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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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so viele Fenster und so viele Lichter, dass der Saloon wie ein riesiges Schiff auf dunkler See aussah –, aber das übliche Tohuwabohu und Gejohle zu den Jagtime-Klängen von Shebs Klavier fehlte.
    Sie stellte fest, dass sie sich die Kundschaft im Inneren nur zu gut vorstellen konnte – hundert Männer, vielleicht mehr –, die einfach nur herumstanden und tranken. Keine Unterhaltungen, kein Gelächter, keine rollenden Würfel an der Satansbahn noch Johlen oder Stöhnen über Spielergebnisse. Keine Hintern wurden gekniffen oder gestreichelt; keine Ernteküsse gestohlen; kein Streit mit losem Mundwerk angezettelt oder mit geballten Fäusten ausgetragen. Nur Männer, die tranken – keine dreihundert Schritte von der Stelle entfernt, wo ihr Liebster und seine Freunde eingesperrt waren. Die Männer, die hier waren, würden heute Nacht allerdings nichts anderes machen als trinken. Und wenn sie Glück hatte… wenn sie tapfer war und Glück hatte…
    Als sie Pylon mit einem gemurmelten Wort vor den Saloon zog, erhob sich eine Gestalt aus dem Schatten. Susan spannte jeden Muskel an, doch dann ergriff das erste orangerote Licht des aufgehenden Mondes das Gesicht von Sheemie. Sie entspannte sich wieder – und lachte sogar leicht, hauptsächlich über sich selbst. Er war ein Teil ihres Ka-Tet; das wusste sie. War es überraschend, dass er es auch wusste?
    »Susan«, murmelte er, nahm die sombrera ab und hielt sie an die Brust. »Ich hab auf Sie gewartet.«
    »Warum?«, fragte sie.
    »Weil ich wusste, dass du kommst.« Er blickte über die Schulter zum Traveller’s Rest, ein schwarzer Klotz, der irres Licht in alle Himmelsrichtungen abstrahlte. »Wir werden Arthur und die anderen befreien, nicht wahr?«
    »Ich hoffe es«, sagte sie.
    »Wir müssen. Die Leute da drinnen, die reden nicht, aber sie müssen auch nicht reden. Aber ich weiß es besser, Susan Patstochter. Ich weiß es besser.«
    Natürlich wusste er das, dachte Susan. »Ist Coral drinnen?«
    Sheemie schüttelte den Kopf. »Zum Haus des Bürgermeisters gegangen. Sie hat Stanley gesagt, sie hilft, die Toten für das Begräbnis übermorgen vorzubereiten, aber ich glaub nicht, dass sie zum Begräbnis hier ist. Ich glaub, die Großen Sargjäger gehn fort, und sie geht mit ihnen.« Er hob eine Hand und wischte sich die tränenden Augen ab.
    »Dein Esel, Sheemie…«
    »Schon gesattelt, und ich hab den langen Strick.«
    Sie sah ihn mit offenem Mund an. »Woher hast du gewusst…«
    »So, wie ich gewusst hab, dass du kommst, Susan-Sai. Ich wusste es einfach.« Er zuckte die Achseln und zeigte in die ungefähre Richtung. »Capi ist da hinten. Ich hab ihn an die Wasserpumpe vom Koch gebunden.«
    »Das ist gut.« Sie kramte in der Satteltasche, wo sie die Kracher versteckt hatte. »Hier. Nimm ein paar davon. Hast du ein paar Schwefelhölzer bei dir?«
    »Aye.« Er stellte keine Fragen, sondern steckte die Kracher einfach in die Hosentasche. Sie jedoch, die in ihrem ganzen Leben noch nie durch die Schwingtür des Traveller’s Rest gegangen war, hatte noch eine Frage an ihn.
    »Was machen die Gäste mit ihren Mänteln und Hüten und serapes, wenn sie reinkommen, Sheemie? Sie müssen sie doch abnehmen; beim Trinken wird einem bestimmt warm.«
    »Oh, aye. Die legen sie auf einen langen Tisch gleich hinter der Tür. Manche zanken sich dann, wem was gehört, wenn’s nach Hause geht.«
    Sie nickte und dachte kurz angestrengt nach. Er stand vor ihr, die sombrera immer noch an die Brust gedrückt, und ließ sie nachdenken, etwas, was er nicht konnte… jedenfalls nicht nach landläufiger Meinung. Schließlich hob sie wieder den Kopf.
    »Sheemie, wenn du mir hilfst, bist du in Hambry erledigt… in Mejis erledigt… im ganzen Äußeren Bogen erledigt. Du musst mit uns kommen, wenn uns die Flucht gelingt. Verstehst du das, ja?«
    Sie sah, dass er es verstand; sein Gesicht leuchtete bei dem Gedanken förmlich auf. »Aye, Susan! Ich komme mit dir mit und mit Will Dearborn und Richard Stockworth und meinem besten Freund, Mr. Arthur Heath! Nach Innerwelt! Wir werden Gebäude und Statuen und Frauen in Kleidern wie Feenprinzessinnen sehen, und…«
    »Wenn wir geschnappt werden, dann werden wir das nicht überleben.«
    Er hörte auf zu lächeln, aber sein Blick wurde nicht schwankend. »Aye, getötet werden wir, wenn erwischt, höchstwahrscheins.«
    »Wirst du mir trotzdem helfen?«
    »Capi ist gesattelt«, wiederholte er nur. Susan fand, dass das als Antwort genügte. Sie ergriff die

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