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Der Dunkle Turm 1 - Schwarz

Titel: Der Dunkle Turm 1 - Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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lichtlosen Gängen unter den Bergen. Keiner der beiden hatte eine Möglichkeit, die Zeit zu bestimmen, und das Konzept von Stunden wurde bedeutungslos. In gewissem Sinne standen sie außerhalb der Zeit. Ein Tag hätte eine Woche sein können oder eine Woche ein Tag. Sie wanderten, sie schliefen, sie aßen wenig. Ihr einziger Begleiter war das konstante Rauschen des Wassers, das sich seinen nagenden Weg durch den Fels bohrte. Sie folgten ihm und tranken aus seiner flachen, mineralreichen Tiefe. Manchmal glaubte der Revolvermann, unter seiner Oberfläche flüchtige, schwebende Lichter, Grableuchten gleich, zu erkennen, aber er ging davon aus, daß sie lediglich Projektionen seines Gehirns waren, das noch nicht vergessen hatte, wie Licht aussah.
    Der Entfernungsmesser in seinem Kopf führte sie unablässig voran.
    Der Pfad neben dem Fluß (denn es war ein Pfad, ein glatter, leicht konkaver Pfad) führte stetig aufwärts zum Ursprung des Flusses. Sie fanden in regelmäßigen Abständen runde Felssäulen mit darin versenkten Ringen; vielleicht waren hier dereinst Ochsen oder Kutschenpferde angezäumt worden. An jeder befand sich ein Stahldeckel, unter dem sich eine elektrische Taschenlampe befand, doch diese waren alle ohne Leben und Licht.
    Während der dritten Ruheperiode vor dem Schlafen wanderte der Junge ein Stück weg. Der Revolvermann konnte leise Geröllawinen hören, während er sich vorsichtig bewegte.
    »Vorsicht«, sagte er. »Du siehst nicht, wo du dich befindest.«
    »Ich krieche. Es ist… nanu!«
    »Was ist denn?« Der Revolvermann kauerte sich nieder und legte eine Hand auf den Pistolengriff.
    Eine kurze Pause. Der Revolvermann strengte seine Augen überflüssigerweise an.
    »Ich glaube, es ist eine Eisenbahn«, sagte der Junge zweifelnd.
    Der Revolvermann stand auf und schritt vorsichtig in die Richtung, aus der Jakes Stimme gekommen war, wobei er mit einem Fuß behutsam auftrat, um nach Fallgruben zu tasten.
    »Hier.« Eine ausgestreckte Hand glitt katzenpfotengleich über das Gesicht des Revolvermannes. Der Junge war sehr gut im Dunkeln, besser als der Revolvermann selbst. Seine Augen schienen sich zu weiten, bis keine Farbe mehr in ihnen war: Das sah der Revolvermann, als er ein spärliches Licht entzündete. In diesem Schoß aus Stein gab es keinen Brennstoff, und ihr knapper Vorrat schwand rapide zu Asche. Manchmal war der Drang, ein Licht anzuzünden, fast unersättlich.
    Der Junge stand neben einer gekrümmten Felswand, an der parallele Metallstäbe in die Dunkelheit hineinführten. Auf jedem befand sich eine schwarze Kugel, die einstmals ein elektrischer Leiter gewesen sein mochte. Daneben und darunter, nur Zentimeter über dem Felsboden, waren Schienen aus hellem Metall. Was mochte früher auf diesen Schienen gefahren sein? Der Revolvermann konnte sich lediglich schwarze elektrische Geschosse vorstellen, die mit wachsamen Scheinwerferaugen vor sich durch diese ewige Nacht flogen. Er hatte noch nie von so etwas gehört. Aber es gab Skelette in der Welt, ebenso wie Dämonen. Er war einmal einem Einsiedler begegnet, der eine quasi-religiöse Macht über eine erbarmenswerte Herde von Kuhhirten erlangt hatte, weil er im Besitz einer uralten Benzinpumpe gewesen war. Der Einsiedler hatte neben dieser Pumpe gekauert, einen Arm fest um sie geschlungen, und wilde, vulgäre, mürrische Predigten gehalten. Gelegentlich hatte er den immer noch strahlend glänzenden Füllstutzen, der sich an einem verrotteten Gummischlauch befunden hatte, zwischen die Beine gehalten. Auf der Pumpe selbst stand in deutlich lesbaren (wenn auch rostfleckigen) Buchstaben ein Schriftzug von unbekannter Bedeutung: AMOCO. Bleifrei . Amoco war zum Totem eines Donnergottes geworden, und ihm hatten sie durch das halb irre Abschlachten von Schafen gedient.
    Wracks, dachte er. Nur sinnlose Wracks in Sand, der einst ein Meer gewesen war.
    Und jetzt eine Eisenbahn.
    »Wir folgen ihr«, sagte er.
    Der Junge sagte nichts.
    Der Revolvermann löschte das Licht, und sie schliefen. Als der Revolvermann erwachte, war der Junge bereits auf, er saß auf einer der Schienen und beobachtete ihn blicklos in der Dunkelheit.
    Sie folgten den Schienen wie Blinde, der Revolvermann voraus, der Junge hinterher. Sie glitten mit einem Fuß an einer Schiene entlang, ebenfalls wie Blinde. Das unablässige Rauschen des Flusses zu ihrer Rechten war ihr ständiger Begleiter. Sie sagten nichts, und das blieb drei Perioden des Wachseins so. Der Revolvermann

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