigen Tür. »Da rein. Und rühr dich nicht!«
    Die Tür klappte zu, ein Schlüssel drehte sich von außen im Schloss. Dunkelheit schloss mich ein, nur durch einen Spalt in der Tür fiel Streiflicht. Er hat mich eingesperrt! Und woher hat er den Schlüssel? Ich war ihm wie ein Tier in die Falle gegangen. Warum hatte ich nicht versucht, ihm gleich zu entwischen? Sehr klug, Canda , höhnte die Stimme, die mich neuerdings immer begleitete. Dann hätten dich die anderen schon längst.
    »He! Stehen bleiben!« Das Hundegebell wurde lauter.
    Ich drückte meine Wange an die Tür und spähte durch

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