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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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bevorstehender Ansprache in Umlauf gebracht hatte, war nicht anwesend. Sie wusste, was Lengyll sagen würde; hatte sogar Jonas’ Begründung unterstützt, dass es so einfach und geradeheraus wie möglich sein sollte. Es bestand keine Veranlassung, die Leute aufzuhetzen; am Erntetag würden die Stadtbewohner bis Sonnenuntergang ein Mob sein, und ein Mob suchte sich stets seine eigenen Anführer, und er suchte sich stets die richtigen.
    Lengyll hielt während seiner Ansprache den Hut in einer Hand und hatte ein silbernes Ernteamulett vorn auf der Weste hängen. Er fasste sich kurz, nahm kein Blatt vor den Mund und wirkte überzeugend. Die meisten Zuhörer kannten ihn ihr ganzes Leben lang und stellten keines seiner Worte infrage.
    Hart Thorin und Kimba Rimer waren von Dearborn, Heath und Stockworth ermordet worden, sagte Lengyll der Menge aus Männern in Jeans und Frauen in ausgebleichten Baumwollkleidern. Als Täter waren sie anhand eines bestimmten Gegenstands überführt worden – eines Vogelschädels –, der auf Bürgermeister Thorins Schoß zurückgelassen worden war.
    Darauf ertönte Gemurmel. Viele von Lengylls Zuhörern hatten den Schädel entweder am Knauf von Cuthberts Sattel oder an einer Kette um dessen Hals gesehen. Sie hatten stets über diesen Ulk gelacht. Nun mussten sie daran denken, wie er immer zurückgelacht hatte, und ihnen wurde klar, dass er eigentlich die ganze Zeit über einen gänzlich anderen Witz gelacht hatte. Ihre Gesichter verfinsterten sich.
    Die Waffe, mit der dem Kanzler die Kehle aufgeschlitzt worden sei, habe Dearborn gehört. Die drei jungen Männer seien heute Morgen festgenommen worden, als sie ihre Flucht aus Mejis vorbereiteten. Ihre Motive seien nicht völlig klar, aber wahrscheinlich hatten sie es auf Pferde abgesehen gehabt. In dem Fall mussten sie für John Farson bestimmt gewesen sein, der bekanntermaßen gut für brauchbare Pferde bezahlte, und das in bar. Mit anderen Worten, sie waren Verräter an ihrem eigenen Land und an der Sache des Bundes.
    Lengyll hatte Brian Hookeys Sohn Rufus drei Reihen weiter hinten platziert. Nun rief Rufus Hookey genau zum verabredeten Zeitpunkt: »Haben sie gestanden?«
    »Aye«, sagte Lengyll. »Beide Morde gestanden und voller Stolz davon gesprochen, das haben sie.«
    Darauf wurde lautes Murmeln laut, fast ein Grollen. Es verlief wie eine Welle nach draußen, wo es von Mund zu Mund weitergegeben wurde: voller Stolz, voller Stolz, sie hatten im Dunkel der Nacht gemordet und voller Stolz davon gesprochen.
    Mundwinkel wurden nach unten gezogen. Fäuste geballt.
    »Dearborn hat gesagt, dass Jonas und seine Freunde herausgefunden hätten, was die Jungen vorhatten, um daraufhin Rimer davon zu unterrichten. Sie haben Kanzler Rimer getötet, um ihn ein für alle Mal zum Schweigen zu bringen, während sie weiter ihre Pläne durchführen, und Thorin für den Fall, dass Rimer ihn in Kenntnis gesetzt hat.«
    Das ergebe eigentlich keinen Sinn, hatte Latigo angemerkt, und Jonas hatte dazu lächelnd genickt. Nein, hatte er gesagt, kein bisschen Sinn, aber das spielt überhaupt keine Rolle.
    Lengyll war darauf vorbereitet, Fragen zu beantworten, aber es wurden keine gestellt. Nur das Murmeln, die finsteren Blicke, das gedämpfte Klicken und Klirren von Ernteamuletten, als die Leute unruhig von einem Bein aufs andere traten.
    Die Jungen saßen nun also im Gefängnis. Lengyll gab nicht bekannt, was weiter mit ihnen geschehen würde, und wurde auch da nicht gefragt. Er sagte, dass einige der für den nächsten Tag vorgesehenen Tätigkeiten – die Spiele, die Fahrten, das Truthahnwettrennen, das Kürbispreisschnitzen, der Schweinewettlauf, der Rätselwettstreit und der Tanz – mit Rücksicht auf die tragischen Ereignisse abgesagt worden seien. Worauf es wirklich ankomme, das werde natürlich stattfinden, so wie es immer gewesen sei und sein müsse: die Beurteilung des Viehs, das Pferdeziehen, die Schafschur, die Versammlung der Züchter und die Auktionen: Pferde, Schweine, Kühe, Schafe. Und das Freudenfeuer bei Mondaufgang. Das Freudenfeuer und das Verbrennen der Strohpuppen. Charyou-Baum war das Ende des Erntejahrmarkts, so war es seit Menschengedenken. Nichts würde sie davon abhalten, es sei denn das Ende der Welt.
    »Das Freudenfeuer wird brennen, und die Strohpuppen werden mit ihm verbrennen«, hatte Eldred Jonas zu Lengyll gesagt. »Nur das werden Sie sagen. Nur das müssen Sie sagen.«
    Und er hatte Recht gehabt, wie Lengyll jetzt sah. Es stand in

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