Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 1 - Schwarz

Titel: Der Dunkle Turm 1 - Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
gegangen. Keiner machte sich Sorgen deswegen.
    Für den Revolvermann war die Spannung des bevorstehenden Höhepunktes so unmerklich und dennoch so wirklich und zunehmend wie die Erschöpfung vom Antreiben der Draisine. Sie waren dem Ende des Anfangs sehr nahe. Er fühlte sich wie ein Schauspieler, der Sekunden bevor der Vorhang sich hebt in der Mitte der Bühne steht; er hatte seine Position bezogen und die erste Dialogzeile im Gedächtnis, während er das Publikum mit Programmen rascheln und auf den Stühlen rücken hörte. Er lebte mit einem zusammengekrampften dicken Klumpen unheiliger Vorahnungen im Bauch und begrüßte die Anstrengung, die ihm zu gesundem Schlaf verhalf.
    Der Junge sprach immer weniger; aber an ihrem Rastplatz, eine Schlafperiode bevor sie von den Langsamen Mutanten angegriffen wurden, fragte er den Revolvermann beinahe schüchtern nach dessen Erwachsenwerden.
    Der Revolvermann hatte am Griff gelehnt und eine Zigarette aus seinem schwindenden Tabaksvorrat im Mund gehabt. Er war am Rand seines gewohnheitsmäßig traumlosen Schlafes gewesen, als der Junge seine Frage gestellt hatte.
    »Warum willst du das wissen?« fragte er.
    Die Stimme des Jungen schien eigentümlich verstockt, als wollte er seine Verlegenheit verbergen. »Einfach so.« Und nach einer Pause fügte er hinzu: »Ich habe mir immer Gedanken über das Aufwachsen gemacht. Das meiste sind Lügen.«
    »Ich wurde nicht erwachsen«, sagte der Revolvermann. »Ich wurde nicht mit einem Mal erwachsen. Ich wurde es hier und dort entlang des Weges. Einmal sah ich, wie ein Mann gehängt wurde. Das war ein Teil davon, auch wenn ich es damals nicht wußte. Vor zwölf Jahren habe ich ein Mädchen in einer Stadt namens King’s Town zurückgelassen. Das war ein anderer Teil. Ich wußte nichts von den Teilen, wenn sie passierten. Erst später wurden sie mir klar.«
    Ihm wurde mit einigem Unbehagen klar, daß er der Frage auswich.
    »Ich denke, das Erwachsenwerden war auch ein Teil davon«, sagte er fast widerstrebend. »Es war formell. Fast stilisiert; wie ein Tanz.« Er lachte unangenehm. »Wie die Liebe. Liebe und Tod waren mein Leben.« Der Junge sagte nichts.
    »Es war nötig, sich selbst im Kampf zu bewähren«, fing der Revolvermann an.
     
     
    3
     
    Sommer und Hitze.
    Der August war wie ein Vampirliebhaber über das Land gekommen, hatte Ländereien und Frucht der ansässigen Bauern vernichtet und die Felder der Residenzstadt weiß und steril gemacht. Im Westen, einige Meilen entfernt und an der Grenze gelegen, die das Ende der Zivilisation war, hatten die Kämpfe bereits begonnen. Alle Meldungen waren schlecht, und alle verloren jegliches Interesse angesichts der Hitze, die über dem Ort im Zentrum lag. Das Vieh trottete mit leeren Augen in den Pferchen des Marktes. Schweine grunzten lustlos und merkten nichts von den Messern, die für den kommenden Herbst gewetzt wurden. Die Menschen stöhnten wegen Steuern und Erlassen, wie sie es immer getan haben, aber hinter dem apathischen Passionsspiel der Politik herrschte nur Leere. Das Zentrum war ausgetreten wie ein Teppich, der gewaschen und getreten und geschüttelt und aufgehängt und getrocknet worden war. Die Leinen und Netzstränge, welche das letzte Juwel auf der Brust der Welt hielten, barsten entzwei. Die Dinge hatten keinen Zusammenhalt mehr. Im Sommer des bevorstehenden Zusammenbruchs hielt die Welt den Atem an.
    Der Junge ging müßig den oberen Flur dieses aus Stein erbauten Ortes entlang, der seine Heimat war, und spürte all diese Dinge; doch er verstand sie nicht. Auch er war leer und gefährlich.
    Es waren drei Jahre vergangen, seit man den Koch gehängt hatte, der stets etwas zu essen für hungrige Jungen gefunden hatte, und er war gewachsen. Jetzt war er vierzehn Jahre alt und nur in verblichene Jeans gekleidet, und er besaß bereits den gewaltigen Brustumfang und die langen Beine, die den Erwachsenen charakterisieren sollten. Er hatte seine Unschuld noch, aber zwei der jüngeren Schlampen eines Kaufmanns aus der Weststadt hatten ein Auge auf ihn geworfen. Er hatte seine Reaktion gespürt, und in diesem Augenblick spürte er sie noch stärker. Obschon es in dem Flur kühl war, spürte er Schweiß auf dem Körper.
    Vor ihm befanden sich die Gemächer seiner Mutter, und er näherte sich ihnen ungläubig, wollte aber nur an ihnen vorbei auf das Dach hinaufgehen, wo eine schwache Brise und die Freuden seiner eigenen Hand auf ihn warteten.
    Er hatte gerade die Tür hinter sich

Weitere Kostenlose Bücher