Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 6 - Susannah

Titel: Der Dunkle Turm 6 - Susannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
»Commala-come-come! Wir lieben, was du sagst! Nur ein toter Nigger ist ein guter Nigger, also legt noch heute einen um!«
    Der Kautionssteller wird bald hier sein. Daran sollte sie sich festhalten, daran.
    Sie tritt an die Gitterstäbe, umfasst sie. Ja, dies ist Oxford Town, kein Zweifel, wieder mal Oxford, zwei Männer liegen tot im Mondschein, wegen der näheren Umstände sollte bald irgendjemand Ermittlungen anstellen. Aber sie wird hier rauskommen, und sie wird wegfliegen, wegfliegen, heimfliegen, und wenig später wird’s eine ganz neue Welt geben, die sie erforschen kann – mit einem neuen Menschen, den sie lieben kann, und einem neuen Menschen, der sie sein wird. Commala-come-come, die Reise hat gerade erst begonnen.
    Ach, aber das ist gelogen. Die Reise ist fast zu Ende. Im Innersten ihres Herzens weiß sie das.
    Am Ende des Korridors wird eine Tür geöffnet, dann kommen klickende Schritte näher. Sie blickt in diese Richtung – erwartungsvoll, weil sie den Kautionssteller oder einen Deputy mit einem Schlüsselring zu sehen erwartet –, aber stattdessen kommt dort eine Schwarze, die ein Paar geraubter Schuhe trägt. Es ist Odetta Holmes. War nicht in Morehouse, aber an der Columbia University. Und in all diesen Cafés drunten im Village. Und im Schloss am Abgrund, auch in jenem Haus, ja.
    »Pass mal auf«, sagt Odetta. »Hier kann dir niemand raushelfen als du selbst, Mädchen.«
    »Nur zu, genieß die Beine, solange du sie hast, Schätzchen!« Die Stimme, die sie aus ihrem Mund kommen hört, ist an der Oberfläche rau und feindselig, klingt darunter aber ängstlich. Detta Walkers Stimme. »Du wirst sie bald verliern! Sie werden dir vom A-Train abgetrennt! Von dem berühmten A-Train! Ein Mann namens Jack Mort wird dich an der Haltestelle Christopher Street auf die Gleise schubsen!«
    Odetta sieht sie gelassen an und sagt: »Der A-Train hält dort nicht. Er hat noch nie dort gehalten.«
    »Scheiße, was redste da, Schlampe?«
    Odetta lässt sich durch die zornige Stimme und die lästerliche Ausdrucksweise nicht täuschen. Und ob sie weiß, wovon sie redet. Die Säule der Wahrheit hat ein Loch. Das alles hier sind nicht Grammophonstimmen, sondern die unserer toten Freunde. In den in Trümmern liegenden Räumen spuken Geister. »Geh in den Dogan zurück, Susannah. Und merk dir, was ich sage: Nur du selbst kannst dich retten. Nur du selbst kannst dich aus Discordia erheben.«
     
     
    4
     
    Jetzt ist es David Brinkleys Stimme, die vermeldet, dass ein gewisser Stephen King bei einem Spaziergang in der Nähe seines Hauses von einem Dodge-Minivan angefahren und getötet worden sei. King sei zweiundfünfzig gewesen, sagt er, ein Verfasser zahlreicher Romane, darunter vor allem The Stand – Das letzte Gefecht, Shining und Brennen muss Salem. Ach, Discordia, sagt Brinkley, und die Welt wird dunkler.
     
     
    5
     
    Odetta Holmes, die Frau, die Susannah einst war, deutet durch die Gitterstäbe der Zelle an ihr vorbei. »Nur du selbst kannst dich retten«, sagt sie noch einmal. »Aber der Weg des Revolvers führt ebenso zur Verdammung wie zur Erlösung; letzten Endes besteht zwischen beiden kein Unterschied mehr.«
    Susannah macht kehrt, um zu sehen, wohin der Finger zeigt, und empfindet Entsetzen beim Anblick dessen, was sie dann sieht: Das Blut! Großer Gott, das viele Blut! In einer Schale voller Blut liegt irgendein monströses Ding, ein totes Baby, das nicht menschlich ist. Hat sie es etwa selbst getötet?
    »Nein!«, schreit sie. »Nein, das tue ich niemals! Das tue ich NIEMALS!«
    »Dann wird der Revolvermann sterben, und der Dunkle Turm wird einstürzen«, sagt die schreckliche Frau, die auf dem Gang steht, die schreckliche Frau, die Trudy Damascus’ Schuhe trägt. »Discordia in der Tat.«
    Susannah schließt die Augen. Kann sie eine Ohnmacht provozieren? Kann sie sich durch eine Ohnmacht aus dieser Zelle, aus dieser schrecklichen Welt hinauskatapultieren?
    Es gelingt ihr. Sie fällt in eine von leisem Maschinenpiepen erfüllte Dunkelheit nach vorn, und die letzte Stimme, die sie hört, ist die Walter Cronkites, die ihr mitteilt, dass Diem und Nhu tot sind, der Astronaut Alan Shepard tot ist, Lyndon Johnson tot ist, Richard Nixon tot ist, Elvis Presley tot ist, Rock Hudson tot ist, Roland von Gilead tot ist, Eddie von New York tot ist, Jake von New York tot ist, die Welt tot ist, die Welten tot sind, der Turm einstürzt, eine Trillion Universen verschmelzen, und alles ist Discordia, alles liegt in

Weitere Kostenlose Bücher