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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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bauschen immer alles
    auf. Nach ein paar Jahrhunderten würde die Geschichte ungefähr so gehen: ›Zu Zeiten unserer Altvorderen
    stürmte eines Tages ein dreißig Meter großer Klotz aus ganz hervorragendem Schwarzen Afghanen, der acht
    Trilliarden Dollar wert war und tödliches Feuer versprüh-te, auf uns los und schrie: »Sterbt, Eskimo-Hunde!« und wir kämpften todesmutig mit unseren Speeren gegen ihn und töteten ihn am Ende auch.‹«
    334
    »Die Kinder würden auch die Version nicht glauben.«
    »Kinder glauben einem sowieso überhaupt nichts
    mehr.«
    »Es bringt dich echt runter wenn du dich mit einem
    Kind unterhältst. Mich hat mal ein Kind gefragt: ›Wie war das eigentlich für dich, als du das erste Auto gesehen hast?‹ Scheiße, Mann, ich bin 1962 geboren.«
    »Mein Gott«, sagte Arctor, »genau das hat mich auch mal ein Typ gefragt, den ich kannte. Hatte zuviel Acid geschluckt. Er war siebenundzwanzig Jahre alt, nur drei Jahre jünger als ich. Er bekam überhaupt nichts mehr auf die Reihe. Später pfiff er noch ein paar Hits Acid ein –
    oder was sie ihm als Acid verkauft hatten –, und danach pinkelte er auf den Fußboden und schiß auf den Fußboden, und wenn man etwas zu ihm sagte, wie etwa: ›Wie geht’s dir, Don?‹ dann sprach er einem das nur nach wie ein Papagei. ›Wie geht’s dir, Don?‹«
    Das Gespräch verstummte, und das Schweigen hing
    wie der Qualm des Joints zwischen den beiden Männern in dem dunstigen Wohnzimmer. Ein langes, düsteres
    Schweigen.
    »Bob, weißt du was?« sagte Luckman schließlich.
    »Ich bin immer gerade so alt gewesen wie alle anderen.«
    »Ich glaube, ich auch«, sagte Arctor.
    »Ich weiß nicht, woran das gelegen hat.«
    »Aber natürlich weißt du das, Luckman«, sagte Arc-
    tor. »Nämlich daran, woran es bei uns allen gelegen hat.«
    »Hm. Du, reden wir über was anderes, ja?« Er inha-
    lierte wieder geräuschvoll, und sein langes Gesicht war ein blasser Fleck im trüben Licht des Mittags.
    335

    *

    Eines der Telefone im Kontroll-Zentrum klingelte. Ein Jedermann-Anzug nahm das Gespräch entgegen und
    schob den Apparat dann zu Fred hinüber. »Fred.«
    Er stellte die Holos ab und griff nach dem Hörer.
    »Erinnern Sie sich noch daran, wie Sie letzte Woche unten bei uns waren?« sagte eine Stimme. »Und dem
    OH-Test unterzogen wurden?«
    Nach längerem Schweigen sagte Fred: »Ja.«
    »Sie sollten noch einmal wiederkommen.« Eine Pause
    auch am anderen Ende der Leitung. »Wir haben weiteres Material über Sie gesichtet. Material neueren Datums …
    Ich habe es für nötig erachtet, einen neuen Termin für Sie anzuberaumen, bei dem Sie sämtliche Standard-Perzep-tionstests sowie einige andere Tests absolvieren werden.
    Dieser Termin ist morgen um fünfzehn Uhr, wieder im selben Raum. Alles in allem werden die Tests ungefähr vier Stunden in Anspruch nehmen. Wissen Sie noch die Zimmernummer?«
    »Nein«, sagte Fred.
    »Wie fühlen Sie sich?«
    »Okay«, sagte Fred stoisch.
    »Irgendwelche Probleme? Während oder außerhalb
    des Dienstes?«
    »Ich hab’ Krach mit meinem Mädchen gehabt. «
    »Irgendwelche Bewußtseinsstörungen? Haben Sie
    bisweilen Schwierigkeiten, Personen oder Gegenstände zu identifizieren? Kommt es Ihnen manchmal so vor, als 336
    seien bestimmte Dinge, die Sie sehen, umgekehrt oder verkehrt? Und da ich gerade danach frage … irgendwelche Raum-Zeit- oder Sprachdesorientierungen?«
    »Nein«, sagte er mürrisch. »Nein auf alle Fragen.«
    »Wir erwarten Sie dann also morgen in Zimmer 203«,
    sagte der medizinische Assistent.
    »Welches Material über mich hat Sie eigentlich dazu bewogen –«
    »Darüber reden wir morgen. Kommen Sie einfach hin.
    All right? Und, Fred … Kopf hoch.« Klick.
    Tja, ein herzliches Klick auch Ihnen, dachte er und legte auf.
    Voller Verärgerung darüber, daß sie ihm solche Sche-rereien machten und ihn dazu zwangen, etwas zu tun, wogegen sich alles in ihm auflehnte, schaltete er einmal mehr die Holos an; die Schirme leuchteten in bunten Farben auf, und die dreidimensionalen Szenen darauf erfüllten sich mit Leben. Aus dem Lautsprecher drang noch mehr von dem nutzlosen, für Fred so frustrierenden Geplapper:
    »Diese Puppe«, schwafelte Luckman weiter, »war also schwanger geworden und beantragte eine Abtreibung,
    weil ihre Periode schon viermal ausgeblieben war und ihr Bauch sichtlich dicker wurde. Die ganze Zeit über be-schwerte sie sich ständig über die Kosten für die Abtreibung; aus irgendeinem

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