Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
nichts davon, schlief ruhig weiter. Immer noch starrte er sie an – und dann, ganz allmählich, sah er wieder Connie, sah ihr scharf geschnittenes, kantiges Gesicht mit den eingefallenen Wangen, das hagere, düstere Gesicht eines völlig ausgemergelten Junkies, Connie, nicht Donna, die eine, nicht die andere.
    Niedergeschlagen ließ er sich wieder zurücksinken, dämmerte erneut weg und fragte sich, was das alles wohl bedeuten mochte, wieder und wieder, bis sich seine Gedanken in der Dunkelheit verloren.
    »Ich hab mir nie was draus gemacht, dass er gestunken hat«, murmelte das Mädchen neben ihm irgendwann später im Schlaf. »Ich hab ihn trotzdem geliebt.«
    Er fragte sich, wen sie wohl damit meinte: Ihren Freund? Ihren Vater? Eine Katze? Ein geliebtes Spielzeugtier aus ihrer Kindheit? Vielleicht sie alle, dachte er. Aber die Worte hatten ›Ich habe ihn geliebt‹ gelautet, nicht ›Ich liebe dich‹. Offenbar gab es diesen Er – wer oder was auch immer er gewesen sein mochte – jetzt nicht mehr. Vielleicht haben sie – wer immer sie sein mochten – Connie dazu gezwungen, ihn rauszuwerfen, weil er so stank.
    Durchaus möglich. Er fragte sich, wie alt sie damals gewesen war, dieses verbrauchte Junkie-Mädchen, das da neben ihm schlief und im Traum ihren Erinnerungen nachhing.

 
Zehn
     
    In seinem Jedermann-Anzug saß Fred vor einer Batterie von Holo-Schirmen und beobachtete, wie Jim Barris in Bob Arctors Wohnzimmer ein Buch über Pilze las. Warum Pilze?, fragte er sich und spulte die Bänder eine Stunde weiter. Barris saß auch jetzt noch da, las mit großer Konzentration und machte sich Notizen.
    Schließlich legte er das Buch weg und ging aus dem Haus, wobei er den Erfassungsbereich der Kameras verließ. Als er zurückkam, hatte er eine kleine Papiertüte dabei, die er auf den Kaffeetisch stellte und öffnete. Er entnahm ihr einige getrocknete Pilze und verglich einen nach dem anderen mit den Farbfotos in dem Buch. Mit einer für ihn sehr ungewöhnlichen, ja übertrieben anmutenden Akribie überprüfte er jeden einzelnen davon. Dann legte er einen ziemlich erbärmlich aussehenden Pilz beiseite und gab die anderen wieder in die Tüte. Aus der Hosentasche holte er eine Hand voll leerer Kapseln und begann, den aussortierten Pilz sorgfältig zu zerbröseln und die Brösel in die Kapseln zu füllen, die er dann verschloss.
    Nachdem er damit fertig war, klemmte er sich ans Telefon. Der Apparat war angezapft, also wurde die Nummer, die er wählte, automatisch registriert.
    »Hallo, hier ist Jim.«
    »Was gibt’s?«
    »Ich hab was.«
    »Echt?«
    »Psilocybe mexicana.«
    »Was ’n das?«
    »Ein seltener halluzinogener Pilz, der seit tausenden von Jahren von südamerikanischen Geheimkulten verwendet wird. Du fliegst, du wirst unsichtbar, verstehst die Sprache der Tiere…«
    »Nein, danke.« Klick.
    Erneutes Wählen. »Hallo, hier ist Jim.«
    »Jim? Jim wer?«
    »Der mit dem Bart, grüne Sonnenbrille, Lederhose. Wir haben uns mal auf nem Happening bei Wanda…«
    »O yeah. Jim. Yeah.«
    »Wärst du interessiert, organische Psychedelics zu kaufen?«
    »Hm, ich weiß nicht so recht…« Unsicherheit. »Sag mal, ist da wirklich Jim? Du klingst gar nicht wie Jim.«
    »Ich hab da was Unglaubliches, einen seltenen organischen Pilz aus Südamerika, den indianische Geheimkulte seit tausenden von Jahren benutzen. Du fliegst, wirst unsichtbar, dein Wagen verschwindet, du bist in der Lage, die Sprache der Tiere zu verstehen…«
    »Mein Wagen verschwindet sowieso dauernd. Immer dann, wenn ich ihn im Parkverbot abstelle und die Bullen ihn abschleppen lassen. Haha.«
    »Ich kann dir sechs Kapseln mit diesem Psilocybe geben.«
    »Wie teuer?«
    »Fünf Dollar pro Kapsel.«
    »Ohne Scheiß? Hey, wollen wir uns nicht gleich nachher irgendwo treffen?« Dann Argwohn. »Hör mal, ich glaube, jetzt erinnere ich mich wieder an dich – du hast mich doch mal gelinkt. Und woher hast du diese Pilz-Hits überhaupt? Woher weiß ich, dass das kein müdes Acid ist?«
    »Sie wurden im Innern eines tönernen Götzenbildes in die USA gebracht. Eine streng bewachte Lieferung für ein Museum. Das Götzenbild mit den Pilzen war besonders gekennzeichnet. Die Zolltypen haben nicht den geringsten Verdacht geschöpft. Hör zu, wenn du davon nicht abhebst, dann kriegst du dein Geld wieder.«
    »Da hab ich ja nichts von, wenn die Dinger mein Gehirn auffressen und ich mich von Baum zu Baum schwinge.«
    »Ich hab selbst vor zwei Tagen einen eingepfiffen.

Weitere Kostenlose Bücher