Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
mal dort.«
Susannah riss die Augen auf. »Ganz schön riesig, was? Im Vergleich dazu wirkt die Grand Central Station wie ein Provinzbahnhof im Mittelwesten. Wie lange hast du gebraucht, um da rauszufinden?«
»Wäre ich allein gewesen, würde ich noch immer dort unten herumirren«, sagte Roland. »Oy hat mir den Weg nach draußen gewiesen. Ich habe angenommen, dass er deiner Fährte gefolgt ist.«
Susannah dachte darüber nach. »Gut möglich. Wahrscheinlich ist er aber eher Jakes Fährte gefolgt. Hast du einen breiten Korridor überquert, in dem das Schild NUR ORANGEROTE ZEITKARTE VORWEISEN; BLAUE ZEITKARTE WIRD NICHT AKZEPTIERT hängt?«
Roland nickte, aber das verblasste gemalte Schild an der Wand hatte ihm wenig bedeutet. Er hatte den Gang als den, durch den die Wölfe zu ihren Überfällen geritten waren, durch den Anblick zweier grauer Pferdekadaver, die weiter hinten im Korridor lagen, und eine weitere der zähnefletschenden Masken bestimmen können. Dort hatte er auch einen aus einem Stück Autoreifen angefertigten Mokassin gesehen, an den er sich sehr gut erinnerte. Er muss Ted oder Dinky gehört haben, sagte er sich jetzt; Sheemie Ruiz war zweifellos mit seinen Mokassins an den Füßen bestattet worden.
»Also«, sagte er. »Ihr seid aus dem Zug ausgestiegen – zu wievielt wart ihr da?«
»Zu fünft, weil Sheemie ja bereits tot war«, antwortete sie. »Ich, Ted, Dinky, Dani Rostov und Fred Worthington – du erinnerst dich doch an Fred, oder?«
Roland nickte. Der Mann, der wie ein Bankier ausgesehen hatte.
»Ich habe mit ihnen eine Führung durch den Dogan gemacht«, sagte sie. »Jedenfalls soweit mir das möglich war. Die Betten, in denen die Kinder ihrer Gehirne beraubt wurden, und das eine, in dem Mia endlich ihr Ungeheuer zur Welt gebracht hat; die Einbahn-Tür zwischen Fedic und dem Dixie Pig in New York, Nigels Unterkunft.
Ted und seine Freunde waren ziemlich verblüfft über die Rotunde mit all den Türen – vor allem die, die ins Dallas des Jahres 1963 führt, wo Präsident Kennedy ermordet wurde. Zwei Ebenen tiefer – dort zweigen die meisten Korridore ab – haben wir noch eine entdeckt, die ins Fords Theater führt, in dem Präsident Lincoln im Jahr 1865 ermordet wurde. Dort hängt sogar ein Plakat für das Stück, in dem er war, als Booth ihn erschossen hat. Our American Cousin, so hat’s geheißen. Welche Art Leute würde wohl hingehen und sich so was ansehen wollen?«
Roland konnte sich viele Leute vorstellen, die das tun würden, aber er schwieg klugerweise.
»Alles ist sehr alt«, sagte sie. »Und sehr heiß. Und verdammt unheimlich, wenn du’s genau wissen willst. Die meisten Maschinen arbeiten nicht mehr, und überall stehen Pfützen mit Wasser, Öl und weiß der Teufel welchen Flüssigkeiten. Einige von ihnen leuchten schwach, und Dinky hat gemeint, sie könnten radioaktiv sein. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was in meinem Körper wuchert oder wann mein Haar anfangen wird auszufallen. An manchen Türen konnten wir dieses scheußliche Glockenspiel hören … dieses eine, das einem so auf die Nerven geht.«
»Das Flitzer-Glockenspiel.«
»Richtig. Und hinter einigen Türen waren Wesen zu hören. Glitschige Wesen. Wer hat mir erzählt, dass das Flitzerdunkel voller Ungeheuer ist – du oder Mia?«
»Das könnte ich gewesen sein«, sagte er. Die Götter wussten, dass es dort welche gab.
»Auch in dieser Erdspalte jenseits der Stadt lauern welche. Das weiß ich von Mia. ›Ungeheuer, die sich winden, sich schlängeln, sich fortpflanzen und auf Flucht sinnen‹, hat sie gesagt. Jedenfalls haben Ted, Dinky, Dani und Fred sich dort an den Händen gefasst und einen Kreis gebildet. Sie haben das gemacht, was Ted einen ›kleinen guten Geist‹ nennt. Ich konnte ihn fühlen, obwohl ich nicht zu ihrem Kreis gehörte, und war froh darüber, weil’s dort unten nämlich verdammt unheimlich ist.« Sie zog ihre Decken noch enger um sich. »Die Aussicht, noch einmal hinzumüssen, begeistert mich nicht gerade.«
»Aber du glaubst, dass wir’s müssen.«
»Es gibt einen Gang, der tief unter dem Schloss verläuft und auf der anderen Seite in Discordia endet. Ted und seine Freunde haben ihn entdeckt, indem sie alte Gedanken, die Ted ›Geistergedanken‹ nennt, aufgenommen haben. Fred, der zufällig ein Stück Kreide in der Tasche hatte, hat ihn für mich markiert, aber er dürfte trotzdem schwierig zu finden sein. Dort unten ist es wie in dem Labyrinth in einer alten griechischen
Weitere Kostenlose Bücher