Der dunkle Schirm
denken Sie jetzt eigentlich von mir, nun, da Sie wissen, dass ich einer von denen bin – ausgebrannt, vorübergehend jedenfalls, vielleicht auch auf Dauer.«
»Ich denke, dass Sie ein sehr guter Mensch sind.«
»Danke.«
»Nehmen Sie Ihren Revolver mit.«
»Wie bitte?«
»Wenn Sie in die San-Bernadino-Berge fahren. Packen Sie Ihren Revolver ein.«
»Sie meinen, für den Fall, dass ich nicht mehr von dem Zeug loskomme?«
»Nicht nur für diesen Fall. Bei der Dosis, die Sie laut Befund regelmäßig einnehmen, sind die Entzugserscheinungen… Nun, Sie sollten ihn bei sich haben.«
»Okay.«
»Und wenn Sie zurückkommen, melden Sie sich bei mir.«
»Aber ich werde meinen Anzug nicht anhaben.«
»Rufen Sie mich trotzdem an. Mit oder ohne Anzug.«
»Okay.« Offenbar machte also selbst das nichts mehr aus. Offenbar war das ein für alle Mal vorüber.
»Wenn Sie Ihre nächste Gehaltszahlung abholen, wird unter dem Strich ein anderer Betrag stehen. Der Unterschied wird beträchtlich sein, allerdings nur dieses eine Mal.«
»Bekomme ich einen Bonus dafür – für das, was mir passiert ist?«
»Nein. Lesen Sie die Vorschriften. Ein Beamter, der willentlich süchtig wird und das nicht unverzüglich meldet, macht sich eines Dienstvergehens schuldig und muss mit einer Geldbuße von dreitausend Dollar und/oder sechs Monaten Haft rechnen. Sie werden wohl mit einer Geldbuße davonkommen.«
»Willentlich?«
»Es hat Ihnen ja niemand eine Pistole an den Kopf gehalten und Sie mit dem Zeug voll gepumpt. Und niemand hat Ihnen etwas in den Kaffee getan. Sie haben wissentlich und willentlich eine süchtig machende Droge eingenommen, eine Droge, die zu Gehirnschäden und Desorientierung führt.«
»Aber ich musste doch!«
»Sie hätten es auch vortäuschen können. Die meisten Beamten kommen damit klar. Und wenn man die Menge in Betracht zieht, die Sie laut diesem Bericht schlucken…«
»Sie behandeln mich wie einen Gauner. Ich bin kein Gauner.«
Hank griff nach Notizblock und Stift. »Wie hoch sind Sie jetzt eigentlich, gehaltsmäßig, meine ich? Wir können das Ganze ja mal durchrechnen, wenn…«
»Kann ich die Geldbuße nicht später bezahlen? Vielleicht in monatlichen Raten, verteilt über zwei Jahre?«
»Kommen Sie, Fred.«
»Na schön.«
»Wie viel kriegen Sie pro Stunde?«
Er konnte sich nicht daran erinnern.
»Wissen Sie wenigstens, wie viele Stunden Sie arbeiten?«
Auch daran nicht.
Hank warf den Notizblock wieder auf den Tisch. »Möchten Sie eine Zigarette?« Er bot Fred seine Schachtel an.
»Auch das werde ich mir abgewöhnen«, murmelte Fred. »Alles. Inklusive Erdnüsse und…« Er konnte nicht mehr denken. Sie saßen beide einfach nur da, schweigend, in ihren Jedermann-Anzügen.
»Wie ich meinen Kindern immer sage…«, sagte Hank dann.
»Ich habe zwei Kinder«, unterbrach ihn Fred. »ZweiMädchen.«
»Ich glaube nicht – von Rechts wegen dürften Sie keine haben.«
»Ja, vielleicht nicht.« Fred hatte den Versuch unternommen, darüber nachzudenken, wann wohl die Entzugssymptome einsetzen würden, und jetzt unternahm er den Versuch, darüber nachzudenken, wie viele Tabletten Substanz T er an allen möglichen Stellen versteckt hatte. Und ob das Geld, das er in Zukunft bekam, wohl reichen würde, genügend Nachschub ranzuschaffen.
»Soll ich denn nun für Sie ausrechnen, wie hoch Ihr Ruhestandsgehalt sein wird?«
»Okay.« Fred nickte. »Tun Sie das.« Er saß da, wartete angespannt, trommelte auf den Tisch. Wie Barris.
»Wie viel kriegen Sie also pro Stunde?«, wiederholte Hank und griff dann resigniert zum Telefon. »Ich werde mal die Buchhaltung anrufen.«
Fred sagte nichts, sondern starrte nur auf den Boden, wartete. Er dachte: Vielleicht kann Donna mir helfen. Donna – bitte hilf mir jetzt!
»Ich glaube nicht, dass Sie es bis in die Berge schaffen werden«, sagte Hank dann. »Selbst wenn Sie jemand hinfährt.«
»Nein.«
»Wohin wollen Sie dann?«
»Lassen Sie mich einfach noch ein bisschen hier sitzen und nachdenken.«
»Staatliche Nervenklinik?«
»Nein.« Fred fragte sich, was von Rechts wegen bedeuten mochte.
»Wollen Sie vielleicht rüber zu Donna Hawthorne? Aufgrund der ganzen Informationen, die ich von Ihnen und anderen Agenten erhalten habe, weiß ich, dass Sie sich nahe stehen.«
»Ja.« Fred nickte. »Das tun wir.« Dann blickte er auf und sagte: »Wie haben Sie das herausgefunden?«
»Durch einen Eliminationsprozess. Ich weiß, wer Sie nicht sind, und die Zahl
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