Der dunkle Schirm
du nicht zusehen, wie dein Objekt Geschlechtsverkehr hatte«, sagte einer der Jedermann-Anzüge, warf über Freds Schulter einen kurzen Blick auf die Schirme und ging dann weiter.
»Immerhin ein Trost«, erwiderte Fred und betrachtete stoisch die beiden schlafenden Gestalten auf dem Bett – in Gedanken allerdings war er bei dem Schlosser und dem, was er dort tun musste. »Ich habe es schon immer gehasst, bei…«
»Ja, eine schöne Sache, wenn man es selber macht«, pflichtete ihm der Jedermann-Anzug bei, »aber längst nicht so schön anzuschauen.«
Arctor schläft also, dachte Fred. Und die Nutte auch. Dann kann ich ja bald Schluss machen – bestimmt werden sie nach dem Wachwerden noch mal bumsen, aber mehr wird sich da wohl nicht tun.
Doch er konnte seinen Blick nicht abwenden. Der schlafende Bob Arctor – immer nur dieses eine Bild, stundenlang. Und plötzlich bemerkte er etwas, was er vorher nicht wahrgenommen hatte. Die sieht aber verdammt nach Donna Hawthorne aus! Dort im Bett. Die Braut neben Arctor.
Aber das kann doch nicht sein, dachte er, ließ das Band zurücklaufen und fuhr es wieder ab. Bob Arctor und eine Braut – aber nicht Donna! Es war die Junkiegöre Connie! Er hatte Recht gehabt. Die beiden lagen Seite an Seite und schliefen.
Dann jedoch, während Fred zusah, schmolzen und verblassten Connies harte, kantige Gesichtszüge, wurden ganz weiß und verwandelten sich in Donna Hawthornes Gesicht.
Er stoppte das Band. Saß verwirrt da. Ich kapier’s nicht, dachte er. Das ist ja wie eine – wie nennen die das doch gleich? Wie eine gottverdammte Überblendung! So ein Film-Ding. Scheiße, was soll das bedeuten? Hat jemand das Material bearbeitet, um es im Fernsehen zu zeigen? Ein Regisseur, der spezielle visuelle Effekte verwendet?
Wieder spulte er das Band zurück und hielt es genau in dem Augenblick an, als die ersten Veränderungen in Connies Gesichtszügen eintraten. Das Hologramm gefror zu einem Standbild.
Er zoomte heran, auf eine einzige Szene: Bob Arctor, reglos in seinem Bett, das Mädchen reglos neben ihm. Dann ging Fred in das Hologramm hinein, in die dreidimensionale Projektion, und stellte sich dicht neben das Bett, um das Gesicht des Mädchens genauer zu mustern.
Irgendwo dazwischen, entschied er, noch halb Connie, aber auch schon halb Donna. Am besten übergebe ich das hier dem Labor – da hat ein Experte dran gedreht. Man hat mir manipulierte Bänder untergeschoben. Aber wer? Er trat aus dem Hologramm, fuhr den Zoom wieder zurück, saß erneut da, fieberhaft nachdenkend.
Jemand hat die Bänder frisiert, indem er Connies Bild mit dem von Donna überlagert hat. Sorgfältig gefälschte Beweise dafür, dass Arctor die kleine Hawthorne bumste. Bei Tonbändern oder auch bei Videos war das ja nie ein Problem gewesen, nun aber hielt er den Beweis in der Hand, dass so etwas auch bei Holos möglich war. Sicherlich eine komplizierte Sache, aber…
Wenn unsere Kameras nur in Intervallen arbeiten würden, dachte er, hätten wir jetzt eine Sequenz, die zeigt, wie Arctor mit einem Mädchen im Bett liegt, das er nie ins Bett gekriegt hat und auch nie ins Bett kriegen wird. Aber auf dem Band ist genau das zu sehen!
Oder handelte es sich vielleicht nur um einen elektronischen Bildfehler? Eine Art Durchmagnetisierung von einem Abschnitt des Bandes auf einen anderen. Wenn die Bildimpulse bei der Aufnahme zu stark waren und zwei Bandsektionen zu lange in Berührung miteinander kamen, dann konnten die Impulse sozusagen abfärben. Genau, schoss es ihm durch den Kopf, Donnas Bild stammt aus einer vorangegangenen oder einer nachfolgenden Szene, vielleicht aus der im Wohnzimmer.
Wenn ich bloß mehr über die technische Seite des Überwachungsvorganges wüsste! Ich besorge mir lieber Informationen darüber, bevor ich die Sache an die große Glocke hänge. Solche Effekte gibt es ja auch bei den Radiostationen, ein Sender überlagert einen…
Überlagerungseffekte, entschied er. Zufällige Überlagerungseffekte.
Wie Geisterbilder auf einem Fernsehschirm. Technisch bedingt, eine Fehlfunktion. Störimpulse eines anderen Senders.
Wieder ließ er das Band vorwärts laufen. Der Schirm zeigte nur Connie und würde auch weiterhin nur Connie zeigen. Doch dann… Erneut sah Fred, wie sich Donnas Gesicht in das Bild stahl, und diesmal wachte der Mann neben ihr – Bob Arctor – auf und tastete nach der Lampe auf dem Nachttisch. Die Lampe fiel zu Boden – und Arctor saß da und starrte auf das schlafende
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