Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
allen Gesichtern geschrieben. Nicht nur die Entschlossenheit, das Richtige zu tun, sondern eine Art schmutziger Begierde. Es gab alte Bräuche, alte Rituale, von denen die Strohpuppen mit den roten Händen nur ein Überbleibsel waren. Es gab los ceremonias: Charyou-Baum. Es war Generationen her, seit sie zuletzt ausgeübt wurden (abgesehen von vereinzelten Vorkommnissen an geheimen Orten in den Bergen), aber manchmal, wenn die Welt sich weiterbewegte, kamen sie wieder dort an, wo sie angefangen hatten.
    Machen Sie es kurz, hatte Jonas gesagt, und das war ein guter Rat gewesen, wahrlich ein guter Rat. Einen Mann wie ihn hätte Lengyll in friedlicheren Zeiten nicht um sich haben wollen, aber in Zeiten wie den jetzigen war er äußerst nützlich.
    »Die Götter mögen euch Frieden geben«, sagte er nun, trat einen Schritt zurück und verschränkte die Arme mit den Händen auf den Schultern, um zu zeigen, dass er fertig war. »Mögen die Götter uns allen Frieden geben.«
    »Lange Tage und friedliche Nächte«, antworteten sie, ein tiefer, unwillkürlicher Refrain. Und dann drehten sie sich einfach um und gingen hinaus, wo immer die Leute am Nachmittag vor dem Erntefest auch hingehen mochten. Bei vielen, das wusste Lengyll, würde es der Traveller’s Rest oder das Hotel Bayview sein. Er hob eine Hand und wischte sich die Stirn ab. Er hasste es, vor Menschen zu stehen, und so wie heute hatte er es noch nie gehasst, aber er fand, dass es gut gelaufen war. Wirklich sehr gut.
     
     
    6
     
    Die Menge zerstreute sich stumm. Die meisten gingen, wie Lengyll vorhergesehen hatte, in die Saloons. Ihr Weg führte sie am Gefängnis vorbei, aber die wenigsten sahen hin… und die wenigen, die es doch taten, taten es mit kurzen, verstohlenen Blicken. Die Veranda lag verlassen da (abgesehen von der plumpen Strohpuppe mit den roten Händen auf Sheriff Averys Schaukelstuhl), und die Tür war nur angelehnt, so wie es an warmen und sonnigen Nachmittagen üblich war. Die Jungen waren drinnen, kein Zweifel, aber nichts deutete darauf hin, dass sie mit besonderem Eifer bewacht wurden.
    Wenn die Männer, die bergab zum Traveller’s Rest und dem Bayview gingen, sich zu einer Bande zusammengefunden hätten, hätten sie Roland und seine Freunde ohne große Mühe herausholen können. Stattdessen gingen sie aber nur mit gesenktem Kopf vorbei und gingen gleichmütig und wortlos dort hin, wo ein kräftiger Schluck auf sie wartete. Heute war nicht der Tag. Heute Nacht auch nicht die Nacht.
    Morgen hingegen…
     
     
    7
     
    Nicht weit von der Bar K entfernt sah Susan etwas auf dem lang gezogenen Hang des Graslands der Baronie, bei dessen Anblick sie die Zügel zog, um dann mit offenem Mund zu verharren. Unter ihr und weit nach Osten, mindestens drei Meilen weit, hatte eine Gruppe von einem Dutzend Cowboys die größte Herde von Pferden auf der Schräge zusammengetrieben, die sie je zu Gesicht bekommen hatte: alles in allem wahrscheinlich vierhundert Tiere. Sie trabten träge dahin und ließen sich, ohne die geringsten Schwierigkeiten zu machen, in die Richtung treiben, die die vaqs ihnen wiesen.
    Denken wahrscheinlich, sie werden für den Winter reingetrieben, dachte Susan.
    Aber sie zogen nicht etwa in die Richtung der Ranches, die an der Kuppe der Schräge entlang lagen; die Herde, so groß, dass sie wie ein Wolkenschatten über das Gras strömte, wurde nach Westen getrieben, zum Hanging Rock.
    Susan hatte alles geglaubt, was Roland ihr erzählt hatte, aber das, was sie hier sah, bewies ihr den Wahrheitsgehalt seiner Worte auf eine unmittelbare Weise, die sie umgehend in Zusammenhang mit ihrem toten Vater bringen konnte.
    Pferde, ’ne ganze Herde.
    »Ihr Dreckskerle«, murmelte sie vor sich hin. »Ihr pferdestehlenden Dreckskerle.«
    Sie ließ Pylon kehrtmachen und ritt zu der ausgebrannten Ranch. Zu ihrer Rechten wurde ihr Schatten bereits immer länger. Am Himmel leuchtete der Dämonenmond geisterhaft am Taghimmel.
     
     
    8
     
    Sie hatte sich Sorgen gemacht, Jonas könnte Männer auf der Bar K zurückgelassen haben – aus welchem Grund allerdings, wusste sie nicht zu sagen, aber ihre Befürchtung erwies sich sowieso als grundlos. Die Ranch lag so gottverlassen da wie in den fünf oder sechs Jahren seit dem Brand, der sie vernichtet hatte, bis zur Ankunft der Jungen aus Innerwelt. Sie konnte jedoch Spuren der morgendlichen Konfrontation erkennen, und als sie das Schlafhaus betrat, wo die drei einquartiert gewesen waren, sah sie das

Weitere Kostenlose Bücher