Der Dunkle Turm 4 - Glas
seine Lunge erlaubte, und atmete dann aus. Besser. Ein wenig.
»Roy.«
»Aye, Jonas.«
Es wäre gut, von hier zu verschwinden, dachte Jonas, und nicht zum ersten Mal. Fort von diesen Bauerntölpeln. Er hatte es satt, hatte dieses Aye und Ihr und So ist es durch und durch satt.
»Roy, diesmal zählen wir bis zehn für diese Hexe. Wenn sie mir bei zehn nicht aus den Augen gegangen ist, hast du meine Erlaubnis, ihr den Arsch wegzuschießen. Lass sehen, ob du so weit zählen kannst. Ich werde genau zuhören, damit du keine Zahl überspringst!«
»Eins«, sagte Depape eifrig. »Zwei. Drei. Vier.«
Rhea spie Verwünschungen aus, schnappte sich die Zügel des Karrens und schlug damit dem Pony auf den Rücken. Das Pony legte die Ohren an und zog den Wagen so ruckartig an, dass Rhea vom Sitzbrett fiel und die Füße in die Luft ragten, sodass ihre weißen und knochigen Schienbeine über den schwarzen Halbstiefeln und zwei verschiedenfarbigen Socken zum Vorschein kamen. Die vaqueros lachten. Jonas lachte auch. Es war schon ziemlich komisch, sie so auf dem Rücken liegen zu sehen, während sie die Stelzen in die Luft streckte.
»Fü-hü- hüünf!«, sagte Depape, der so heftig lachte, dass er einen Schluckauf bekam. »Sek-sek- sechs! «
Rhea kam wieder hoch, ließ sich mit der Anmut eines sterbenden Fischs auf das Sitzbrett fallen und drehte sich mit aufgerissenen Augen und höhnischer Fratze zu ihnen um.
»Ich verfluche euch alle!«, kreischte sie. Der Fluch fuhr durch die Anwesenden hindurch und brachte ihr Gelächter zum Verstummen, während der Karren zum Rand der niedergetrampelten Lichtung rumpelte. »Jeden Einzelnen von euch! Dich… und dich… und dich!« Mit ihrem gichtigen Finger zeigte sie zuletzt auf Jonas. »Dieb! Elender Dieb!«
Als ob sie dir gehörte, dachte Jonas (obwohl sein erster Gedanke ja auch »Sie gehört mir!« gewesen war, als er sie an sich genommen hatte). Als ob so etwas Wunderbares je einer hinterwäldlerischen Gekrösedeuterin, wie du eine bist, gehören könnte.
Der Karren rollte schwankend durch das Böse Gras, und das Pony legte sich mit angelegten Ohren so fest ins Geschirr, wie es konnte; die Schreie der alten Frau trieben es besser an, als jede Peitsche es vermocht hätte. Der schwarze Karren verschwand im Grün. Sie sahen den Wagen flackern wie bei einem Kunststückchen eines Gauklers, dann war er verschwunden. Aber sie hörten noch lange, wie sie ihre Flüche kreischte und ihnen allen unter dem Dämonenmond den Tod wünschte.
15
»Los«, sagte Jonas zu Clay Reynolds. »Bring unseren Sonnenschein zurück. Und wenn du unterwegs anhalten und etwas mit ihr anstellen willst, bitte sehr.« Er sah Susan an, als er das sagte, um zu sehen, welche Wirkung seine Worte haben würden, wurde aber enttäuscht – sie sah wie benommen aus, so als hätte Renfrews letzter Schlag ihr das Gehirn durchgeschüttelt, zumindest vorübergehend. »Sieh aber zu, dass du sie bei Coral ablieferst, wenn du deinen Spaß gehabt hast.«
»Mach ich. Irgendwelche Nachrichten für Sai Thorin?«
»Sag ihr, sie soll das Flittchen sicher verwahren, bis sie etwas von mir hört. Und… warum bleibst du eigentlich nicht bei ihr, Clay? Bei Coral, meine ich. Ich glaube nicht, dass wir uns noch Gedanken über dieses Herzchen machen müssen, aber Coral… Reite mit ihr nach Ritzy, wenn sie aufbricht. Sozusagen als ihre Eskorte.«
Reynolds nickte. Das wurde immer besser. Nach Seafront, das war ausgezeichnet. Wenn er dort ankam, würde er das Mädchen vielleicht ein bisschen vernaschen, aber nicht unterwegs. Nicht am helllichten Tag unter dem gespenstischen vollen Dämonenmond.
»Dann los. Zisch ab.«
Reynolds führte sie über die Lichtung zu einem Punkt, der ein gutes Stück von der Bresche im Gras entfernt lag, wo Rhea ihren Abgang gemacht hatte. Susan ritt stumm dahin und hatte dabei die niedergeschlagenen Augen auf ihre gefesselten Handgelenke gerichtet.
Jonas drehte sich zu den Männern um. »Die drei jungen Burschen aus Innerwelt sind mithilfe dieser anmaßenden jungen Schlampe aus dem Gefängnis ausgebrochen«, sagte er und deutete auf Susans Rücken.
Leises, knurrendes Murmeln ertönte aus den Reihen der Männer. Dass »Will Dearborn« und seine Freunde frei waren, hatten sie gewusst; dass Sai Delgado ihnen bei der Flucht geholfen hatte, nicht… und in diesem Augenblick war es wahrscheinlich gut für sie, dass Reynolds sie durch das Böse Gras aus ihrem Blickfeld führte.
»Das ist jetzt aber
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