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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Wie viel Humor doch in so einem Haufen Hundescheiße steckt, dachte er. Oh, wie lustig ist doch Hundescheiße!
    »Du solltest lieber die Spur wechseln und den Truck da überholen«, meldete sich Luckman. »Der Lahmarsch kommt ja kaum von der Stelle.«
    Arctor zog nach links und beschleunigte. Und dann, als er den Fuß wieder vom Gas nahm, sackte das Pedal plötzlich bis auf die Bodenmatte. Der Motor heulte auf und der Wagen schoss mit gewaltiger Geschwindigkeit vorwärts.
    »Langsamer!«, riefen Luckman und Barris unisono.
    Inzwischen hatte der Wagen fast hundert Meilen erreicht – und vor ihnen tauchte verschwommen ein Lieferwagen auf. Das Gaspedal war tot, es kam nicht wieder hoch, blieb einfach unten. Sowohl Luckman, der neben Arctor saß, als auch Barris hinten auf dem Rücksitz rissen instinktiv die Arme hoch. Arctor kurbelte wie wild und raste, an dem Lieferwagen vorbei, nach links in eine winzige Lücke hinein, gerade vor eine heranjagende Corvette. Die Corvette hupte und sie hörten Bremsen quietschen. Dann schrien Luckman und Barris irgendwas, Luckman griff zur Fahrerseite hinüber, stellte die Zündung ab, zugleich schaltete Arctor die Automatik auf Leerlauf. Endlich wurde der Wagen langsamer. Arctor bremste, fuhr auf die rechte Spur und dann auf den Randstreifen. Dort rollte der Wagen langsam aus und kam zum Stehen.
    Die Corvette, die schon fast außer Sicht war, hupte immer noch entrüstet. Und dann brauste der riesige Truck an ihnen vorbei und ließ einen taub machenden Augenblick lang ebenfalls die Hupe ertönen.
    »Was zur Hölle war das denn?«, rief Barris danach.
    Seine Hände, seine Stimme, überhaupt alles an ihm zitterte, als Arctor erwiderte: »Die Feder vom Gaszug. Muss sich festgehakt haben oder abgebrochen sein.« Er deutete nach unten. Sie blickten auf das Pedal, das immer noch flach auf dem Boden lag. Der Motor war bis zur größtmöglichen Umdrehungszahl hochgeschossen, was bei diesem Wagen wirklich beachtlich war. Arctor konnte nicht sagen, wie schnell sie zum Schluss gewesen waren; der Tacho hatte die Geschwindigkeit gar nicht mehr anzeigen können. Bestimmt weit mehr als hundert, dachte er. Und begriff plötzlich, dass der Wagen auch nicht langsamer geworden war, als er reflexartig auf die Bremse gestiegen war.
    Schweigend stiegen sie alle drei aus und öffneten die Motorhaube. Weißer Rauch kam aus dem mit einem dünnen Ölfilm bedeckten Motor und aus dem Kühlsystem sprühte kochend heißes Wasser.
    Luckman beugte sich über den Motor und zeigte auf etwas. »Die Feder ist nicht kaputt, sondern die Verbindung vom Pedal zum Vergaser. Seht ihr? Sie ist auseinander gefallen.« Der lange Verbindungsstab lag nutzlos da, obwohl die Kopplungsringe noch an der richtigen Stelle waren. »Darum ist das Gaspedal nicht wieder zurückgeschnellt, als du den Fuß weggenommen hast. Aber…« Er sah sich den Vergaser eine Zeit lang an und runzelte dann die Stirn.
    »Da gibt es doch eine mechanische Sicherung am Vergaser«, sagte Barris und grinste, zeigte seine Zähne, die aussahen, als seien sie künstlich. »So ein System, das einspringt, wenn das Verbindungsgestänge auseinander geht…«
    »Aber warum ist es denn überhaupt auseinander gegangen?«, unterbrach ihn Arctor. »Sollte dieser Ring hier nicht die Schraubenmutter an Ort und Stelle halten?« Er strich an dem Gestänge entlang. »Wie konnte es denn einfach so abfallen?«
    Als hätte er Arctors Einwand gar nicht gehört, fuhr Barris fort: »Wenn – aus welchem Grund auch immer – diese Verbindung hier nachgibt, dann müsste der Motor eigentlich von selbst auf Leerlauf umstellen. Zur Sicherheit. Aber stattdessen hat sich die Drehzahl immer mehr erhöht.« Er wandte sich wie eine Schlange, um einen besseren Blick auf den Vergaser zu haben. »Diese Schraube hier hat sich vollständig herausgedreht. Ich meine die Schraube, die im Notfall bewirkt, dass der Motor auf Leerlauf schaltet. Als das Gestänge auseinander fiel, hat der Abschalter deshalb das genaue Gegenteil bewirkt – die Umdrehungszahl ist nicht gesunken, sondern angestiegen.«
    »Wie kann das passieren?«, fragte Luckman laut. »Kann es sein, dass sich eine solche Schraube von selbst herausdreht, so weit wie hier? Rein zufällig?«
    Ohne ihn einer Antwort zu würdigen, zog Barris sein Taschenmesser hervor, klappte die kleine Klinge heraus und begann, die Leerlaufregler-Schraube wieder festzuziehen. Er zählte laut mit: Zwanzig Umdrehungen – dann erst saß die Schraube wieder fest.

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