Der Dunkle Turm 4 - Glas
wenn es darum ging, ihnen die Zunge zu lösen. Jonas hatte seine Pläne für ein Bier (und vielleicht ein Blumenmädchen) aufgegeben, ohne auch nur noch einen Gedanken daran zu verschwenden. Er nahm mit Sai Delgado in einer sonnigen Ecke des Green-Heart-Pavillons Platz (nicht weit von einem roten Stein entfernt, den Roland und Susan nur zu gut kannten) und bestellte eine große Kanne Tee und dazu Kuchen. Sie betrachteten das Treiben, mit dem die Vorbereitungen für den Erntetag vonstatten gingen, während sie auf ihre Bestellung warteten. Hämmern und Sägen und Rufe und Gelächter hallten durch den sonnigen Park.
»Alle Jahrmärkte sind schön, aber der zu Ernte macht uns alle wieder zu Kindern, findet Ihr nicht auch?«, fragte Cordelia.
»Ja, gewiss«, sagte Jonas, der sich nicht einmal wie ein Kind gefühlt hatte, als er noch eines gewesen war.
»Am besten gefällt mir immer noch das Freudenfeuer«, sagte sie und sah zu dem großen Scheiterhaufen aus Stöcken und Brettern hinüber, der am anderen Ende des Parks aufgeschichtet wurde, in der Ecke schräg gegenüber der Bühne. Er sah wie ein riesiges hölzernes Tipi aus. »Ich mag es, wenn die Leute aus der Stadt ihre ausgestopften Puppen bringen und hineinwerfen. Barbarisch, aber ich bekomme dabei immer so ein angenehmes Erschauern.«
»Aye«, sagte Jonas und fragte sich, ob sie auch so ein angenehmes Erschauern verspüren würde, wenn sie wüsste, dass drei der ausgestopften Burschen, die in diesem Jahr auf das Freudenfeuer geworfen werden würden, wie gegrilltes Schweinefleisch riechen und wie Harpyien schreien würden, während sie verbrannten. Wenn er großes Glück hatte, würde der mit den blassblauen Augen derjenige sein, der am längsten schrie.
Tee und Kuchen wurden gebracht, aber Jonas würdigte die volle Brust des Mädchens keines Blickes, als es sich zum Servieren herunterbeugte. Er hatte nur Augen für die faszinierende Sai Delgado mit ihren nervösen, zappeligen Bewegungen und dem seltsamen, verzweifelten Gesichtsausdruck.
Nachdem das Mädchen gegangen war, schenkte er ein, stellte die Kanne auf das Stövchen und bedeckte dann ihre Hand mit seiner. »Nun ja, Cordelia«, sagte er mit seiner wärmsten Stimme. »Ich kann sehen, dass etwas Sie quält. Heraus damit. Sagen Sie es Ihrem Freund Eldred.«
Sie presste die Lippen so fest zusammen, dass diese fast verschwanden, aber nicht einmal diese Anstrengung konnte verhindern, dass sie bebten. Tränen traten ihr in die Augen, flossen über. Er nahm seine Serviette, beugte sich über den Tisch und wischte ihr die Tränen ab.
»Sagen Sie es mir«, bat er zärtlich.
»Das werde ich. Ich muss mit jemandem darüber sprechen, sonst werde ich verrückt. Aber Ihr müsst mir eines versprechen, Eldred.«
»Gewiss, schöne Frau.« Er sah, wie sie bei diesem harmlosen Kompliment heftiger denn je errötete. »Alles.«
»Ihr dürft Hart nichts erzählen. Und auch nicht dieser abscheulichen Spinne von einem Kanzler, aber auf gar keinen Fall dem Bürgermeister. Wenn ich Recht habe mit meiner Vermutung und er davon erfährt, könnte er sie nach Westen schicken!« Und den nächsten Satz brachte sie fast stöhnend vor, so als würde ihr der wahre Sachverhalt gerade zum ersten Mal klar werden. »Er könnte uns beide nach Westen schicken!«
Jonas wahrte sein teilnahmsvolles Lächeln und sagte: »Kein Wort zu Bürgermeister Thorin, kein Wort zu Kimba Rimer. Versprochen.«
Einen Augenblick glaubte er, sie würde den Sprung nicht wagen… oder doch nicht fertig bringen. Dann aber sagte sie mit einer leisen, seufzenden Stimme, die sich anhörte, als würde Stoff reißen, nur ein einziges Wort: »Dearborn.«
Er spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte, als sie den Namen aussprach, der ihn die ganze Zeit so sehr beschäftigte, und obwohl er weiterhin lächelte, konnte er nicht verhindern, dass er ihre Finger kurz und schmerzhaft zusammendrückte, bis sie das Gesicht verzog.
»Tut mir Leid«, sagte er. »Sie haben mich nur etwas erschreckt. Dearborn… ein gut beleumdeter Bursche, obwohl ich mich frage, ob man ihm voll und ganz vertrauen kann.«
»Ich fürchte, er war mit meiner Susan zusammen.« Nun war sie diejenige, die seine Hand drückte, aber das störte Jonas nicht. Er spürte es kaum. Er lächelte nach wie vor und hoffte, dass er nicht so verblüfft aussah, wie er sich fühlte. »Ich fürchte, er war mit ihr zusammen… wie ein Mann mit einer Frau. Oh, das ist so schrecklich!«
Sie weinte in stummer
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