Der dunkle Schirm
Grund wollte die Wohlfahrt nämlich kein Geld dafür rausrücken. Nun, eines Tages war ich mal bei ihr auf der Bude, und da war so eine Freundin von ihr da und sagte ihr knallhart ins Gesicht, daß sie ja sowieso nur eine hysterische Schwangerschaft – ‘ne
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Scheinschwangerschaft also – hätte. ›Du willst einfach nur glauben, daß du schwanger bist‹ schimpfte die Puppe auf sie ein. ›Ein reiner Schuld-Trip. Und die Abtreibung und das ganze Moos, das du dafür blechen mußt, das ist ein Selbstbestrafungs-Trip.‹ Und daraufhin schaute die Puppe sie ganz ruhig an – ich stand damals echt auf sie, nebenbei bemerkt – und sagte: ›Na gut, wenn es also eine hysterische Schwangerschaft ist, dann werde ich auch eine hysterische Abtreibung haben und dafür mit hysteri-schem Geld bezahlen!‹«
Arctor sagte: »Ich möchte zu gerne wissen, wem ei-
gentlich das Gesicht auf der hysterischen Fünf-Dollar-Note gehört.«
»Tja, wer war unser hysterischster Präsident?«
»Bill Falkes. Er glaubte bloß, er sei Präsident.«
»Und wann, dachte er, sei seine Amtszeit gewesen?«
»Er bildete sich ein, er sei für zwei Amtsperioden im Amt gewesen, so ungefähr um 1882. Später, nachdem er sich einer längeren Therapie unterzogen hatte, kam er immerhin so weit, daß er bloß noch glaubte, es sei nur eine Amtszeit gewesen –«
Wutentbrannt schlug Fred auf die Bedienungselemente der Holos und ließ die Bänder zweieinhalb Stunden vorwärts jagen. Wie lange geht dieser Rotz denn noch weiter? fragte er sich. Den ganzen Tag? Bis in alle Ewigkeit?
»– also bringst du dein Kind zum Doktor – zum Psy-
chologen – und erzählst ihm, daß dein Kind die ganze Zeit über schreit und Wutanfälle hat.« Vor Luckman auf dem Kaffeetisch lagen neben einer Dose Bier zwei Beutel mit Grass; er unterzog gerade das Grass einer genauen 338
Überprüfung. »Und es lügt; das Kind lügt. Erfindet über-triebene Geschichten. Und der Psychologe untersucht das Kind, und seine Diagnose lautet: ›Gnädige Frau, Ihr Kind ist hysterisch. Sie haben ein hysterisches Kind. Aber ich kann Ihnen leider auch nicht sagen, woran das liegt.‹ Und dann merkst du, die Mutter, daß deine große Stunde gekommen ist, und du jubelst ihm die Wahrheit ganz locker unter den Kittel: ›Ich weiß, woran das liegt, Herr Doktor.
Nämlich daran, daß ich eine hysterische Schwangerschaft hatte.‹ Luckman und Arctor lachten beide, und auch Jim Barris fiel in ihr Gelächter ein; er war irgendwann während der letzten zwei Stunden zurückgekommen und saß bei ihnen. Er arbeitete wieder an seiner irren Hasch-Pfeife; er war immer noch nicht fertig, den Pfeifenkopf mit weißem Bindfaden zu umwickeln.
Wieder spulte Fred das Band um eine volle Stunde vor.
»– dieser Typ«, sagte Luckman gerade und strich vorn-
übergebeugt das Grass in einer kleinen Schachtel glatt, während Arctor ihm gegenübersaß und ihm mit halbem
Auge dabei zuschaute, »trat im Fernsehen auf und behauptete von sich, ein weltberühmter Hochstapler zu sein. Im Laufe seiner Karriere, so erzählte er dem Inter-viewer, sei er in einer Vielzahl von Rollen aufgetreten, unter anderem als berühmter Chirurg vom John Hopkins Medical College, als Physiker, der mit einem staatlichen Forschungsstipendium in Harvard an der Theorie hoch-beschleunigter subatomarer Teilchen arbeitete, als ein finnischer Romancier, der den Literaturnobelpreis gewonnen hatte, als abgesetzter argentinischer Staatspräsident, der jetzt verheiratet war mit –«
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»Und mit dem allen ist er durchgekommen?« fragte
Arctor. »Man hat ihn nie erwischt?«
»Der Typ hat sich nie als irgendeiner dieser Leute
ausgegeben. Er hat sich nie als irgendwas ausgegeben, außer als weltberühmter Hochstapler. Das kam später durch einen Artikel in der L. A. Times heraus – die hatten die Geschichte nachgeprüft. Der Typ war ‘n einfacher Besenschwinger in Disneyland, oder jedenfalls war er das so lange gewesen, bis er die Autobiographie eines weltberühmten Hochstaplers in die Finger kriegte –es gab nämlich wirklich mal so einen – und sich sagte:
›Zum Teufel, wenn der sich als diese ganzen exotischen Macker ausgibt und damit durchkommt, dann kann ich das schon lange‹, aber später hat er sich’s wohl anders überlegt und sich gesagt: ›Zum Teufel, was soll das eigentlich; ich werd’ mich einfach als Hochstapler ausgeben!‹ Er hat auf diese Weise ‘ne Menge Moos gemacht, stand in der Times. Fast so viel wie der echte
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