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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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klaffende Loch in den Bodendielen sofort. Jonas hatte es nicht wieder zugemacht, nachdem er Alains und Cuthberts Waffen herausgeholt hatte.
    Sie ging den Mittelgang zwischen den Pritschen entlang, kniete sich hin und sah in das Loch. Nichts. Und doch bezweifelte sie, ob das, wonach sie suchte, sich überhaupt hier befunden hatte – das Loch war nicht groß genug.
    Sie hielt inne und betrachtete die drei Pritschen. Welche war die von Roland? Sie vermutete, sie könnte es herausfinden – ihre Nase würde es ihr verraten, sie kannte den Geruch seines Haars und seiner Haut sehr wohl –, hielt es aber für besser, solche Anwandlungen zu unterdrücken. Jetzt musste sie kühlen Kopf bewahren und flink sein – handeln, ohne zu zögern oder zu schwanken.
    Asche, flüsterte Tante Cord in ihrem Kopf so leise, dass sie es kaum hören konnte. Susan schüttelte ungeduldig den Kopf, so als wollte sie die Stimme vertreiben, und ging hinaus.
    Hinter dem Schlafhaus fand sie nichts, auch nicht hinter dem Abort oder daneben. Als Nächstes ging sie zur Rückseite des alten Kochschuppens, und dort fand sie endlich, wonach sie gesucht hatte, achtlos abgestellt und nicht einmal versuchsweise versteckt: die beiden kleinen Fässer, die sie zuletzt auf Caprichosos Rücken gesehen hatte.
    Beim Gedanken an den Esel musste sie auch an Sheemie denken, wie er – groß wie ein Mann, aber mit dem hoffnungsvollen Gesicht eines Jungen – auf sie herabsah. Ich hätte gern einen fin-de-año- Kuss von dir, das hätte ich.
    Sheemie, dem »Mr. Arthur Heath« das Leben gerettet hatte. Sheemie, der die Rache der Hexe riskiert hatte, indem er Cuthbert die Nachricht anvertraute, die eigentlich nur für ihre Tante bestimmt gewesen war. Sheemie, der die Fässer hierher gebracht hatte. Sie waren mit Ruß geschwärzt worden, um sie leidlich zu tarnen, und als Susan nun die Deckel abnahm, bekam sie etwas davon auf die Hände und die Ärmel ihres Hemds – wieder Asche. Aber die Feuerwerkskörper befanden sich noch darin: die runden, großen Kanonenschläge und die kleineren Kracher.
    Von beiden nahm sie, so viel sie konnte, stopfte sich die Taschen damit voll, bis sie ganz ausgebeult waren, und trug den Rest dann auf den Armen zu ihrem Pferd. Sie verstaute sie in den Satteltaschen, dann sah sie zum Himmel hinauf. Halb vier. Sie wollte frühestens bei Einbruch der Dämmerung wieder in Hambry sein, was bedeutete, dass sie noch mindestens eine Stunde warten musste. Nun hatte sie doch ein wenig Zeit, sich ihren Anwandlungen von vorhin hinzugeben.
    Susan ging ins Schlafhaus zurück und fand tatsächlich mühelos das Bett, das Rolands gewesen war. Sie kniete daneben wie ein Kind beim Nachtgebet, legte das Gesicht auf das Kissen und atmete tief ein.
    »Roland«, sagte sie mit gedämpfter Stimme. »Wie ich Ihn liebe. Wie ich Ihn liebe, Teuerster.«
    Sie legte sich auf sein Bett, sah zum Fenster und beobachtete, wie das Licht versickerte. Einmal hob sie die Hände vor die Augen und untersuchte den Ruß des Fasses an ihren Fingern. Sie überlegte kurz, ob sie zur Pumpe vor dem Kochschuppen gehen solle, um sich zu waschen, entschied sich dann aber dagegen. Sollte der Ruß doch dranbleiben. Sie waren ka-tet, eins aus vielen, stark im Entschluss und stark in der Liebe.
    Sollte die Asche ruhig dranbleiben und ihr Schlimmstes versuchen.
     
     
    9
     
    Meine Susie hat ihre Fehler, aber sie ist immer pünktlich, pflegte Pat Delgado zu sagen. Schrecklich pünktlich sogar, dieses Mädchen.
    Das traf auch in der Nacht vor dem Erntefest zu. Sie mied ihr eigenes Haus und ritt, keine zehn Minuten nachdem die Sonne endlich hinter den Hügeln untergegangen war und dicke malvenfarbene Schatten die Hauptstraße füllten, zum Traveller’s Rest.
    Die Straße wirkte seltsam verlassen, wenn man bedachte, dass es der Abend vor dem Erntefest war; die Kapelle, die letzte Woche jeden Abend im Green Heart gespielt hatte, war verstummt; ab und zu knatterten Feuerwerkskörper, aber man hörte keine schreienden, lachenden Kinder mehr; nur wenige der vielen bunten Lampions waren angezündet worden.
    Strohpuppen schienen von jeder schattigen Veranda zu starren. Susan erschauerte beim Anblick von deren leeren weißen Kreuzstichaugen.
    Die Lage im Traveller’s Rest war gleichermaßen seltsam. Am Balken zum Anbinden der Pferde war kein Plätzchen mehr frei (am Querholz des Ladens auf der gegenüberliegenden Straßenseite waren noch mehr Pferde angebunden worden), und aus allen Fenstern fiel Licht –

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