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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Sonne im Gesicht, und sein Schatten hinter ihm wurde immer länger. Er überlegte bald von der Großen Straße abzubiegen, um über die Schräge zur Bar K Ranch zurückzureiten. Doch ehe er den Vorsatz in die Tat umsetzen konnte, sah er seinen alten Freund Sheemie, der einen Esel am Zügel führte. Sheemie hielt den Kopf gesenkt, ließ die Schultern hängen, die rosa ’brera saß ihm schief auf dem Kopf, und die Stiefel waren staubig. Cuthbert fand, dass der Junge aussah, als wäre er zu Fuß vom Ende der Welt hergelaufen.
    »Sheemie!«, rief Cuthbert und erwartete bereits das fröhliche Grinsen und irre Geschwätz des Jungen. »Lange Tage und angenehme Nächte! Wie geht es d…«
    Sheemie hob den Kopf, und als die Krempe seiner sombrera in die Höhe ging, verstummte Cuthbert. Er sah die schreckliche Angst im Gesicht des Jungen – die blassen Wangen, die gequälten Augen, den bebenden Mund.
     
     
    11
     
    Sheemie hätte schon zwei Stunden früher im Haus der Delgados sein können, wenn er gewollt hätte, aber er war wie eine Schildkröte dahingekrochen, und der Brief in seiner Tasche schien ihn bei jedem Schritt nach unten zu ziehen. Es war schrecklich, so schrecklich. Er konnte nicht einmal darüber nachdenken, weil sein Denker größtenteils kaputt war, das war er.
    Cuthbert sprang wie der Blitz vom Pferd und rannte zu Sheemie hin. Er legte dem Jungen die Hände auf die Schultern. »Was ist los? Sag es deinem alten Freund. Er wird nicht lachen, kein bisschen.«
    Als er die freundliche Stimme von »Arthur Heath« hörte und dessen besorgtes Gesicht sah, fing Sheemie an zu weinen. Rheas strikter Befehl, dass er niemandem etwas erzählen dürfte, schoss aus seinem Kopf heraus. Schluchzend erzählte er alles, was ihm seit heute Morgen widerfahren war. Zweimal musste Cuthbert ihn bitten, langsamer zu sprechen, und als er den Jungen zu einem Baum führte, in dessen Schatten sie sich beide setzten, gelang es Sheemie schließlich. Cuthbert hörte mit wachsendem Unbehagen zu. Am Ende seiner Geschichte zog Sheemie einen Umschlag aus dem Hemd.
    Cuthbert brach das Siegel und las, was darin stand; seine Augen wurden riesengroß.
     
     
    12
     
    Roy Depape wartete im Traveller’s Rest bereits auf Jonas, als dieser bester Laune von seinem Ausflug zur Bar K zurückkehrte. Ein Kundschafter sei endlich eingetroffen, verkündete Depape, und Jonas’ Stimmung hob sich noch ein Stück. Nur sah Roy darüber nicht so glücklich aus, wie Jonas erwartet hätte. Ganz und gar nicht glücklich.
    »Der Bursche ist nach Seafront gegangen, wo er vermutlich erwartet wird«, sagte Depape. »Du sollst sofort hinkommen. Ich an deiner Stelle würde nicht hier bleiben, um erst mal was zu essen, nicht mal einen Popkin. Und ich würde auch nichts trinken. Du solltest einen klaren Kopf haben, wenn du dich mit dem beschäftigst.«
    »Bist heute großzügig mit deinem Rat, was, Roy!«, sagte Jonas. Er sagte es in einem vor Sarkasmus triefenden Ton, aber als Pettie ihm ein Glas Whiskey brachte, ließ er es doch zurückgehen und verlangte stattdessen Wasser. Roy hatte so einen Ausdruck an sich, entschied Jonas. Viel zu blass war er, der gute alte Roy. Und als Sheb sich an sein Klavier setzte und einen Akkord anschlug, fuhr Depape sogar in diese Richtung herum und ließ eine Hand zum Revolver sinken. Interessant. Und ein wenig beunruhigend.
    »Spuck’s aus, mein Sohn – was hat dich so aus der Fassung gebracht?«
    Depape schüttelte mürrisch den Kopf. »Kann ich nicht genau sagen.«
    »Wie heißt dieser Bursche?«
    »Ich hab nicht gefragt, er hat’s nicht gesagt. Aber Farsons Sigul hat er mir gezeigt. Du weißt schon.« Depape dämpfte die Stimme. »Das Auge.«
    Jonas wusste es durchaus. Er hasste dieses offene Glotzauge, konnte sich nicht erklären, wieso Farson sich ausgerechnet dafür entschieden hatte. Warum nicht eine geballte Faust? Gekreuzte Schwerter? Oder einen Vogel? Zum Beispiel einen Falken – ein Falke hätte ein erstklassiges Sigul abgegeben. Aber dieses Auge…
    »Na gut«, sagte er und trank sein Glas Wasser leer. Es ging sowieso besser runter als Whiskey – er hatte eine knochentrockene Kehle gehabt. »Den Rest werde ich selbst rausfinden, ja?«
    Als er bei der Schwingtür angekommen war und sie aufstieß, rief Depape noch einmal seinen Namen. Jonas drehte sich um.
    »Er sieht wie andere Menschen auch aus«, sagte Depape.
    »Was meinst du damit?«
    »Weiß ich selber nicht recht.« Depape sah verlegen und bestürzt drein… aber

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