Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
Susannah fuhr gegenwärtig mit Ho Fats Luxustaxi und sah sich die Sehenswürdigkeiten an (und wünschte sich dabei, sie hätte einen Pullover; schon eine leichte Wolljacke hätte ihr weiß Gott genügt).
»O ja«, sagte sie. Sie zweifelte keinen Augenblick daran, dass diese Plakate in ihrem, Susannahs, Interesse angebracht worden waren. »Kennedy hat gewonnen.«
»Er ist dein Dinh geworden?«
»Dinh der gesamten Vereinigten Staaten. Und Johnson hat den Job bekommen, nachdem Kennedy erschossen worden war.«
»Erschossen? Sagst du das?« Roland wirkte neugierig.
»Aye. Von einem Feigling namens Oswald aus dem Hinterhalt erschossen.«
»Und deine Vereinigten Staaten waren das mächtigste Land der Welt.«
»Na ja, Russland hat uns gerade schwer Konkurrenz gemacht, als du mich am Kragen gepackt und nach Mittwelt gerissen hast, aber im Prinzip hast du Recht.«
»Und die Bürger deines Landes wählen ihren Dinh selbst? Dieses Amt wird nicht vom Vater auf den Sohn vererbt?«
»Richtig«, sagte sie leicht misstrauisch. Sie erwartete fast, dass Roland gleich das demokratische System kritisieren würde. Oder darüber lachen.
Stattdessen überraschte Roland sie, indem er sagte: »Das klingt ziemlich knorke, um Blaine den Mono zu zitieren.«
»Tu mir einen Gefallen und zitiere ihn nicht, Roland. Weder jetzt noch jemals wieder. Okay?«
»Wie du willst«, sagte er, dann fuhr er ohne Pause, aber mit viel leiserer Stimme fort: »Halt meinen Revolver bereit, wenn’s beliebt.«
»Wird gemacht«, bestätigte Susannah sofort und ebenso leise. Das kam als Wi’ g’mach’ heraus, weil sie die Lippen möglichst nicht bewegen wollte. Sie konnte spüren, dass sie jetzt aus dem Inneren der Gebäude beobachtet wurden, die sich an diesem Ende von Des Königs Weg zusammendrängten wie Krämerläden und Wirtshäuser einer mittelalterlichen Kleinstadt (oder einer entsprechenden Filmkulisse). Sie wusste nicht, ob das Menschen, Roboter oder vielleicht nur weiterhin funktionierende Fernsehkameras waren, aber sie hatte diesem Gefühl nicht misstraut, noch bevor Roland gesprochen und es bestätigt hatte. Und sie brauchte Oy, dessen Kopf wie das Pendel einer Standuhr hin- und herschwang, nur anzusehen, um zu wissen, dass auch er das spürte.
»Und war er ein guter Dinh, dieser Kennedy?«, fragte Roland wieder mit normaler Stimme. Sie trug trotz des Brausens in der Luft gut. Susannah stellte etwas Wunderbares fest: Sie fror ausnahmsweise nicht, obwohl die Luft hier in der Nähe des brausenden Flusses feuchtkalt war. Sie war viel zu sehr auf die Welt um sich herum konzentriert, um zu frieren. Zumindest gegenwärtig.
»Na ja, das haben nicht alle gefunden, vor allem der Spinner nicht, der ihn erschossen hat, aber ich schon«, antwortete sie. »Als Kandidat hat er den Leuten erzählt, dass er große Veränderungen plant. Wahrscheinlich haben nicht mal die Hälfte der Wähler geglaubt, dass er das ernst meint, weil nämlich die meisten Politiker aus demselben Grund lügen, aus dem ein Affe am Schwanz hängend von einem Ast baumelt – einfach weil er’s kann. Aber sowie er gewählt war, hat er angefangen, die Dinge anzugehen, die er versprochen hatte. Es kam zu einem Showdown wegen einer Insel namens Kuba, und er war genauso tapfer wie … tja, sagen wir einfach, dass es dir gefallen hätte, mit ihm zu reiten. Als gewisse Leute gesehen haben, wie ernst er es tatsächlich meint, haben diese Arschlöcher den Spinner angeworben, damit der ihn erschießt.«
»Oz-walt.«
Sie nickte, ohne sich die Mühe zu machen, seine Aussprache zu korrigieren, weil sie merkte, dass es daran eigentlich nichts zu korrigieren gab. Oz-walt. Oz. So schloss der Kreis sich wieder, nicht wahr?
»Und Johnson hat das Amt übernommen, nachdem Kennedy gefallen war.«
»Jawoll.«
»Wie hat er abgeschnitten?«
»Das war noch nicht abzusehen, als ich New York verlassen habe. Aber er war eher der Typ, der es gewohnt war, das übliche Spiel zu spielen. ›Mitmarschieren, um voranzukommen‹, haben wir dazu gesagt. Du weißt wahrscheinlich, was ich damit meine?«
»Ja, in der Tat«, sagte er. »Und, Susannah, ich glaube, wir sind da.« Roland brachte Ho Fats Luxustaxi zum Stehen. Er stand mit den Handgriffen in den Fäusten da und betrachtete Le Casse Roi Russe.
2
Des Königs Weg endete hier und führte auf einen weiten mit Steinen gepflasterten Vorhof, den die Männer des Scharlachroten Königs einst bestimmt so pflichtbewusst bewacht hatten, wie Königin
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