Der Dunkle Turm 2 - Drei
überprüften – wenn man von Nassau kam, waren Führerschein und Kreditkarte einer hiesigen Bank normalerweise ausreichend, aber die meisten nahmen trotzdem ihre Pässe mit –, und Eddie spürte, wie sich ein Stahldraht in ihm zu spannen begann.
Er stand auf und ging auf die Toilette. Die Beutel mit dem Koks unter seinen Armen fühlten sich an, als wären sie sicher und fest verankert, sie schmiegten sich so unauffällig an seine Konturen wie im Hotelzimmer, wo ein leise sprechender Amerikaner namens William Wilson sie befestigt hatte. Nach dem Festkleben hatte der Mann, dessen Name Poe berühmt gemacht hatte (Wilson hatte Eddie lediglich verständnislos angesehen, als Eddie eine Anspielung darauf gemacht hatte), ihm das Hemd gereicht. Nur ein gewöhnliches Paisleyhemd, ein wenig verblichen, wie es jeder Hochschüler auf dem Rückflug von einem Kurzurlaub vor den Prüfungen tragen mochte… aber dieses war speziell geschneidert, um unliebsame Wölbungen zu verbergen.
»Um sicherzugehen, werden Sie vor der Landung alles überprüfen«, hatte Wilson gesagt. »Aber es wird alles gutgehen.«
Eddie wußte nicht, ob es gutgehen würde oder nicht, aber er hatte noch einen Grund, weshalb er aufs Klo wollte, bevor das Schild BITTE ANSCHNALLEN wieder aufleuchtete. Trotz aller Versuchung – und vergangene Nacht war es keine Versuchung mehr gewesen, sondern ein tobendes Bedürfnis –, war es ihm gelungen, einen letzten Rest des Stoffes aufzuheben, den das teigige Ding in seiner Dreistigkeit China White zu nennen gewagt hatte.
Der Zoll von Nassau war nicht der Zoll von Haiti oder Quincon oder Bogota, aber dennoch sahen Leute zu. Ausgebildete Leute. Er brauchte allen und jeden Vorteil, den er bekommen konnte. Wenn er etwas beruhigt durchging, nur ein klein wenig, verschaffte ihm das vielleicht die Überlegenheit, die erforderlich war.
Er schnupfte das Pulver, spülte das Stück Papier, in dem es gewesen war, das Klo runter, dann wusch er sich die Hände.
Wenn du es schaffst, wirst du es natürlich nie erfahren, oder? dachte er. Nein. Würde er nicht. Und es war ihm auch egal.
Auf dem Rückweg zu seinem Sitz sah er die Stewardeß, die ihm den Drink brachte, den er noch nicht leergetrunken hatte. Sie lächelte ihn an. Er lächelte ebenfalls, setzte sich, machte den Sicherheitsgurt zu, nahm das Flugjournal heraus, blätterte die Seiten um und betrachtete Bilder und Worte. Nichts hinterließ einen Eindruck in ihm. Der Stahldraht zog sich weiter um seine Eingeweide zusammen, und als das BITTE ANSCHNALLEN-Zeichen endlich aufleuchtete, flackerte es zweimal und brannte grell.
Das Heroin hatte gewirkt – sein Schniefen bewies es –, aber er konnte es eindeutig nicht spüren.
Aber kurz vor der Landung verspürte er wieder einen dieser beunruhigenden, ausgerasteten Augenblicke… kurz, aber eindeutig.
Die 727 überflog die Gewässer des Long Island Sound und setzte zur Landung an.
2
Jane Dorning war in der Kombüse der Business Class gewesen und hatte Peter und Anne geholfen, die letzten Gläser des Drinks nach dem Essen zu verstauen, als der Bursche, der wie ein College-Student aussah, in die Toilette der ersten Klasse ging. Als sie den Vorhang zwischen Business und erster zurückschob, ging er wieder zu seinem Sitz, und sie ging schneller, ohne darüber nachzudenken, und erwischte ihn mit ihrem Lächeln, das er aufschauend erwiderte.
Seine Augen waren wieder mandelfarben.
Schon gut, schon gut. Er ist vor seinem Nickerchen aufs Klo gegangen und hat sie herausgenommen; danach ist er wieder aufs Klo gegangen und hat sie eingesetzt. Mein Gott, Janey! Du bist eine Gans!
Aber das war sie nicht. Sie konnte nichts Bestimmtes feststellen, aber sie war auch keine Gans.
Er ist zu blaß.
Na und? Tausende Menschen sind zu blaß, sogar deine eigene Mutter, seit ihre Gallenblase zum Teufel ging.
Er hatte sehr fesselnde blaue Augen – vielleicht nicht so niedlich wie die mandelbraunen Kontaktlinsen –, aber eindeutig fesselnd. Also warum die Kosten und Mühen?
Weil er Designer-Augen mag. Genügt das nicht?
Nein.
Kurz vor BITTE ANSCHNALLEN und dem letzten Überprüfen machte sie etwas, das sie noch niemals vorher gemacht hatte, wobei sie immerzu an die alte Veteranin denken mußte. Sie füllte eine Thermoskanne mit heißem Kaffee und schraubte die rote Plastikhaube darauf, ohne vorher den Dichtungsstöpsel in den Flaschenhals zu drehen. Und die Haube drehte sie nur bis zur ersten Drehung der Spirale zu.
Susy
Weitere Kostenlose Bücher