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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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zu schaffen macht, die alte Wunde brennen und dich reizbar werden lässt?
    Nein. Die Schmerzen waren zwar schlimm, aber sie waren schon schlimmer gewesen. Das Problem war sein Kopf. Jonas lehnte sich an einen der Pfosten unter dem Vordach, lauschte dem Regen, der auf die Dachziegel prasselte, und dachte daran, wie ein schlauer Spieler manchmal bei einer Partie Kastell einen kurzen Blick um seinen Hügel warf, um sich dann schnell wieder zurückzuziehen. Genauso war es hier – es passte alles so tadellos, dass es nach List und Tücke roch. Verrückter Gedanke, aber irgendwie ganz und gar nicht verrückt.
    »Versuchst du, Kastell mit mir zu spielen, du Grünschnabel!«, murmelte Jonas. »Wenn ja, wirst du dir bald wünschen, du wärst daheim bei deiner Mami geblieben. Das wirst du.«
     
     
    8
     
    Roland und Cuthbert ritten an der Schräge entlang zur Bar K zurück – heute würde nichts gezählt werden. Zunächst war Cuthberts gute Laune trotz des Regens und des grauen Himmels fast wiederhergestellt.
    »Hast du sie gesehen?«, sagte er lachend. »Hast du sie gesehen, Roland… Will, meine ich? Sie haben es uns abgekauft, was? Den Köder in einem Stück geschluckt, das haben sie!«
    »Ja.«
    »Und? Was machen wir jetzt? Was ist unser nächster Zug?«
    Roland sah ihn einen Augenblick lang ausdruckslos an, so als wäre er aus einem Nickerchen gerissen worden. »Sie müssen den nächsten Zug machen. Wir zählen. Und warten.«
    Cuthberts gute Laune fiel sofort in sich zusammen, und er musste wieder einmal einen Schwall Verwünschungen zurückhalten, die alle um zwei grundsätzliche Themen kreisten: dass Roland seine Pflichten vernachlässigte, damit er sich weiter den unbestreitbaren Reizen einer gewissen jungen Dame widmen konnte, und – wichtiger noch –, dass Roland vollständig den Verstand verloren hatte, während ganz Mittwelt am dringendsten darauf angewiesen war.
    Aber welche Pflichten vernachlässigte Roland eigentlich? Und was machte ihn so sicher, dass Roland sich irrte? Logik? Eingebung? Oder nur kleinkarierte Eifersucht? Cuthbert musste daran denken, wie mühelos Jonas die Armee von Hilfssheriff Hollis vernichtet hatte, als dieser zu früh aus seinem Versteck gekommen war. Aber das Leben war keine Partie Kastell… oder? Er wusste es nicht. Aber er dachte, dass er zumindest eine triftige Eingebung hatte: Roland steuerte einer Katastrophe entgegen. Wie sie alle.
    Wach auf, dachte Cuthbert. Bitte, Roland, wach auf, bevor es zu spät ist.

Kapitel 3
    E INE P ARTIE K ASTELL
     
    1
     
    Es folgte eine Woche mit Wetter, bei dem sich die Leute für gewöhnlich nach dem Mittagessen wieder in die Betten verkrochen, lange Nickerchen hielten und sich benommen und verwirrt fühlten, wenn sie aufwachten. Es goss nicht gerade in Strömen, aber es machte die letzte Phase der Apfelernte gefährlich (es kam zu mehreren Beinbrüchen, und auf der Plantage Seven-Mile fiel eine junge Frau von der Leiter und brach sich das Rückgrat), und es wurde schwieriger, der Arbeit auf den Kartoffeläckern nachzugehen; es kostete fast so viel Zeit, die Wagen herauszuziehen, die in Schlammlöchern stecken geblieben waren, wie das tatsächliche Einsammeln der Kartoffeln. Im Green-Heart-Park wurden die Dekorationen für den Erntejahrmarkt pitschnass und mussten abgenommen werden. Die freiwilligen Helfer warteten mit zunehmender Unruhe darauf, dass das Wetter besser wurde, damit sie wieder anfangen konnten.
    Es war ein ungünstiges Wetter für junge Männer, deren Aufgabe es war, Inventur zu machen, obwohl sie endlich damit anfangen konnten, Scheunen zu besuchen und das Vieh zu zählen. Es war ein günstiges Wetter für einen jungen Mann und eine junge Frau, die gerade die Freuden der körperlichen Liebe entdeckt hatten, könnte man sagen, aber Roland und Susan sahen sich nur zweimal während dieser Schlechtwetterperiode. Die Gefahr, die von dem, was sie da taten, ausging, war inzwischen fast spürbar.
    Das eine Mal trafen sie sich in einem leer stehenden Bootshaus an der Küstenstraße. Das andere Mal in der hintersten Ecke des verfallenen Gebäudes im Osten unterhalb des Citgo-Geländes – sie liebten sich mit verzweifelter Inbrunst auf einer von Rolands Satteldecken, die er auf dem Boden der einstigen Kantine der Ölraffinerie ausgebreitet hatte. Als Susan ihren Höhepunkt hatte, schrie sie immer wieder seinen Namen. Aufgeschreckte Tauben flatterten in den alten, schattigen Räumen und verfallenden Fluren mit dem sanften Donner ihres

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