Der Dunkle Turm 4 - Glas
Ka es verfügen; ich wäre nicht die erste Frau, die als Mutter ins Bett ihres Mannes kommt. Und macht es mich zur Hure, das zu tun? Das Gesetz sagt Nein, doch darauf kommt es nicht an; einzig das Gesetz meines Herzens zählt, und mein Herz sagt, wenn ich das Land bekommen kann, das meinem Da’ gehörte, und drei Pferde obendrein, die darauf grasen, indem ich eine bin, dann will ich eben eine Hure sein.
Da war noch etwas: Tante Cord hatte – ziemlich ruchlos, wie Susan nun einsah – ihre kindliche Unschuld ausgenutzt. Von dem Baby hatte Tante Cord in den höchsten Tönen gesungen, dem niedlichen kleinen Baby, das sie bekommen würde. Tante Cord hatte gewusst, dass Susan, die die Puppen ihrer Kindheit noch nicht lange weggeräumt hatte, der Gedanke gefallen würde, ein eigenes Baby zu haben, eine kleine lebende Puppe, die sie anziehen und füttern und mit der sie in der Nachmittagshitze ein Schläfchen halten konnte.
Freilich hatte Cordelia dabei außer Acht gelassen (vielleicht ist sie so arglos, dass sie nicht einmal daran gedacht hat, dachte Susan, glaubte es aber selbst nicht so recht), was das Hexenweib ihr an diesem Abend so gnadenlos deutlich gemacht hatte: Thorin wollte mehr als nur ein Kind.
Er will Titten und Arsch, die nicht unter seinen Händen nachgeben, und eine Dose, die auch noch packt, was er reinzustoßen hat.
Wenn sie nur an diese Worte dachte, pochte ihr Gesicht, während sie in der Dunkelheit nach Monduntergang in Richtung Stadt ging (und diesmal lief sie nicht unbekümmert dahin und sang auch nicht). Sie hatte bei ihrer Zustimmung verschwommen daran gedacht, wie sich das Zuchtvieh paarte – man erlaubte ihnen, es zu treiben, »bis der Same anschlug«, dann trennte man sie wieder. Aber nun wusste sie, dass Thorin ihr möglicherweise immer wieder beiwohnen wollen würde, und das Gesetz, das seit zweihundert Jahren mit eiserner Härte galt, sagte ausdrücklich, dass er ihr so lange beiwohnen konnte, bis sie, die bereits ihre persönliche Ehrbarkeit bewiesen hatte, ihre Ehrbarkeit darüber hinaus mit einem Kind unter Beweis stellte, einem Kind, das unversehrt sein musste… nicht etwa eine mutierte Missgeburt. Susan hatte diskret Erkundigungen eingezogen und wusste, dass dieser zweite Beweis für gewöhnlich im vierten Monat der Schwangerschaft angetreten werden musste… etwa zu dem Zeitpunkt, wenn man es ihr ansehen würde, auch wenn sie die Kleider anhatte. Es würde Rhea obliegen, dieses Urteil zu treffen… und Rhea konnte sie nicht ausstehen.
Jetzt, wo es zu spät war – wo sie die vom Kanzler förmlich aufgesetzte Übereinkunft akzeptiert hatte, wo jene verschrobene Schlampe ihre Ehrbarkeit bestätigt hatte –, reute sie die Abmachung. Sie dachte hauptsächlich daran, wie Thorin ohne Hosen aussehen würde, mit seinen weißen und dünnen Beinen, wie die Beine eines Storchs, und wie sie, wenn sie beisammen lagen, seine langen Knochen knacken hören würde: Knie und Rücken und Ellbogen und Hals.
Und Knöchel. Vergiss seine Knöchel nicht.
Aye. Die großen Knöchel eines alten Mannes, aus denen Haare wuchsen. Susan kicherte bei dem Gedanken, so komisch war es, aber gleichzeitig lief ihr eine warme Träne unbemerkt aus einem Augenwinkel und die Wange hinab. Sie wischte sie weg, ohne es zu bemerken, ebenso wenig wie das Klipp-klapp von Hufen, die im Staub des Weges langsam näher kamen. Mit den Gedanken war sie immer noch weit entfernt und beschäftigte sich mit dem seltsamen Ding, das sie durch das Schlafzimmerfenster der alten Frau gesehen hatte – das sanfte, aber irgendwie unangenehme Licht, das aus der rosa Kugel drang, die hypnotisierte Art und Weise, wie die Hexe sie angesehen hatte…
Als Susan das Pferd schließlich hörte, war ihr erster erschrockener Gedanke, dass sie sich in dem Wäldchen, das sie gerade passierte, verstecken musste. Die Chance, dass um diese Zeit ein rechtschaffener Reisender auf der Straße unterwegs war, kam ihr nicht sonderlich groß vor, besonders jetzt, wo so schlechte Zeiten in Mittwelt herrschten – aber dafür war es zu spät.
Also in den Straßengraben, und flach auf den Boden gedrückt. Da der Mond untergegangen war, bestand zumindest die Möglichkeit, dass der Reisende vorüberreiten würde, ohne…
Aber bevor sie den Gedanken auch nur zu Ende spinnen konnte, hatte der Reiter, der sich hinter ihr angeschlichen hatte, während sie ihren langen und wehmütigen Gedanken nachhing, sie grüßend angesprochen. »Einen guten Abend, Lady, und
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