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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Auge betrachten, auswählen.
    Hinschreiben, zeichnen.
    »In dem nun folgenden Test werden Sie, während Ihre Augen wieder abgedeckt sind, hinauslangen und mit je-349
    der Ihrer beiden Hände jeweils ein Objekt fühlen. Sie sollen uns sagen, ob das Objekt, das Ihrer linken Hand präsentiert wird, mit dem identisch ist, das Ihrer rechten präsentiert wird.«
    Er tat das.
    »Hier nun in schneller Folge Bilder von Dreiecken in verschiedenen Positionen. Sie sollen uns sagen, ob es dasselbe Dreieck ist oder –«
    Nach zwei Stunden ließen sie ihn komplizierte Klötze in komplizierte Löcher einpassen und stoppten die Zeit, die er dafür brauchte. Er fühlte sich, als sei er wieder in der ersten Klasse, in der er auch immer alle Tests vermasselt hatte. Ihm kam es vor, als schneide er jetzt noch schlechter ab als damals. Fräulein Frinkel, dachte er; das alte Fräulein Frinkel. Während ich diesen Scheiß machen mußte, stand sie immer nur da, beobachtete mich und schleuderte mir Sterbebefehle entgegen, wie man das in der Transaktions-Analyse nennt. Stirb. Hör auf zu existieren. Hexenmutter-Flüche. Eine ganze Ladung davon, bis ich am Ende wirklich Mist baute. Vielleicht war Fräulein Frinkel jetzt schon längst tot. Vielleicht hatte es jemand geschafft, sich seinerseits mit einem Sterbebefehl zu revanchieren, und es hatte gewirkt. Er hoffte es. Vielleicht hatte sie sogar einer seiner eigenen Sterbebefehle erwischt. Übrigens schleuderte er auch den Testern, die ihm gegenübersaßen, jetzt solche Befehle entgegen.
    Es schien aber nicht viel zu nützen. Der Test ging weiter.
    »Was ist an diesem Bild falsch? Eines der Objekte
    paßt nicht zu den anderen. Sie sollen markieren –«
    Er tat das. Dann folgte ein Test mit realen Objekten, 350
    von denen eines nicht in die Schar der anderen gehörte; man erwartete von ihm, hinzugreifen und das Anstoß
    erregende Objekt zu entfernen. Danach sollte er alle Anstoß erregenden Objekte aus einer Vielzahl von »Sets« –
    wie die Tester das nannten – herausnehmen und sagen, ob all die Anstoß erregenden Objekte ein gemeinsames Merkmal hatten, und wenn ja, welches. Ob auch sie zusammen wieder ein »Set« ergaben.
    Er mühte sich immer noch damit ab, als die Tester ihm mitteilten, die ihm zur Verfügung stehende Zeit sei abgelaufen, die Testreihen für beendet erklärten und ihn auffor-derten, eine Tasse Kaffee trinken zu gehen und anschlie-
    ßend draußen zu warten, bis man ihn wieder hereinriefe.
    Nach einer Zeit – die ihm verdammt lange vorkam –
    erschien einer der Tester und sagte: »Da wäre noch eine Sache, Fred –wir hätten gerne eine Blutprobe von Ihnen.« Er gab ihm einen Zettel: eine Laborüberweisung.
    »Gehen Sie die Halle hinunter zu dem Raum mit der
    Aufschrift ›Pathologisches Labor‹ und geben Sie das hier dort ab. Dann, nach der Blutentnahme, kommen Sie hierher zurück und warten.«
    »In Ordnung«, sagte er düster und schlenderte mit der Überweisung in der Hand davon.
    Spuren im Blut, begriff er. Danach suchen sie.
    Als er vom pathologischen Labor wieder nach Zimmer
    203 zurückkam, machte er sich an einen der Tester heran und sagte: »Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich nach oben gehen würde, um mit meinem Vorgesetzten zu kon-ferieren, während ich auf Ihre Ergebnisse warte? Er hat bald Dienstschluß.«
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    »Keine Einwände«, sagte der Tester. »Da wir be-
    schlossen haben, Ihnen eine Blutprobe abnehmen zu lassen, wird es ohnehin länger dauern, bis wir die Schluß-
    auswertung machen können; ja, gehen Sie ruhig rauf. Wir werden oben anrufen, wenn wir Sie wieder hier benötigen. Hank, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Fred. »Ich werde oben bei Hank sein.«
    Der Tester sagte: »Sie kommen mir heute sehr viel
    niedergeschlagener vor als da, wo wir uns das erste Mal gesehen haben.«
    »Wie bitte?« sagte Fred.
    »Als Sie das erste Mal hier bei uns waren. Letzte Woche. Da waren Sie zwar auch angespannt, aber Sie haben immer noch Scherze gemacht und gelacht.«
    Fred starrte ihn an und begriff plötzlich, daß das einer der beiden medizinischen Assistenten war, mit denen er es schon früher zu tun gehabt hatte. Aber er sagte nichts; er grunzte einfach nur und verließ dann ihr Büro, wankte zum Aufzug. Das bringt einen echt runter, dachte er. Diese ganze Sache. Ich möchte zu gerne wissen, welcher der beiden medizinischen Assistenten das war. Der mit dem Kaiser-Wilhelm-Schnurrbart oder der andere. Der andere, vermute ich. Der hier hatte ja keinen

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