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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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umgesprungen war… Er hatte ihn raffiniert zu noch größerer Feindseligkeit angestachelt – wer weiß, was der Schlosser jetzt alles unternehmen würde. Und was noch schlimmer war - Barris’ Beschreibung seiner ›Grippe‹ war nichts anderes als eine Beschreibung jener Symptome, die auftraten, wenn ein Heroinsüchtiger sich zu lange keinen Schuss mehr gesetzt hatte, und jeder, der nicht ganz blöd war, musste das erkennen. Und Barris hatte das Telefonat mit einem weiteren ganz offenen Hinweis darauf beendet, dass er harte Drogen nahm und es ihm völlig egal war, wie andere darüber dachten. Und das alles in der Rolle Bob Arctors.
    An diesem Punkt wusste der Schlosser also, dass er einen Junkie-Schuldner hatte, der ihm einen faulen Scheck ausgeschrieben hatte und sich einen Scheiß darum kümmerte und nicht die Absicht hatte, seine Schulden zu begleichen. Und der Junkie verhielt sich so, weil der Drogenkonsum ihn offenbar hatte ausklinken und durchdrehen lassen. Und das war eine Beleidigung für Amerika. Ein Mund voll Spucke in das Gesicht von Gottes eigenem Land.
    Tatsächlich hatte Barris mit seiner letzten Bemerkung fast wörtlich Tim Learys berühmt-berüchtigte Herausforderung an das Establishment und alle Spießer zitiert. Und Orange County war voll von rechtschaffenen Bürgern mit Gewehren und Revolvern, die nur darauf warteten, dass mal einer dieser bärtigen Doper das Maul zu weit aufriss.
    Barris hatte Arctor eine Zielscheibe umgehängt und zum Abschuss freigegeben. Wenn er Glück hatte, bekam er wegen des ungedeckten Schecks Ärger mit den Behörden. Wenn er aber Pech hatte – nun, dann erwartete ihn vielleicht eine Kugel. Und Arctor ahnte nicht einmal, was sich da über seinem Haupt zusammenbraute.
    Warum?, fragte sich Fred. Auf seinem Notizblock hielt er die Kennziffer dieser Bandsequenz fest; außerdem notierte er auch die Nummer des Tonbandes, auf dem das Gespräch aufgezeichnet worden war. Was wollte Barris Arctor damit bloß heimzahlen? Was hatte Arctor ihm getan? Arctor muss ihn ziemlich übel gelinkt haben, dachte er, wenn Barris so etwas tut. Das ist reine Bosheit. Mies und gemein.
    Dieser Barris ist ein verdammtes Arschloch. Durch sein Verhalten wird er noch den Tod eines Menschen verursachen.
    Einer der Jedermann-Anzüge, die bei Fred im Kontrollzentrum waren, riss ihn aus seinen Gedanken. »Kennst du diese Typen eigentlich persönlich?« Der Anzug deutete auf die leeren Holo-Schirme. »Bist du in deiner Tarnidentität einer von denen?«
    »Ja«, erwiderte Fred.
    »Es wäre keine schlechte Idee, sie irgendwie davor zu warnen, dass er sie mit den giftigen Pilzen, mit denen er hausieren geht, ganz schön in Gefahr bringt, dieser Clown mit der grünen Sonnenbrille. Kannst du ihnen das unterjubeln, ohne dass deine Tarnung dabei draufgeht?«
    Der andere Jedermann-Anzug rief von seinem Drehstuhl aus: »Wenn einer von ihnen auf einmal unter heftiger Übelkeit leidet – das ist häufig ein Anzeichen für Pilzvergiftung.«
    »So wie bei Strychnin?«, fragte Fred. Es durchfuhr ihn eiskalt, als er vor seinem inneren Auge noch einmal den Kimberly-Hawkins-Tag abspulte, den Hundescheiße-Tag, und sich an die schlagartig einsetzende Übelkeit erinnerte, an seinen Zusammenbruch im Wagen…
    Seinen.
    »Ich erzähl’s Arctor«, sagte er. »Ich kann’s ihm bestimmt verklickern, ohne dass er Verdacht schöpft.«
    »Der hässliche Typ«, fragte einer der Jedermann-Anzüge. »Das war doch Arctor, dieses abgehalfterte Individuum, das mit hängenden Schultern zur Tür reinkam?«
    »Oh«, erwiderte Fred und drehte sich wieder den Schirmen zu. Verdammt, dachte er, der Tag, an dem uns Barris am Straßenrand die Tabletten gegeben hat… Sein Geist versank in einem Mahlstrom, wirbelte durch zwei Trips zur gleichen Zeit und zerbrach dann in zwei Hälften. Das Nächste, an das er sich erinnern konnte, war, dass er im Waschraum des Kontrollzentrums stand, in der Hand eine Blechtasse voll Wasser, und sich den Mund ausspülte. Er war allein und an einem Ort, wo er nachdenken konnte. Wenn man es genau betrachtet, bin ich Arctor, überlegte er. Ich bin der Mann auf den Schirmen, der Verdächtige, den Barris durch sein Telefongespräch mit dem Schlosser in Teufels Küche gebracht hat, und trotzdem habe ich mich gefragt, was Arctor wohl angestellt haben mag, dass Barris ihn unbedingt fertig machen will. Mein Gehirn ist völliger Matsch. Das hier ist nicht wirklich – kann nicht wirklich sein. Das, was ich beobachte, bin ich

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