Der dunkle Schirm
winseln müssen. Und sogar dann wollen wir dich vielleicht nicht mehr haben.«
»Eigentlich wollen wir dich jetzt schon nicht mehr haben«, sagte das Mädchen.
An der Tür blieb Arctor stehen und wandte sich zu
seinen Anklägern um. Er wollte etwas sagen, aber ihm fiel nichts ein. Sie hatten seinen Geist leer gemacht.
Sein Gehirn wollte nicht mehr funktionieren. Keine
Gedanken, keine Erwiderung, keine passende Antwort
auf ihre Anklagen, nicht mal eine lausige oder läppische, kam ihm in den Sinn.
Seltsam, dachte er und war verblüfft. Und er verließ das Gebäude und ging zu seinem geparkten Wagen.
Soweit es mich betrifft, dachte er, ist Spade Weeks für immer verschwunden. Mich kriegen keine zehn Pferde
mehr in eines dieser Zentren. Nie im Leben.
Zeit, entschied er übellaunig, um einen neuen Auftrag zu bitten. Sich jemand anderem an die Fersen zu heften.
Sie sind zäher als wir.
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IV
Aus der sicheren Deckung seines Jedermann-Anzugs
heraus beobachtete der vage Fleck, der unter dem Decknamen »Fred« zur Berichterstattung erschienen war, einen anderen vagen Fleck, der ihm an einem großen
Schreibtisch gegenübersaß und den er nur unter dem
Namen Hank kannte.
»So viel zu Donna, zu Charles Freck und – einen Mo-
ment bitte …« Das metallische, monotone Klicken, das Hanks Stimme war, setzte eine Sekunde lang aus. »Richtig, Jim Barris können wir auch abhaken.« Hank machte sich eine kurze Notiz auf dem Block, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag. »Sie glauben, daß Doug Weeks
möglicherweise tot ist oder unseren Bezirk verlassen hat?«
»Oder er ist untergetaucht und stellt sich nur tot«, sagte Fred.
»Haben Sie mal gehört, daß jemand diesen Namen er-
wähnt hat: Earl oder Art de Winter?«
»Nein.«
»Was ist mit einer Frau namens Molly? Ziemlich kor-
pulent?«
»Nein.«
»Und was ist mit zwei Negern, Brüder, ungefähr
zwanzig, ziemlich dunkle Haut? Sie sollen Hatfield oder so ähnlich heißen. Möglicherweise handeln sie mit Kilopäckchen Heroin.«
»Kilopäckchen? Kilopäckchen Heroin?«
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»Stimmt.«
»Nein«, sagte Fred. »Daran würde ich mich bestimmt
erinnern.«
»Jemand aus Schweden, groß, schwedisch klingender
Name? Männlich. Vorbestraft, trockener Humor. Ein
kräftiger Mann, aber dünn. Trägt eine Menge Bargeld mit sich rum, vielleicht aus dem Erlös einer Lieferung zu Beginn des Monats?«
»Ich werd’ die Augen offenhalten«, sagte Fred. »Kilo-päckchen!« Er schüttelte den Kopf – oder besser gesagt: Der vage Fleck schwankte hin und her.
Hank kramte in seinen holografischen Aufzeichnun-
gen herum. »Hm, der hier ist im Gefängnis.« Er hielt kurz ein Bild hoch und las dann den Text auf der Rückseite. »Nein, dieser hier ist tot; sie haben die Leiche unten.« Er suchte weiter. Zeit verstrich. »Glauben Sie, daß die kleine Jora auf den Strich geht?«
»Ich bezweifle es.« Jora Kajas war erst fünfzehn.
Trotzdem hing sie schon an der Nadel, fixte Substanz T.
Sie wohnte in einem Slum in Brea, in einer Dachkam-
mer, die nur von der Streu wärme eines Wassererhitzers notdürftig geheizt wurde. Joras einzige Einkommens-quelle war ein Schulgeldstipendium des Staates Kalifornien, für das sie sich vor Beginn ihrer Sucht durch gute schulische Leistungen qualifiziert hatte. Fred wußte, daß sie seit sechs Monaten nicht mehr zum Unterricht gegangen war.
»Wenn Sie’s tut, lassen Sie’s mich wissen. Dann können wir die Eltern belangen. «
»Okay. « Fred nickte.
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»Junge, die Teenies gehen wirklich besonders schnell den Bach runter. Kürzlich hatten wir ein Mädchen hier –
die Kleine sah aus wie fünfzig. Strähniges graues Haar, fast keine Zähne mehr, Augen tief in den Höhlen, Arme wie Pfeifenreiniger … Wir haben sie gefragt, wie alt sie sei, und sie sagte: ›Neunzehn‹. Wir haben uns bloß ange-sehen. ›Weißt du eigentlich, wie alt du aussiehst?‹ sagte meine Kollegin – wissen Sie, so eine Matrone – zu ihr.
›Schau dich doch mal im Spiegel an.‹ Und die Kleine hat in den Spiegel geschaut, und dann hat sie angefangen zu weinen. Ich habe sie gefragt, wie lange sie denn schon schießen würde.«
»Ein Jahr«, sagte Fred.
»Vier Monate.«
»Das Zeug, was momentan im Straßenhandel verkauft
wird, ist wirklich unheimlich schlimm«, sagte Fred. Er versuchte krampfhaft, sich nicht vorzustellen, wie das Mädchen da saß: neunzehn Jahre alt, mit Haaren, die ihr büschelweise ausfielen. »Mit noch üblerem Dreck gepanscht als
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