Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 6 - Susannah

Titel: Der Dunkle Turm 6 - Susannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
Luft. Der Bankettsaal hat nach Tod gerochen.
    Mia widersprach nicht. Susannah hatte den vagen Eindruck, die andere Frau suche alle möglichen Erinnerungen durch – begutachte, verwerfe, begutachte, verwerfe – und finde endlich eine, die ihr geeignet erschien.
    Wie kommen wir dorthin?, fragte Mia gleichgültig.
    Die schwarze Frau, die jetzt (wieder) aus zwei Frauen bestand, setzte sich auf eines der Betten und faltete die Hände auf dem Schoß. Wie mit einem Schlitten, sagte der Susannah-Teil der Frau. Ich schiebe, du lenkst. Und denk daran, Susannah-Mio: Wenn du willst, dass wir mit dir kooperieren, verlange ich ein paar ehrliche Antworten.
    Die bekommst du, antwortete der andere Teil. Erwarte nur nicht, dass sie dir gefallen werden. Oder dass du sie auch nur verstehen wirst.
    Was meinst du da…
    Schon gut! Götter, ich habe noch nie jemanden kennen gelernt, der so viele Fragen stellen konnte! Die Zeit drängt! Wenn das Telefon klingelt, ist unser Palaver zu Ende! Wenn du jetzt also noch palavern willst…
    Susannah dachte nicht daran, ihr Gelegenheit zu geben, den Satz zu Ende zu bringen. Sie schloss die Augen und ließ sich zurückfallen. Kein Bett hielt ihren Fall auf; sie fiel geradewegs hindurch. Sie fiel wirklich, stürzte durch den Weltenraum. Leise und in weiter Ferne konnte sie das Flitzer-Glockenspiel hören.
    Da war ich wieder, dachte sie. Und: Eddie, ich liebe dich.
     
     
     
     
     
    VORSÄNGER: Commala-gin-jive
    Ain’t it grand to be alive?
    To look out on Discordia
    When the Demon Moon arrives.
     
    CHOR: Commala-come-five!
    Even when the shadows rise!
    To see the world and walk the world
    Makes ya glad to be alive.

 
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    6. Strophe
     
    A UF DEM W EHRGANG

1
     
    Plötzlich fiel sie in ihren Körper zurück, und dieses Gefühl weckte eine Erinnerung von blendender Leuchtkraft: Odetta Holmes mit sechzehn, die im Unterrock auf ihrem Bett sitzt, in einem Streifen hellen Sonnenlichts sitzt und einen Seidenstrumpf hochzieht. In dem Augenblick, den diese Erinnerung andauerte, konnte sie das Parfüm White Shoulders und Pond’s Beauty Bar riechen, die Seife ihrer Mutter und das von ihrer Mutter ausgeliehene Parfüm, schon so erwachsen, dass sie Parfüm nehmen durfte, und sie dachte: Heute ist der Frühlingsschwof. Und ich gehe mit Nathan Freeman hin!
    Dann war die Erinnerung fort. Der süße Geruch von Pond’s-Seife wurde durch eine saubere und kalte (aber irgendwie moderige) Nachtbrise ersetzt, und von allem blieb nur jenes Gefühl, so seltsam und vollkommen, in einen neuen Körper hineinzugleiten, als wäre er ein Strumpf, den man über Wade und Knie hochzog.
    Sie öffnete die Augen. Der Wind frischte auf und blies ihr feinen Gesteinsstaub ins Gesicht. Sie kniff die Augen zusammen, verzog das Gesicht und hob einen Arm, als fürchtete sie, einen Schlag abwehren zu müssen.
    »Hierher!«, rief eine Frauenstimme. Das war keine Stimme, die Susannah erwartet hätte. Nicht schneidend, kein triumphierendes Krächzen. »Hierher, aus dem Wind heraus!«
    Sie sah hinüber und erblickte eine hoch gewachsene, attraktive Frau, die sie zu sich heranwinkte. Susannahs erster Blick auf Mia in Person verblüffte sie, die Mutter des kleinen Kerls war nämlich eine Weiße. Die Odetta Holmes von einst hatte offenbar eine weiße Seite in ihrer Persönlichkeit, und wie sehr musste das Detta Walkers rassische Empfindlichkeit verletzen!
    Sie selbst war wieder beinlos und hockte auf einem primitiven Wägelchen, das in der Ausbuchtung einer niedrigen Brustwehr abgestellt war. Von dort aus blickte sie über die grausigste, unwirtlichste Landschaft hinaus, die ihr je untergekommen war. Riesige Felsformationen zerschnitten den Himmel und drängten sich, in die Ferne fortmarschierend, zusammen. Im grellen Schein einer wüsten Mondsichel glänzten sie wie fremdartige Knochen. Jenseits dieses lunaren Grinsens brannten eine Milliarde Sterne wie feuriges Eis. Zwischen den Felsen mit ihren gebrochenen Kanten und klaffenden Spalten wand sich ein einzelner schmaler Pfad in die Ferne. Während Susannah ihn betrachtete, sagte sie sich, dass eine Gruppe ihn nur im Gänsemarsch würde zurücklegen können. Und sie musste reichlich Proviant mitnehmen. Unterwegs sind bestimmt weder Pilze noch gar Kermesbeeren zu finden. Und in der Ferne – trübe und unheilvoll, irgendwo von hinter dem Horizont herüberleuchtend – nahm ein dunkel scharlachrotes Licht stetig zu und ab. Das Herz der Rose, dachte

Weitere Kostenlose Bücher