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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Verstand ihm sagte, zu bekräftigen. Seine Finger berührten die klebrigen braunen Flecken und zuckten dann instinktiv zurück. Er hatte mit den Fingern in Hundescheiße gegriffen. Auf dem ganzen Motorblock und auf allen Kabeln war ein dicker Überzug von Hundescheiße. Dann sah er, dass die Hundescheiße auch auf dem Luftfilter war, und als er aufblickte, entdeckte er sie ebenso an der Unterseite der Motorhaube. Der Gestank überwältigte ihn. Wieder schloss er die Augen.
    »Hey, Mann«, rief Luckman und packte den schwankenden Arctor an der Schulter, damit er nicht umfiel. »Du hast einen Flashback, nicht wahr?«
    »Freikarten fürs Theater«, stimmte Barris zu und kicherte.
    »Du setzt dich besser mal hin.« Luckman führte Arctor zurück zum Fahrersitz und bugsierte ihn hinein. »Mann, du bist ja echt weggetreten. Bleib nur ganz ruhig da sitzen. Keine Panik. Wir leben doch alle noch – und jetzt sind wir ja gewarnt.« Er schloss die Wagentür. »Alles in Butter, okay?«
    Barris tauchte am Wagenfenster auf und sagte: »Möchtest du ein Stückchen Hundescheiße, Bob? Zum Draufrumkauen?«
    Arctor spürte tief in seinem Innern eine ungeheure Kälte. Er starrte Barris an, doch dessen grün-verglaste Augen waren völlig ausdruckslos. Hat er das wirklich gesagt?, dachte er. Oder hat mein Kopf das nur erfunden? »Was, Jim?«, murmelte er.
    Barris begann zu lachen. Und lachte und lachte und lachte.
    »Lass ihn in Ruhe, Mann.« Luckman versetzte Barris einen Schlag auf den Rücken. »Los, verpiss dich, Barris.«
    »Was hat er gerade gesagt?«, wollte Arctor von Luckman wissen. »Verdammt, was hat er zu mir gesagt?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Luckman. »Ich verstehe eh nicht mal die Hälfte von dem, was Barris so zu den Leuten sagt.«
    Barris lächelte immer noch, hielt jetzt aber den Mund.
    »Du gottverdammtes Arschloch«, sagte Arctor zu ihm. »Ich weiß, dass du’s gewesen bist. Du hast erst mein Cephskop und dann den Wagen kaputtgemacht, du Drecksau. Du hast’s getan, du Bastard.« Er konnte seine eigene Stimme kaum hören, doch als er dem lächelnden Barris diese Worte entgegenbrüllte, wurde der Gestank nach Hundescheiße stärker. Er gab also die Sprechversuche auf, klammerte sich am jetzt nutzlosen Lenkrad seines Wagens fest und konzentrierte sich ganz darauf, nicht völlig umzukippen. Gott sei Dank ist Luckman mitgefahren, dachte er. Ohne ihn wäre ich jetzt weg vom Fenster. Game over. Und das hätte ich diesem übergeschnappten Schleimscheißer zu verdanken, dieser Tunte, die mit mir unter einem Dach wohnt.
    »Keine Panik, Bob«, drang Luckmans Stimme durch die endlosen Wellen von Übelkeit zu ihm durch.
    »Ich weiß genau, dass er’s getan hat«, flüsterte Arctor.
    »Aber warum, zum Teufel?«, schien Luckman zu sagen – oder versuchte das zu sagen. »Er hätte sich doch auf diese Art selbst mit plattgemacht. Warum, Mann? Warum?«
    Der Geruch, der von dem immer noch lächelnden Barris ausströmte, überwältigte Bob Arctor, und er erbrach sich auf das Armaturenbrett seines eigenen Wagens. Tausend dünne Stimmen zwitscherten los und endlich ließ der Gestank nach. Tausend dünne, fremdartige Stimmen, die nach ihm riefen; er verstand nicht, was sie ihm sagen wollten, aber zumindest konnte er wieder etwas sehen und der Gestank, dieser entsetzliche Gestank, war nun ganz verschwunden. Zitternd griff Arctor nach dem Taschentuch in seiner Hosentasche.
    »Was war in den Tabletten, die du uns gegeben hast?«, fragte Luckman den lächelnden Barris.
    »Mann, ich hab doch selber ein paar eingepfiffen«, erwiderte Barris, »und du auch. Und wir hatten keinen schlechten Trip. Also lag’s nicht am Dope. Außerdem ist es viel zu schnell losgegangen. Wie hätte es denn am Dope liegen können? Der Magen kann das doch in der kurzen Zeit gar nicht absorbieren und…«
    »Du hast mich vergiftet«, unterbrach ihn Arctor. Sein Blick war jetzt wieder klar – und auch sein Geist klärte sich langsam wieder. Nur die Angst, die sich, da der Anfall von Wahnsinn vorüber war, als Reaktion auf die Ereignisse der letzten Minuten eingestellt hatte – diese Angst wollte nicht weichen. Arctor hatte Angst, wenn er daran dachte, was fast passiert wäre, Angst, schreckliche Angst vor dem lächelnden Barris und seiner beschissenen Schnupftabakdose und vor dem Irrsinn, der aus seinen Erklärungen und seinem Verhalten und seinen Gewohnheiten und seinen Ritualen und seinem Kommen und Gehen sprach. Und dann waren da noch der anonyme

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