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Der Dunkle Turm 2 - Drei

Titel: Der Dunkle Turm 2 - Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Fußboden und Brettern über Sägeböcken als Bar; er unterschied sich, so sehr es nur ging, von einem Lokal wie Sheb’s in Tull, überlegte der Revolvermann. Überall funkelte Glas, in diesem einen Zimmer befand sich mehr Glas, als er in all den Jahren seit seiner Kindheit gesehen hatte, als die Versorgungswege zusammengebrochen waren, was mit daran gelegen hatte, daß die Rebellen von Farson, dem Guten Mann, Überfälle verübten, aber weitgehend schlichtweg eben daran, daß sich die Welt weitergedreht hatte. Farson war ein Symptom dieser großen Drehung gewesen, nicht deren Ursache.
    Er sah ihre Spiegelungen überall – an den Wänden, auf der glasverkleideten Bar und in dem langen Spiegel dahinter; er konnte sie als gekrümmte Miniaturen sogar in den anmutigen Glockenformen von Weingläsern sehen, die über der Bar aufgehängt waren… Gläser, die so überwältigend und zerbrechlich waren wie festliche Ornamente.
    In einer Ecke befand sich eine bildhauerische Kreation aus Lichtern, die emporstiegen und sich veränderten, emporstiegen und sich veränderten, emporstiegen und sich veränderten. Gold zu grün; grün zu gelb; gelb zu rot; rot wieder zu gold. Darauf stand in Großbuchstaben ein Wort, das er lesen konnte, das ihm aber nichts sagte: ROCKOLA.
    Einerlei. Es gab hier Geschäftliches zu erledigen. Er durfte sich nicht den Luxus erlauben, sich wie ein Tourist zu benehmen, wie wunderbar oder seltsam diese Sachen auch alle sein mochten.
    Der Mann, der sie eingelassen hatte, war eindeutig der Bruder des Mannes, der das gefahren hatte, was Eddie immerzu den Wagen genannt hatte (wie in Streitwagen, vermutete Roland), wenngleich er viel größer und etwa fünf Jahre jünger war. Er trug einen Revolver im Schulterhalfter.
    »Wo ist Henry?« fragte Eddie. »Ich will Henry sehen.« Er sprach lauter: »Henry! He, Henry!«
    Keine Antwort; nur Stille, in der die über der Bar aufgehängten Gläser mit einer Feinheit zu erzittern schienen, die gerade außerhalb der menschlichen Hörfähigkeit schien.
    »Zuerst würde Mr. Balazar gern mit dir sprechen.«
    »Ihr habt ihn irgendwo gefesselt und geknebelt, nicht?« fragte Eddie, und bevor Claudio mehr tun konnte, als den Mund zur Antwort zu öffnen, lachte Eddie. »Nein, was denke ich nur – ihr habt ihn high gemacht, das ist alles. Weshalb solltet ihr euch die Mühe mit Fesseln und Knebeln machen, wenn ihr Henry nur die Nadel verpassen müßt, um ihn ruhig zu halten? Okay. Bringt mich zu Balazar. Bringen wir es hinter uns.«
     
     

    4
     
    Der Revolvermann betrachtete den Kartenturm auf Balazars Schreibtisch und dachte: Wieder ein Zeichen.
    Balazar sah über den Kartenturm hinweg. Sein Gesichtsausdruck drückte Freude und Güte aus.
    »Eddie«, sagte er. »Schön, dich zu sehen, mein Junge. Ich habe gehört, du hattest ein paar Schwierigkeiten am Kennedy.«
    »Ich bin nicht Ihr Junge«, sagte Eddie brüsk.
    Balazar machte eine kleine Geste, die komisch, traurig und nicht vertrauenswürdig zugleich war: Du hast mir weh getan, Eddie, sagte sie, du tust mir weh, wenn du so etwas sagst.
    »Kommen wir zur Sache«, sagte Eddie. »Sie wissen, daß es auf eins von beidem hinausläuft: Entweder hat mich die Bundesbehörde gezwungen, für sie zu arbeiten, oder sie mußten mich gehen lassen. Sie wissen, daß sie es in nur zwei Stunden nicht aus mir herauspressen konnten. Und Sie wissen auch, wenn sie es aus mir herausbekommen hätten, dann wäre ich jetzt in der 43. Straße und würde Fragen beantworten, mit einer gelegentlichen kurzen Pause dazwischen, damit ich ins Waschbecken kotzen kann.«
    »Haben sie dich gezwungen, Eddie?« fragte Balazar sanft.
    »Nein. Sie mußten mich gehen lassen. Sie folgen mir, aber ich habe sie nicht hergeführt.«
    »Also hast du den Stoff weggekippt«, sagte Balazar. »Das ist faszinierend. Du mußt mir sagen, wie man zwei Pfund Koks wegschafft, wenn man an Bord eines Flugzeugs ist. Das wäre eine sehr nützliche Information. Wie ein Krimi, bei dem die Tat in einem verschlossenen Zimmer stattgefunden hat.«
    »Ich habe ihn nicht weggeworfen«, sagte Eddie. »Aber ich habe ihn auch nicht mehr.«
    »Wer dann?« fragte Claudio, dann errötete er, als sein Bruder ihn voll böser Mißbilligung ansah.
    »Er«, sagte Eddie lächelnd und deutete auf Enrico Balazar über dem Kartenturm. »Es wurde bereits abgeliefert.«
    Nun drückte Balazars Gesicht zum erstenmal, seit Eddie in das Büro geführt worden war, eine echte Empfindung aus: Überraschung. Und

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