Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
töten.«
»Entweder hörst du zu und verstehst es nicht«, sagte Fimalo, »oder du verstehst es, aber glaubst es nicht.« Seit seine List enttarnt war (nichts so Glanzvolles wie ein Uffi, dachte Susannah; nur ein ehemaliger Werbemann aus dem Bundesstaat New York), wirkte er unsagbar müde. »Ihr könnt kein Wesen mehr töten, das sich bereits selbst getötet hat. Ihr könnt auch den Dunklen Turm nicht betreten, weil der nämlich nur einen Eingang hat, und der Balkon, auf dem Los’ gefangen ist, beherrscht ihn. Außerdem hat er reichlich Waffen zur Verfügung. Allein die Schnaatze würden euch aufspüren und erledigen, bevor ihr auch nur das halbe Rosenfeld durchquert hättet.«
»Das soll dann allein unsere Sorge sein«, sagte Roland, und Susannah fand, dass er selten ein wahreres Wort gesprochen hatte; sie machte sich allerdings schon jetzt Sorgen. »Und was dich angeht, wirst du Mordred meine Nachricht übermitteln, wenn du ihn siehst?«
Fimalo vollführte eine zustimmende Handbewegung.
Roland schüttelte den Kopf. »Nicht einfach nur mit der Hand wedeln, Freundchen – ich will’s aus deinem Mund hören.«
»Ich gebe deine Nachricht weiter«, sagte Fimalo und fügte dann hinzu: »Falls ich ihn sehe und wir zum Palavern kommen.«
»Das werdet ihr. Schönen Tag noch.« Roland wollte sich nun endgültig abwenden, aber Susannah packte ihn am Arm und hielt ihn zurück.
»Schwört mir, dass alles, was ihr uns erzählt habt, wahr ist«, forderte sie den hässlichen Alten auf, der auf der Steinbrücke unter dem kalten Blick der Krähen saß, die nach und nach wieder ihre früheren Plätze einnahmen. Sie hatte keinen blassen Schimmer, was sie dadurch erfahren oder damit beweisen wollte. Würde sie selbst jetzt überhaupt erkennen, ob dieser Mann log? Wahrscheinlich nicht. Aber sie ließ sich nicht beirren. »Schwört’s mir beim Namen Eures Vaters und bei seinem Angesicht.«
Als der Alte seine Rechte mit ihr zugekehrter Handfläche hob, konnte sie selbst darin Geschwüre entdecken. »Ich schwöre es beim Namen von Andrew John Cornwell aus Tioga Springs, New York. Und auch bei seinem Angesicht. Der König dieses Schlosses ist wirklich dem Wahnsinn verfallen, hat wirklich alle Zaubergläser zertrümmert, die in seinen Besitz gelangt waren. Er hat sein Gefolge wirklich dazu gezwungen, Gift zu nehmen, und dessen Sterben wirklich genüsslich beobachtet.« Mit der zum Schwur erhobenen Rechten machte er eine Bewegung, die den Korb mit abgetrennten Gliedmaßen umfasste. »Woher, glaubt Ihr, habe ich die, Fräulein Schwarzdrossel? Von Body Parts ›R‹ Us?«
Sie verstand nicht, was er damit meinte, und blieb stumm.
»Er hat sich wirklich zum Dunklen Turm begeben. Er ist wie der Hund in irgendeiner alten Fabel: Wenn er schon nicht von dem Heu profitieren kann, will er dafür sorgen, dass es auch kein anderer kann. Ich habe euch nicht einmal belogen, was den Inhalt dieser Körbe betrifft. Ich habe ihn nur vorgezeigt und es euch überlassen, eigene Schlüsse daraus zu ziehen.« Als Susannah sein zynisch befriedigtes Lächeln sah, überlegte sie, ob sie ihn daran erinnern sollte, dass zumindest Roland seinen Trick durchschaut hatte. Aber das war letztlich nicht der Mühe wert.
»Nur in einem einzigen Punkt habe ich glatt gelogen«, sagte der ehemalige Austin Cornwell. »Als ich nämlich behauptet habe, er hätte mich köpfen lassen.«
»Zufrieden, Susannah?«, fragte Roland sie.
»Ja«, antwortete sie, obwohl sie es eigentlich nicht war. »Gehen wir.«
»Dann klettre wieder auf Ho Fat und kehr diesem Mann dabei nicht den Rücken zu. Er ist gerissen.«
»Mach Sachen«, sagte Susannah, dann tat sie wie geheißen.
»Lange Tage und angenehme Nächte«, sagte der ehemalige Sai Cornwell, der nun von sich windenden, verendenden Schlangen umgeben war. »Möge der Jesusmensch Euch und Eure gesamte Clanfamilie beschützen. Und möget Ihr zur Vernunft kommen, bevor’s dafür zu spät ist, und Euch vom Dunklen Turm fernhalten!«
6
Sie kehrten zu der Straßenkreuzung zurück, an der sie den Pfad des Balkens verlassen hatten, um einen Abstecher zum Schloss des Roten Königs zu machen. Dort angekommen, machte Roland Halt, um kurz zu rasten. Eine kleine Brise war aufgekommen und ließ nun den patriotischen Fahnenschmuck flattern. Susannah sah jetzt, dass er alt und verblasst wirkte. Die Porträts von Nixon, Lodge, Kennedy und Johnson waren durch Graffiti entstellt, die selbst uralt zu sein schienen. Aller Glammer
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