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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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auch nervös. Klebte geradezu an seinen Revolvern. »Wir haben uns nur fünf Minuten unterhalten, alles in allem, aber einmal hab ich ihn angesehen und gedacht, er wäre der alte Mistkerl aus Ritzy – der, den ich erschossen habe. Wenig später werf ich ihm einen Blick zu und denke: ›Feuer in der Hölle, da steht mein alter Pa.‹ Dann ging auch das vorbei, und er sah wieder wie er selber aus.«
    »Und wie das?«
    »Wirst du schon selber sehen. Allerdings weiß ich nicht, ob es dir besonders gefallen wird.«
    Jonas stand an der Flügeltür, die er offen hielt, und dachte nach. »Roy, es war doch nicht Farson selbst, oder? Der Gute Mann in einer Verkleidung?«
    Depape zögerte, runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. »Nein.«
    »Bist du dir da sicher? Vergiss nicht, wir haben ihn nur einmal gesehen, und auch nur aus der Ferne.« Latigo hatte ihnen den Mann gezeigt. Vor sechzehn Monaten war das gewesen, mehr oder weniger.
    »Ich bin mir da sicher. Erinnerst du dich, wie groß er war?«
    Jonas nickte. Farson war zwar kein Lord Perth, aber einen Meter achtzig oder mehr, mit breiter Brust und breiten Schultern.
    »Dieser Mann ist so groß wie Clay, vielleicht sogar etwas kleiner. Größer ist er auf keinen Fall, ganz egal, wie er wirkt.« Depape zögerte einen Moment und sagte dann: »Er lacht wie ein Toter. Ich konnte es kaum ertragen, das anzuhören.«
    »Was meinst du damit, wie ein Toter?«
    Roy Depape schüttelte den Kopf. »Kann ich nicht sagen.«
     
     
    13
     
    Zwanzig Minuten später ritt Eldred Jonas unter dem Schild KOMMET IN FRIEDEN hindurch auf den Hof von Seafront und fühlte sich unbehaglich, weil er eigentlich Latigo erwartet hatte… und wenn Roy sich nicht sehr irrte, war es nicht Latigo, der gekommen war.
    Miguel schlurfte näher, grinste sein altes Zahnfleischgrinsen und nahm die Zügel von Jonas’ Pferd.
    »Reconocimiento.«
    »De nada, jefe.«
    Jonas trat ein, sah Olive Thorin wie einen unglücklichen Geist im Salon sitzen und nickte ihr zu. Sie nickte zurück und brachte dabei ein klägliches Lächeln zustande.
    »Sai, Jonas, wie gut Ihr ausseht. Wenn Ihr Hart seht…«
    »Erflehe Ihre Verzeihung, Lady, aber ich bin gekommen, um den Kanzler zu sprechen«, sagte Jonas. Er ging rasch nach oben zur Suite des Kanzlers, dann einen schmalen gemauerten Flur entlang, der (nicht besonders gut) von Gaslaternen erhellt wurde.
    Als er das Ende des Flurs erreichte, klopfte er an die Tür – ein massives Ding aus Eiche und Messing in einem eigenen Torbogen. Rimer lag nichts an jemandem wie Susan Delgado, aber er liebte die Symbole der Macht; das nahm die Krümmung aus seiner Nudel und machte sie hart. Jonas klopfte.
    »Herein, mein Freund«, rief jemand – es war nicht die Stimme von Rimer. Es folgte ein kicherndes Lachen, bei dem Jonas eine Gänsehaut bekam. Er lacht wie ein Toter, hatte Roy gesagt.
    Jonas stieß die Tür auf und trat ein. Rimer lag ebenso wenig an Weihrauch wie an den Lenden und Lippen von Frauen, aber heute brannte Weihrauch hier – ein Holzgeruch, bei dem Jonas an den Hof in Gilead denken musste, an Staatsempfänge im Großen Saal. Die Gaslampen waren aufgedreht. Die Vorhänge – purpurner Samt, die Farbe der Könige, Rimers unbestreitbare Lieblingsfarbe – bebten unmerklich im Hauch der Meeresbrise, die zu den offenen Fenstern hereinwehte. Von Rimer war keine Spur zu sehen. Übrigens auch von sonst niemandem. Das Zimmer hatte einen kleinen Balkon, aber die Tür, die hinaus führte, stand offen, und auch dort hielt sich niemand auf.
    Jonas trat ein Stück weiter ins Zimmer und sah in den goldgerahmten Spiegel auf der anderen Seite, damit er hinter sich schauen konnte, ohne den Kopf zu drehen. Links vor ihm stand ein Tisch, wo für zwei Personen gedeckt und ein kalter Imbiss angerichtet worden war, aber beide Stühle waren frei. Und doch hatte jemand zu ihm gesprochen. Jemand, der, wie es sich anhörte, unmittelbar auf der anderen Seite der Tür gestanden hatte. Jonas zog den Revolver.
    »Jetzt aber«, sagte die Stimme, die ihn hereingebeten hatte. Sie sprach von unmittelbar hinter Jonas’ linker Schulter. »Das ist nicht nötig, wir sind alle Freunde hier. Alle auf derselben Seite, wirklich.«
    Jonas wirbelte herum und fühlte sich plötzlich alt und langsam. Ein mittelgroßer Mann stand da, kräftig gebaut, wie es aussah, mit hellblauen Augen und den rosigen Wangen, die entweder auf gute Gesundheit oder guten Wein hindeuten. Seine offenen, lächelnden Lippen

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