Der dunkle Schirm
Ein roter Ford Torino, ein 79er?«
Arctor, der immer noch am Fenster stand, sah, wie ein zerknautschter roter Torino, aus dessen Doppelrohr-Auspuff dunkler Rauch quoll, auf dem mit Abfall übersäten Parkplatz hielt und sich langsam die Fahrertür öffnete. »Ja«, sagte er.
Kimberly sprang auf und verschloss die Tür – zwei Extraschlösser. »Vielleicht hat er jetzt das Messer.«
»Hast du ein Telefon?«
»Nein.«
»Du solltest dir unbedingt eins anschaffen.«
Das Mädchen zuckte nur mit den Achseln.
»Er wird dich kaltmachen.«
»Nicht jetzt. Du bist ja hier.«
»Aber später, wenn ich wieder weg bin.«
Kimberly setzte sich wieder und zuckte erneut mit den Achseln.
Nur wenige Augenblicke später konnten sie draußen auf der Treppe Schritte hören und ein wildes Hämmern an der Tür. Dann die Stimme Dans, der brüllte, Kimberly solle die Tür öffnen. Sie schrie zurück, dass jemand bei ihr sei. »Okay!« Dans Stimme schnappte über. »Dann schlitze ich dir eben deine Reifen auf!« Er lief wieder nach unten und Arctor und das Mädchen beobachteten durch das zerbrochene Fenster, wie Dan Mancher, ein magerer, kurzhaariger, tuntig wirkender Typ, mit einem Messer herumfuchtelte und sich Kimberlys Wagen näherte. Er schrie immer noch Drohungen zu ihr hoch; seine Worte waren wohl in der ganzen Nachbarschaft zu verstehen. »Ich schlitz jetzt deine Reifen auf, deine Scheißreifen! Und dann mache ich dich alle, du verfluchte Hure!« Er bückte sich und zerstach erst einen Reifen des alten Dodge, dann einen zweiten.
Kimberly rannte plötzlich zur Tür und begann wie wahnsinnig die diversen Schlösser aufzuschließen. »Ich muss ihn aufhalten! Der macht mir alle Reifen kaputt! Ich bin doch nicht versichert!«
Arctor riss sie zurück. »Mein Wagen steht auch da unten.« Natürlich hatte er seinen Revolver nicht bei sich – und Dan hatte das Schnappmesser und war offensichtlich völlig außer Kontrolle. »Reifen sind nicht…«
»Meine Reifen!« Kreischend versuchte das Mädchen, die Tür aufzukriegen.
»Aber verstehst du denn nicht: Er hofft, dass du genau das tust.«
»Eine Etage tiefer«, keuchte sie. »Wir können die Polizei rufen – die haben ein Telefon. Lass mich los!« Mit einer schier übermenschlichen Kraftanstrengung stieß sie ihn weg und brachte es irgendwie fertig, die Tür zu öffnen. »Ich werde die Polizei rufen. Meine Reifen! Einer davon ist noch ganz neu!«
»Ich komm mit dir.« Er wollte sie an der Schulter packen, doch sie stolperte vor ihm die Stufen hinunter und er schaffte es kaum, mit ihr Schritt zu halten. Schon hatte sie das untere Apartment erreicht und hämmerte gegen die Tür. »Bitte, öffnen Sie!«, rief sie. »Bitte, ich muss die Polizei rufen! Bitte lassen Sie mich doch die Polizei rufen!«
Arctor holte sie ein, schob sich neben sie und klopfte ebenfalls an. »Wir müssen unbedingt Ihr Telefon benutzen«, rief er. »Es ist wirklich dringend. Ein Notfall.«
Ein älterer Mann, der eine graue Wolljacke, eine zerknitterte, konservativ geschnittene Hose und eine Krawatte trug, öffnete die Tür.
»Vielen Dank«, sagte Arctor.
Kimberly drängte sich in die Wohnung, rannte zum Telefon und wählte die Nummer der Vermittlung. Arctor stand da, zur Tür gewandt, und rechnete jeden Moment damit, dass Dan auftauchen würde. Alles war still, bis auf Kimberlys Plappern. Sie schien der Vermittlung eine völlig wirre Geschichte zu erzählen, irgendetwas mit einem Streit wegen eines Paares Stiefel, das sieben Dollar gekostet hatte. »Er meinte, sie würden ihm gehören, weil ich sie ihm zu Weihnachten gekauft hatte, aber sie gehörten mir, weil ich sie doch bezahlt habe, und da wollte er sie mir wegnehmen und dann habe ich die Schäfte mit einem Dosenöffner zerfetzt und dann hat er…« Sie verstummte. Dann nickte sie. »Okay, danke. Ja, ich bleibe dran.«
Der ältere Mann starrte Arctor an – und Arctor starrte zurück. Vom Nebenzimmer aus verfolgte eine ältere Dame in einem bedruckten Kleid stumm die ganze Szene, das Gesicht steif vor Angst.
»Muss schlimm für Sie sein«, sagte Arctor zu den beiden.
»So geht’s die ganze Zeit«, erwiderte der Mann. »Wir hören sie die ganze Nacht über, jede Nacht, wie sie sich streiten. Und er sagt dauernd, dass er sie töten will.«
»Wir hätten doch nach Denver zurückgehen sollen«, fügte die Frau hinzu. »Ich hab’s dir immer wieder gesagt. Wir hätten wirklich wieder nach Denver ziehen sollen.«
»Diese schrecklichen
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