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Der Dunkle Turm 2 - Drei

Titel: Der Dunkle Turm 2 - Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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er durch sie sah, war viel schlimmer, als er zu träumen gewagt hätte.
    An der Seite der Tür standen zwei Schatten; einer war der des Rollstuhls, der andere der eines menschlichen Wesens… aber das menschliche Wesen war unvollständig und stützte sich auf die Arme, weil der untere Teil seiner Beine mit derselben Brutalität abgetrennt worden war wie Rolands Finger und der Zeh.
    Der Schatten bewegte sich.
    Roland riß Jack Morts Kopf mit der Schnelligkeit einer zubeißenden Schlange herum.
    Sie darf nicht hereinsehen. Erst wenn ich bereit bin. Bis dahin sieht sie nichts anderes als den Hinterkopf dieses Mannes.
    Detta Walker konnte Jack Mort ohnehin nicht sehen, denn die Person, die zu der offenen Tür hereinsah, sah nur das, was der Gastkörper sah. Sie konnte Morts Gesicht nur sehen, wenn dieser in einen Spiegel blickte (doch das mochte ebenfalls zu schrecklichen Konsequenzen von Paradoxon und Wiederholung führen), und selbst dann würde es keiner Herrin etwas sagen; und auch das Gesicht der Herrin würde Jack Mort nichts sagen. Sie waren einander zweimal tödlich nahe gewesen, hatten aber niemals ihre Gesichter gesehen.
    Der Revolvermann wollte nicht, daß die Herrin die Herrin sah.
    Jedenfalls noch nicht.
    Der Funke der Eingebung wuchs zu einer Art Plan.
    Aber dort drüben war es spät – das Licht sagte ihm, daß es drei Uhr nachmittags sein mußte, möglicherweise vier.
    Wie lange würde es dauern, bis der Sonnenuntergang die Monsterhummer hervorlockte und damit Eddies Leben ein Ende setzte?
    Drei Stunden?
    Zwei?
    Er konnte zurückkehren und versuchen, Eddie zu retten… aber genau das wollte Detta. Sie hatte eine Falle gestellt, so wie Dorfbewohner, die einen tödlichen Wolf fürchteten, ein Opferlamm auslegen mochten, um ihn in Reichweite ihrer Bogen zu locken. Er würde in seinen kranken Körper zurückkehren… aber nicht so schnell. Der Grund, weshalb er nur ihren Schatten gesehen hatte, war der, daß sie mit einem seiner Revolver in der Faust neben der Tür lag. In dem Augenblick, wenn sich Rolands Körper bewegte, würde sie auf ihn schießen und ihn töten.
    Und weil sie Angst vor ihm hatte, würde sein Ende immerhin barmherzig sein.
    Eddies Tod würde kreischendes Entsetzen sein.
    Er schien Detta Walkers garstige Kicherstimme hören zu können: Willste an mich ran, Blaßfleisch? Klaro willste an mich ran! Hast keene Angst vor ner verkrüppelten altn Dame, nich?
    »Nur ein Weg«, murmelte Jacks Mund. »Nur einer.«
    Die Bürotür ging auf, und ein kahler Mann mit Gläsern vor den Augen sah herein.
    »Wie kommen Sie mit der Dorfman-Bilanz voran?« fragte der kahle Mann.
    »Mir ist schlecht. Ich glaube, es war das Essen. Ich sollte besser nach Hause gehen.«
    Der kahle Mann sah besorgt drein. »Wahrscheinlich ein Virus. Ich habe gehört, daß ein ziemlich übler umgehen soll.«
    »Möglich.«
    »Nun… solange Sie die Dorfman-Sachen bis morgen abend fünf Uhr fertig haben…«
    »Ja.«
    »Sie wissen ja, wie ungemütlich er werden kann…«
    »Ja.«
    Der kahle Mann, der jetzt ein wenig unbehaglich dreinsah, nickte. »Ja, gehen Sie heim. Sie scheinen gar nicht Sie selbst zu sein.«
    »Bin ich nicht.«
    Der kahle Mann ging eiligst zur Tür hinaus.
    Er hat mich gespürt, dachte der Revolvermann. Das war ein Teil davon. Ein Teil, aber nicht alles. Sie haben Angst vor ihm. Sie wissen nicht, warum, aber sie haben Angst vor ihm. Und sie haben guten Grund, Angst zu haben.
    Jack Morts Körper stand auf, fand den Aktenkoffer, den er bei sich hatte, als der Revolvermann in ihn eingedrungen war, und schob sämtliche Papiere auf dem Schreibtisch hinein.
    Er verspürte den Drang, zu der Tür zurückzuschauen, widerstand ihm aber. Er würde erst wieder hineinsehen, wenn er bereit war, alles zu riskieren, und zurückkehrte.
    Bis dahin blieb wenig Zeit, und es mußte viel getan werden.

 
    ZWEITES KAPITEL
    Der Honigtopf

    1
     
    Detta lag in einer schattigen Kluft zwischen Felsen, die aneinander lehnten wie alte Männer, die zu Stein geworden waren, während sie sich ein unheimliches Geheimnis erzählten. Sie sah Eddie zu, wie er die geröllübersäten Hänge der Hügel auf und ab schritt und sich heiser schrie. Der Entenflaum auf seinen Wangen wurde endlich zu einem Bart, und man hätte ihn für einen erwachsenen Mann halten können, abgesehen von den zwei, drei Malen, als er nahe an ihr vorbeigekommen war (einmal so nahe, daß sie die Hand ausstrecken und ihn am Knöchel hätte packen können). Wenn er in die Nähe

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