Der dunkle Thron
und zeigte mit seinem Brotstück auf sie. »Ganz schön hübsch, he?«
»Und wie«, stimmte Nick zu.
Carl brummte. »Vergiss es, Mann. Die lässt keinen ran. Sie hat ein Balg von irgendeinem adligen Hurenstecher und ist sich zu fein für solche wie uns.«
Nick gab lieber keinen Kommentar ab.
»Wo bist du her, Tamkin?«, fragte Mickey scheu, der anscheinend beschlossen hatte, dem Neuen doch noch eine Chance zu geben, auch wenn Carl ihn mit distanzierter Herablassung behandelte.
»Cheshire«, antwortete Nick und wiederholte das Märchen von seiner Schwester und dem lüsternen Reeve.
»Und da warst du auch Stallknecht?«, wollte Mickey weiter wissen.
»’türlich.«
Mickey lächelte. »Du kannst … wirklich wunderbar mit Pferden umgehen.«
Carl ließ den Löffel in die leere Schale fallen. »Warten wir erst mal ab, ob er auch reiten kann«, brummte er. »Jetzt iss endlich auf, Rotznase, und dann lass uns gehen.«
Mickey leerte seine Schale, und wenig später waren sie auf dem Rückweg zum Stall. Es war fast dunkel, und Nick prägte sich den Weg vom Stalltor zur Leiter, die auf den Heuboden führte, genau ein, denn er würde ihn später ohne Licht finden müssen.
Carl, Mickey und die beiden entschwundenen Stallburschen hatten auf Strohbetten in einer Ecke des Heubodens geschlafen. Das Stroh war alt und wimmelte vermutlich von Ungeziefer. Carl zeigte auf die beiden freien Schlafstätten, an deren Fußende unordentlich zusammengeknüllte Decken lagen. »Such dir eins aus.«
Nick nahm eine der Decken, schüttelte sie nachlässig aus und setzte sich auf eins der wenig einladenden Lager. Dann streckte er sich aus und drehte Carl und Mickey den Rücken zu. »Nacht.«
Er bekam nur Brummlaute zur Antwort. Die anderen beiden schliefen schon fast. Und Nick hatte selbst Mühe, die brennenden Augen offenzuhalten, denn er war müde gearbeitet. Er starrte in die Dunkelheit, lauschte dem Rascheln der Mäuse im Heu und den gleichmäßigen Atemgeräuschen der beiden anderen und dachte an Prinzessin Mary, die jetzt vermutlich irgendwo dort drüben im Palast ebenso wach lag wie er und sich fragte, was der morgige Tag bringen mochte. Gewiss lag sie in einem breiten Bett ohne Flöhe, mit kostbaren Vorhängen und seidenen Laken, aber ihre Furcht musste so viel größer sein als seine, denn sie wähnte sich vollkommen allein und abgeschnitten von allen Freunden. Aber das bist du nicht, Mary, dachte er. Und ich sorge dafür, dass du das morgen erfährst.
Lautlos richtete er sich schließlich auf, horchte einen Moment, ob einer der Schläfer erwachte, und schlich dann zur Leiter. Er fand den Weg zum Obstgarten ohne Mühe, denn der Himmel war klar, und ein dreiviertel voller Mond machte die Nacht hell.
Polly saß auf dem niedrigen Ast eines Apfelbaums, hatte die Hände im Schoß verschränkt und den Kopf gesenkt. Sie hörte ihn kommen, aber auch als er vor ihr stehen blieb, sah sie nicht auf.
»Das hab ich nicht verdient«, warf sie ihm vor. »Ich bin hergekommen, weil du es wolltest, obwohl ich kein gutes Gefühl dabei hatte und genau gewusst hab, dass ich schreckliches Heimweh haben würde. Aber das reichte dir nicht. Du musstest selbst herkommen, um den furchtlosen Ritter zu spielen, der die bedrängte Prinzessin beschützt, und nun wirst du Verderben über mich und dein Kind bringen. Aber das ist dir egal. Du … du denkst nur an sie .« Sie sprach ruhig, aber Nick hörte an ihrer heiseren Stimme, dass sie weinte.
Er kniete sich vor sie ins Gras und nahm ihre Hände. »Polly, es ist nicht ganz so, wie du glaubst. Ich bin verhaftet worden und …«
Ihre Hände zuckten zurück, und sie presste die Linke auf den Mund, um ein Schluchzen zu unterdrücken. »O Gott … Lass uns verschwinden, Nick. Lass mich Eleanor holen, und dann bring uns von hier weg, um ihretwillen, ich flehe dich an.«
»Das kann ich nicht.«
»Dann scher dich zum Teufel.«
Wortlos zog er sie zu sich herab, legte die Arme um sie und küsste sie. Zuerst sträubte sie sich, aber als er versuchsweise die Hand auf ihre Brust legte, entspannte sie sich, und sie ließ zu, dass er sie ins Gras legte und ihre Röcke hochschob. Auf einmal hatte er es eilig. Die Angst, die seine ständige Begleiterin war, seit Cromwell in seiner Halle erschienen war, machte ihn gierig und gleichermaßen verwegen. Ungeschickt vor Hast schnürte er die ungewohnten Hosen auf, spreizte Pollys Knie mit den Händen, glitt auf sie und in sie hinein, und sie krallte die Finger um
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