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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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schweren oder umgekehrt?
    Oder vielleicht alphabetisch? Irgendwie gefällt mir der Gedanke nicht, daß ich im Alter von 86 Jahren sterbe und Gott mich dann anknurrt: ›Also du bist der kleine Junge, der die drei Flaschen Coke von dem Coca-Cola-Lieferwagen gestohlen hat, der 1962 auf dem Parkplatz vor dem 7-11-Laden stand? Tja, da wirst du dir jetzt aber schnell was zu deiner Verteidigung einfallen lassen müssen …‹.«
    »Ich denke mir, daß sie lexikalisch nach Sachgebieten geordnet sind«, sagte Luckman. »Und die da oben geben dir einfach einen Computerausdruck, auf dem schon die Endsumme steht, die der Computer durch das Zusammenzählen aller Einzelposten deines langen Sündenregisters ermittelt hat.«
    »Sünde«, sagte Barris kichernd, »ist ein total veralterter jüdisch-christlicher Mythos.«
    Arctor sagte: »Vielleicht haben sie alle deine Sünden in einem großen Einmachglas« – er wandte sich um, damit er Barris, diesen alten Antisemiten, direkt anblicken konnte –, »einem koscheren Einmachglas, und sie heben 167
    den Deckel ab und kippen dir den ganzen Inhalt auf einmal ins Gesicht. Und du stehst einfach da, während die Sünden an dir heruntertropfen. Deine eigenen Sünden, und dazu vielleicht ein paar Sünden von jemand anders, die versehentlich dazwischengerutscht sind.«
    »Die Sünden von jemand anders mit dem gleichen
    Namen«, sagte Luckman. »Ein anderer Robert Arctor.
    Was meinst du, Barris? Wie viele Robert Arctors gibt’s wohl?« Er stieß Barris heimlich an. Könnten uns die Computer vom Cal Tech uns das verraten? Und im gleichen Arbeitsgang auch noch alle Jim Barris’ raussu-
    chen?«
    Im stillen dachte Bob Arctor: Wie viele Bob Arctors gibt es wohl? Ein abartiger und total verwirrender Gedanke. Zwei fallen mir schon mal ein, dachte er. Der eine wird Fred genannt, und er beobachtet den zweiten, der Bob genannt wird. Beides dieselbe Person. Wirklich? Ist Fred tatsächlich dieselbe Person wie Bob? Weiß das ü-
    berhaupt jemand?
    Ich müßte es wissen, eher als jeder andere, weil ich die einzige Person auf der ganzen Welt bin, die weiß, daß Fred Bob Arctor ist.
    Aber, dachte er, wer bin ich? Welcher der beiden ist ich?
    Als sie in der Einfahrt stehenblieben, den Wagen ab-schlossen und bedächtig auf die Vordertür zugingen, stellten sie fest, daß Barris’ Zettel noch da und die Tür unverschlossen war, aber als sie vorsichtig die Tür öffneten, schien alles noch so zu sein, wie es gewesen war, als sie das Haus verlassen hatten.
    Sofort regte sich der Argwohn in Barris. »Ah«, mur-
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    melte er, als er über die Schwelle trat. Rasch langte er hinauf zum obersten Brett des Bücherregals neben der Tür und holte seine 22er-Pistole herunter, die er mit fe-stem Griff umklammerte, während die beiden anderen
    Männer im Raum umhergingen. Wie üblich stürmten die Tiere auf sie zu und veranstalteten zu ihren Füßen einen Höllenspektakel, weil sie Hunger hatten und gefüttert werden wollten.
    »Tja, Barris«, sagte Luckman, »jetzt sehe ich mit eigenen Augen, daß du recht gehabt hast. Es kann gar kein Zweifel mehr daran bestehen, daß jemand hier war, weil man ja auf den ersten Blick erkennen kann – du erkennst das doch auf den ersten Blick, nicht wahr, Bob? –, mit welch peinlicher Sorgfalt sie alle Spuren verwischt haben, die sie andernfalls zurückgelassen hätten, was ja ihre Anwesenheit verraten hätte, und –« Dann furzte er ver-
    ächtlich und schlenderte in die Küche, um im Kühl-
    schrank nach einer Dose Bier zu schauen. »Barris«, sagte er, »dir hamse ins Gehirn geschissen.«
    Barris ignorierte Luckman einfach und schlich weiter in höchster Alarmbereitschaft auf der Suche nach verrä-
    terischen Spuren umher, die Pistole um Anschlag. Arctor, der ihm dabei zuschaute, dachte: Vielleicht findet er ja wirklich welche. Kann sein, daß sie welche zurückgelassen haben. Seltsam, dachte er, wie paranoide Wahnvor-stellungen und die Wirklichkeit sich manchmal für kurze Zeit decken können. Unter ganz besonderen Bedingun-gen, so wie heute. Als nächstes wird Barris behaupten, ich hätte alle absichtlich aus dem Haus gelockt, um heimlich Eindringlingen eine Möglichkeit zu verschaffen, hier 169
    was anzustellen. Und später wird er sich Gedanken dar-
    über machen, warum ich das wohl getan haben mag und wer die Eindringlinge gewesen sein könnten. Und vielleicht hat er das sogar schon längst getan. Und wenn dem so ist, dann könnte das der Grund dafür sein, daß er das

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