Der Dunkle Turm 4 - Glas
Laufschritt. Er sollte ihr fast den ganzen Tag lang folgen.
13
Cuthbert – der schon unter normalen Umständen nicht der Gelassenste war – wurde immer ungeduldiger, als der Tag heller wurde und die wirkliche Dämmerung näher rückte. Ernte, dachte er. Ernte ist endlich da, und hier sitzen wir mit gewetzten Messern und haben nichts, was wir schneiden könnten.
Zweimal fragte er Alain, was er »höre«. Beim ersten Mal grunzte Alain nur. Beim zweiten Mal fragte er, was Bert denn erwarte, dass er hören würde, wenn ihm andauernd jemand ins Ohr kläffe.
Cuthbert, der zwei Fragen innerhalb einer Viertelstunde nicht als »andauerndes Kläffen« betrachtete, schlenderte davon und setzte sich verdrossen vor sein Pferd. Nach einer Weile kam Roland und hockte sich zu ihm.
»Warten«, sagte Cuthbert. »Das haben wir während unserer Zeit in Mejis am meisten gemacht, und es ist genau das, was ich am schlechtesten kann.«
»Du wirst es nicht mehr lange tun müssen«, sagte Roland.
14
Jonas und seine Begleitung erreichten die Stelle, wo Fran Lengylls Gruppe vorübergehend ihr Lager aufgeschlagen hatte, etwa eine Stunde nachdem die Sonne über dem Horizont aufgegangen war. Quint, Rhea und Renfrews vaqs waren schon da und tranken Kaffee, wie Jonas zu seiner Freude sah.
Lengyll kam nach vorn, sah Susan mit gefesselten Händen reiten und wich tatsächlich einen Schritt zurück, als wollte er sich in einem stillen Winkel verkriechen. Aber es gab hier draußen keine Winkel und Ecken, und so blieb er stehen. Aber glücklich sah er dabei nicht aus.
Susan trieb ihr Pferd mit den Knien voran, und als Reynolds sie an der Schulter packen wollte, beugte sie sich zur Seite und entkam ihm so vorerst.
»Schau an, Francis Lengyll! Euch hier zu treffen!«
»Susan, es tut mir Leid, dich so zu sehen«, sagte Lengyll. Seine Röte näherte sich immer mehr der Stirn wie eine Flut einem Damm. »In schlechte Gesellschaft hast du dich begeben, Mädchen… und am Ende lässt dich schlechte Gesellschaft im Stich.«
Susan lachte tatsächlich. »Schlechte Gesellschaft!«, sagte sie. »Aye, darüber wisst Ihr ja bestens Bescheid, oder nicht, Fran?«
Er drehte sich in seiner Verlegenheit steif und ungelenk um. Sie hob einen Fuß, und ehe sie jemand daran hindern konnte, trat sie ihm fest zwischen die Schulterblätter. Er landete auf dem Bauch und verzog das Gesicht vor Entsetzen und Überraschung.
»Wag das nicht, du freche Fotze!«, brüllte Renfrew und versetzte ihr einen Schlag seitlich gegen den Kopf – auf die linke Seite, womit wenigstens wieder eine gewisse Symmetrie hergestellt wurde, sollte sie später denken, als sie wieder klarer denken konnte. Sie schwankte im Sattel, blieb aber sitzen. Und sie sah Renfrew nicht an, nur Lengyll, der sich auf Hände und Knie aufgerichtet hatte. Sein Gesichtsausdruck war benommen.
»Ihr habt meinen Vater umgebracht!«, schrie sie ihn an. »Ihr habt meinen Vater umgebracht, Ihr feiger, verlogener Jammerlappen von einem Mann!« Sie betrachtete die Gruppe von Ranchern und vaqs, die sie nun alle anstarrten. »Da ist er, Fran Lengyll, Vorstand des Pferdezüchterverbands, und der niedrigste Kriecher, den es jemals gab! Niedriger als Kojotenscheiße! Niedriger als…«
»Das reicht«, sagte Jonas und verfolgte interessiert, wie Lengyll mit hängenden Schultern zu seinen Männern zurückfloh – ja, es war eine regelrechte Flucht, wie Susan zu ihrer bitteren Freude sah. Rhea gackerte, schwankte von einer Seite auf die andere und gab ein Geräusch von sich, als würde jemand mit Fingernägeln über eine Schiefertafel kratzen. Das Geräusch durchfuhr Susan, aber es überraschte sie kein bisschen, dass sich Rhea bei dieser Gruppe befand.
»Es könnte nie und nimmer reichen«, sagte sie und sah mit einem abgrundtiefen Ausdruck der Verachtung von Jonas zu Lengyll. »Für ihn könnte es nie und nimmer reichen.«
»Nun, vielleicht, aber du hast es in der Zeit, die dir zur Verfügung stand, ziemlich gut gemacht, Lady-Sai. Wenige hätten es besser machen können. Und hör dir das Kichern der Hexe an! Wie Salz in seinen Wunden, dünkt mir… aber wir werden ihr bald das Maul stopfen.« Dann drehte er den Kopf: »Clay!«
Reynolds ritt zu ihm.
»Glaubst du, du kannst Sonnenschein unbeschadet nach Seafront zurückbringen?«
»Ich glaube schon.« Reynolds versuchte, sich die Erleichterung nicht anmerken zu lassen, die er empfand, weil er zurück nach Osten geschickt wurde, statt weiter
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