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Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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die Richtung um, aus der sie gekommen waren. Jenseits der hässlich zusammengedrängten Vorstadt mit den verlassenen Häusern konnte sie einen Teil des Ödlands sehen, das sie durchquert hatten: ein bizarres Gewirr aus Felsnadeln, aus dem einzelne Kegelstümpfe und Tafelberge aufragten.
    »Stell dir Folgendes vor«, sagte Roland. »Dort hinten in Blickrichtung liegt Fedic. Jenseits von Fedic kommt Donnerschlag. Jenseits von Donnerschlag kommen die Callas und der Wald, der das Grenzland zwischen Mittwelt und Endwelt markiert. Lud liegt weit dahinter, und River Crossing noch weiter; auch das Westliche Meer und die große Mohainewüste liegen dort. Und irgendwo dort hinten, in der Weite und auch in der Zeit verloren, liegen die letzten Reste von Innerwelt. Die Baronien. Gilead. Orte, an denen noch jetzt Menschen leben, die sich an Liebe und Licht erinnern.«
    »Ja«, meinte sie, ohne zu verstehen, was er damit sagen wollte.
    »Dorthin hat der Scharlachrote König sich gewandt, um seiner Wut freien Lauf zu lassen«, fuhr Roland fort. »Er wollte in die andere Richtung, musst du wissen, zum Dunklen Turm, und war sich selbst in seinem Wahnsinn darüber im Klaren, dass er das Land, durch das er ziehen musste – er und ein Gefolge aus Anhängern, die er mitzunehmen beschlossen hatte –, nicht verwüsten durfte.« Er zog sie an sich und küsste sie mit einer Zärtlichkeit auf die Stirn, die sie fast zu Tränen rührte. »Wir drei werden sein Schloss besuchen und dort Mordred fangen, sollten die Götter uns begünstigen und ihm übel wollen. Dann ziehen wir weiter – zurück ins lebende Land. Dort wird es Holz zum Feuermachen geben und Wild, um an Frischfleisch und Felle für Kleidungsstücke zu kommen. Kannst du noch etwas länger durchhalten, meine Liebe? Kannst du?«
    »Aye«, sagte sie. »Ich danke dir, Roland.«
    Sie umarmte ihn, und während sie das tat, sah sie zum roten Schloss hinüber. Bei zunehmendem Tageslicht war zu sehen, dass die im Lauf der Jahre dunkler gewordenen Steine, aus denen es erbaut worden war, ursprünglich die Farbe vergossenen Bluts gehabt hatten. Das weckte wieder Erinnerungen an ihr Palaver mit Mia auf dem Wehrgang von Schloss Discordia: Erinnerungen an ein stetig pulsierendes scharlachrotes Licht in der Ferne. Eigentlich von ziemlich genau dorther, wo sie jetzt standen.
    Komm jetzt zu mir, wenn du überhaupt willst, Susannah von New York, hatte Mia sie aufgefordert. Der König kann selbst aus der Ferne seinen Bann ausüben.
    Sie hatte von diesem pulsierenden roten Glühen gesprochen, aber …
    »Es ist weg!«, sagte sie zu Roland. »Das rote Licht aus dem Schloss … der Schmiede des Königs, so hat sie’s genannt! Es ist erloschen! Wir haben es die ganze Zeit über kein einziges Mal gesehen!«
    »Richtig«, sagte er, und diesmal war sein Lächeln etwas wärmer. »Ich glaube, dass wir es zum Erlöschen gebracht haben, als wir die Arbeit der Brecher beendet haben. Das Schmiedefeuer des Königs brennt nicht mehr, Susannah. Auf ewig, wenn die Götter uns wohl gesinnt sind. Wenigstens das haben wir erreicht, wenn wir auch teuer dafür bezahlt haben.«
    Am Nachmittag dieses Tages erreichten sie Le Casse Roi Russe, das sich als doch nicht gänzlich verlassen erweisen sollte.

Kapitel III
    D AS S CHLOSS DES S CHARLACHROTEN K ÖNIGS
    1
     
    Sie waren noch eine Meile von dem Schloss entfernt, und das Brausen des unsichtbaren Flusses war sehr laut geworden, als mit einem Mal Fahnenschmuck und Wahlplakate vor ihnen auftauchten. Der Fahnenschmuck bestand aus rot-weiß-blauen Fähnchen und Girlanden – die Art, die Susannah mit Paraden am Volkstrauertag und kleinstädtischen Hauptstraßen am Unabhängigkeitstag in Verbindung brachte. An den Fassaden dieser schmalen, geheimnistuerischen Häuser und ehemaligen Geschäfte, die längst geschlossen und vom Keller bis zum Dachboden ausgeräumt waren, wirkte solcher Schmuck wie Rouge auf den Wangen eines verwesenden Leichnams.
    Die Gesichter auf den Plakaten waren ihr nur allzu vertraut. Richard Nixon und Henry Cabot Lodge machten mit Zeige- und Mittelfinger das Siegeszeichen und grinsten wie Autoverkäufer (NIXON/LODGE, WEIL DIE ARBEIT NOCH NICHT GETAN IST, hieß es dazu). John Kennedy und Lyndon Johnson hatten einander die Arme um die Schultern gelegt und die freien Hände grüßend erhoben. Unter ihren Füßen stand die kühne Behauptung WIR BRECHEN ZU NEUEN GRENZEN AUF.
    »Irgendeine Idee, wer gewonnen hat?«, fragte Roland über die Schulter hinweg.

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