Der Dunkle Turm 2 - Drei
Schlange und ließ Eddie nie aus den Augen. Sie hätte es vorgezogen, noch eine Stunde zu warten, mindestens aber eine halbe. Aber das Warten war ein Luxus, den sie sich einfach nicht leisten konnte. Der Wirklich Böse Mann konnte jeden Augenblick zurückkommen.
Während sie sich der Stelle näherte, wo Eddie lag (er schnarchte immer noch; es hörte sich an wie eine Säge im Sägewerk kurz vor dem Durchdrehen), hob sie einen Stein auf, der auf der einen Seite hinreichend glatt und auf der anderen hinreichend kantig war.
Sie schloß die Handfläche über der glatten Seite und kroch weiter dorthin, wo er lag; in ihren Augen stand die nackte Mordlust.
4
Was Detta vorhatte, war schrecklich einfach: Sie wollte mit der kantigen Seite des Steins auf Eddie einschlagen, bis er so tot wie der Stein selbst war. Dann wollte sie den Revolver nehmen und darauf warten, daß Roland zurückkam.
Wenn sein Körper sich aufrichtete, würde sie ihm zwei Möglichkeiten lassen: Er konnte sie in ihre eigene Welt zurückbringen, oder er konnte sich weigern und sterben. Wirst so ‘or so mitmer feddich sein, Hübschah, würde sie sagen, und weil dein Bübchen tot is’, kannste auch nix mehr machn, wasde ‘sacht hast.
Wenn die Pistole, die der Wirklich Böse Mann Eddie gegeben hatte, nicht funktionierte – das war möglich; sie hatte noch nie einen Mann kennengelernt, den sie so sehr haßte und fürchtete wie Roland, und sie hätte ihm einfach jede abgrundtiefe Verschlagenheit zugetraut –, würde sie ihn trotzdem allemachen. Sie würde ihn mit dem Stein oder den bloßen Händen allemachen. Er war krank und ihm fehlten zwei Finger. Sie konnte ihn packen.
Aber während sie sich Eddie näherte, kam ihr ein beunruhigender Gedanke. Es war wieder eine Frage, und es schien wieder eine andere Stimme zu sein, die sie stellte.
Was ist, wenn er es weiß? Was ist, wenn er in der Sekunde, in der du Eddie tötest, Bescheid weiß?
Garnix widda wissn. Is’ zu beschäffticht, seine Medizin zu kriegn. ‘n wahrscheinlich, sich wassum Fickn zu suchn, könnt ichmer vorstelln.
Die fremde Stimme antwortete nicht, aber die Saat des Zweifels war gesät. Sie hatte sie reden gehört, als sie glaubten, sie wäre eingeschlafen. Der Wirklich Böse Mann mußte etwas machen. Sie wußte nicht, was es war. Detta wußte nur, es hatte etwas mit einem Turm zu tun. Konnte sein, daß der Wirklich Böse Mann dachte, dieser Turm wäre voll mit Juwelen oder Gold oder so etwas. Er sagte, er brauchte sie und Eddie und einen dritten, um dorthin zu gelangen, und Detta schätzte, daß das auch so sein konnte. Warum wären die Türen sonst da?
Wenn es Zauberei war und sie Eddie umbrachte, könnte er es wissen. Wenn sie seinen Weg zum Turm tötete, tötete sie wahrscheinlich alles, wofür dieser blasse Wichsah lebte. Und wenn er wußte, daß er nichts mehr hatte, wofür er lebte, konnte der Wichsah alles tun, weil dem Wichsah dann ein Scheißdreck an allem liegen würde.
Die Vorstellung, was passieren konnte, wenn der Wirklich Böse Mann so zurückkam, ließ Detta erschauern.
Aber wenn sie Eddie nicht umbringen konnte, was sollte sie tun? Sie konnte die Pistole nehmen, während Eddie schlief, aber wenn der Wirklich Böse Mann zurückkam, würde sie mit beiden fertig werden?
Sie wußte es einfach nicht.
Ihr Blick fiel auf den Rollstuhl, wollte weiter wandern, schnellte wieder zurück. An der Rückseite der Lehne hing eine Tasche. Daraus ragte das Seil hervor, mit dem sie sie an den Stuhl gefesselt hatten.
Als sie das sah, wurde ihr plötzlich klar, wie sie alles machen konnte.
Detta änderte die Richtung und kroch auf den reglosen Körper des Revolvermanns zu. Sie wollte sich aus dem Rucksack, den er seine ›Tasche‹ nannte, alles holen, was sie brauchte, dann so schnell wie möglich das Seil nehmen… aber vorerst hielt die Tür sie starr im Bann.
Sie interpretierte das, was sie sah, genau wie Eddie in der Filmsprache… aber dies sah mehr wie ein Fernsehkrimi aus. Die Kulisse war eine Drogerie. Sie sah einen Drogisten, der vor Angst blöd geworden zu sein schien, und Detta machte ihm deshalb keinen Vorwurf. Eine Waffe deutete dem Drogisten direkt ins Gesicht. Der Drogist sagte etwas, aber seine Stimme war fern und verzerrt. Sie konnte nicht hören, was er sagte. Sie konnte auch nicht sehen, wer die Waffe hielt, aber sie brauchte den Strohmann auch gar nicht zu sehen, oder? Sie wußte, wer es war, klaro.
Es war der Wirklich Böse Mann.
Sieht da drüm
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