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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Streitereien«, sagte der Mann. »Und wie sie dauernd Sachen kaputtmachen… und dann der ganze Lärm.« Er starrte Arctor mit einem müden, flehenden Blick an, fast so, als erwarte er Hilfe von ihm oder zumindest ein bisschen Verständnis. »Es hört nie auf… Und außerdem, was überhaupt das Schlimmste ist… Wissen Sie, jedes Mal…«
    »Ja, erzähl es ihm«, drängte die Frau.
    »Was am schlimmsten ist«, sagte der Mann, sichtlich um Würde bemüht, »ist nämlich: Jedes Mal, wenn wir nach draußen gehen, um einzukaufen oder einen Brief einzuwerfen, dann treten wir in… Sie wissen schon… in das, was Hunde so hinter sich lassen.«
    »Hundedreck«, sagte die Frau voller Entrüstung.
     
    Schließlich tauchte ein Streifenwagen der örtlichen Polizei auf. Arctor gab seine Zeugenaussage zu Protokoll, ohne sich als Polizeibeamter zu erkennen zu geben. Der Bulle nahm seine Aussage auf und versuchte, auch eine von Kimberly zu bekommen, die die Polizei ja schließlich alarmiert hatte – aber was Kimberly sagte, ergab keinen Sinn. Sie lamentierte nur pausenlos über das Paar Stiefel und warum sie sie besorgt hatte und wie viel sie ihr bedeuteten. Der Bulle, der ihr mit seinem Klemmblock und einem darauf befestigten Formular gegenübersaß, blickte zu Arctor auf und betrachtete ihn mit einem kalten Ausdruck, den Arctor zwar nicht deuten konnte, der ihm aber ganz und gar nicht gefiel. Dann riet der Bulle Kimberly, sich ein Telefon anzuschaffen und anzurufen, wenn der Verdächtige zurückkam und wieder Ärger machte.
    »Haben Sie das mit den aufgeschlitzten Reifen notiert?«, erkundigte sich Arctor, als der Bulle gerade gehen wollte. »Haben Sie den Wagen des Mädchens draußen auf dem Parkplatz untersucht und festgehalten, wie viele Reifen beschädigt wurden? Steht in Ihrem Protokoll drin, dass die Schäden mit einem scharfen Gegenstand – einem Messer – verursacht wurden und zwar erst vor kurzer Zeit – da tritt ja jetzt noch Luft aus den Reifen aus?«
    Der Bulle starrte ihn wieder mit dem gleichen Ausdruck wie zuvor an und ging ohne jeglichen weiteren Kommentar.
    »Besser, du bleibst nicht hier«, sagte Arctor dann zu Kimberly. »Er hätte dir diesen Rat geben sollen. Hätte dich fragen sollen, ob es irgendeinen anderen Ort gibt, wo du unterkommen kannst.«
    Kimberly saß auf der schäbigen Couch in ihrem verwüsteten Wohnzimmer. Nun, da sie ihre unzulänglichen Bemühungen, dem ermittelnden Beamten ihre Situation zu erklären, eingestellt hatte, waren ihre Augen wieder so glanzlos wie zuvor. Und sie zuckte wieder mit den Achseln.
    »Ich bring dich überallhin – wo du möchtest«, fuhr Arctor fort. »Hast du irgendeine Freundin, bei der du…«
    »Mensch, verpiss dich doch endlich!«, sagte Kimberly unvermittelt mit einer bösen Stimme, die wie die Dan Manchers klang, nur rauer. »Verpiss dich und zwar auf der Stelle, Bob Arctor – zisch ab, mach 'ne Fliege, verdammt noch mal. Hau endlich ab!«
    Ihre Stimme wurde immer schriller – und brach dann verzweifelt ab.
    Wortlos verließ er das Apartment und stieg langsam die Treppe hinab. Als er die unterste Stufe erreichte, hörte er einen Knall. Etwas rollte hinter ihm die Treppe herunter – es war die Dose mit Drano. Dann hörte er, wie Kimberly die Tür wieder verschloss, einen Riegel nach dem anderen vorschob… Völlig sinnlos, dachte er. Das ist alles völlig sinnlos. Der Ermittlungsbeamte rät ihr, wieder anzurufen, wenn der Verdächtige zurückkommt. Aber wie kann sie das, ohne ihr Apartment zu verlassen? Dan Mancher wird sie aufschlitzen, genau wie die Reifen. Und wenn sie dann tot umfällt… Plötzlich erinnerte er sich an die Klagen der alten Leute, die unter Kimberly wohnten. Ja, wenn sie dann tot umfällt, wird sie bestimmt mitten in einem Haufen Hundescheiße landen. Er verspürte den Drang, hysterisch loszulachen, als er daran dachte, in welcher Rangordnung diese alten Knacker die Probleme in ihrer Umgebung sahen: Da verprügelt eine Etage über ihnen ein ausgeklinkter Freak Nacht für Nacht eine junge Rauschgiftsüchtige, die auf den Strich geht, eine schwere Kehlkopfentzündung hat und dazu vielleicht noch andere, viel schlimmere Krankheiten, da droht dieser Freak dem Mädchen pausenlos damit, dass er sie töten werde, eine Drohung, die er vielleicht schon bald wahrmachen würde – aber am schlimmsten ist…
    Als er mit Luckman und Barris zurück Richtung Norden fuhr, kicherte er laut. »Hundescheiße«, sagte er immer wieder. »Hundescheiße.«

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