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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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haben mußten (wenn du morgen mit wunden Schultern aufwachst, Herrin, dachte Eddie säuerlich, dann kannst du Sir Roland die Schuld dafür geben). Statt dessen griffen sie nach den Armlehnen des Stuhls, die sie umklammerten, während sie die beiden Männer ansah.
    Die Tür hinter ihr war bereits verschwunden. Verschwunden? Das war nicht ganz richtig. Sie schien sich in sich selbst zusammenzufalten, wie ein Film, der rückwärts läuft. Dies geschah gerade, als der Kaufhausdetektiv durch die andere, weltliche Tür hereinplatzte – diejenige zwischen dem Kaufhaus und der Umkleidekabine. Er stürzte heftig herein, da er davon ausgegangen war, die Ladendiebin würde die Tür verriegelt haben, und Eddie glaubte, er würde verflucht an die gegenüberliegende Wand klatschen, aber Eddie bekam nie zu sehen, ob das geschah oder nicht. Eddie sah alles auf jener anderen Seite erstarren, bevor der schrumpfende Raum, wo die Tür zwischen jener Welt und dieser verschwand, sich endgültig schloß.
    Der Film war zu einem Standfoto geworden.
    Zurück blieben nur die beiden Reifenspuren des Rollstuhls, die im Nichts im Sand anfingen und einen Meter bis zu der Stelle verliefen, wo seine Insassin sich jetzt befand.
    »Möchte mir nicht jemand bitte erklären, wo ich bin und wie ich hierher gekommen bin?« fragte, flehte die Frau im Rollstuhl fast.
    »Nun, eines kann ich dir sagen, Dorothy«, sagte Eddie. »Du bist überhaupt nicht mehr in Kansas.«
    In den Augen der Frau schimmerten Tränen. Eddie konnte sehen, wie sie versuchte, sie zurückzuhalten, aber es nützte nichts. Sie fing an zu schluchzen.
    Eddie, der wütend war (und darüber hinaus Abscheu vor sich selbst empfand), drehte sich zu dem Revolvermann um, der sich aufgerappelt hatte. Roland bewegte sich, aber nicht zu der weinenden Frau; statt dessen hob er sein Messer auf.
    »Sag es ihr!« brüllte Eddie. »Du hast sie hierher gebracht, also sieh zu, daß du es ihr sagst, Mann!« Und nach einem Augenblick fügte er mit gedämpfter Stimme hinzu: »Und dann sag mir, wie es kommt, daß sie sich an nichts erinnern kann.«
     
     

4
     
    Roland antwortete nicht. Nicht gleich. Er bückte sich, nahm den Griff des Messers sorgfältig zwischen die beiden verbliebenen Finger seiner rechten Hand, wechselte es vorsichtig in die linke über und ließ es in die Scheide am Revolvergurt rutschen. Er versuchte immer noch, sich einen Reim auf das zu machen, was er im Verstand der Herrin gesehen hatte. Sie hatte, anders als Eddie, gegen ihn gekämpft, wie eine Katze, und zwar von dem Augenblick, als er nach vorne gekommen war, bis zu dem, als sie durch die Tür gerollt waren. Der Kampf hatte in dem Moment angefangen, als sie ihn gespürt hatte. Keine zögerliche Pause, weil sie keinerlei Überraschung verspürt hatte. Er hatte es selbst erlebt, begriff es aber nicht im geringsten. Keine Überraschung angesichts des in ihren Verstand eingedrungenen Fremden, nur sofortige Wut, Entsetzen und der Wille zu einem Kampf, um ihn abzuschütteln. Sie hatte diesen Kampf nicht einmal ansatzweise gewonnen – konnte ihn gar nicht gewinnen, vermutete er –, aber das hatte sie nicht daran gehindert, es wie der Teufel zu versuchen. Er hatte eine Frau gespürt, die vor Angst und Wut und Haß wahnsinnig gewesen war.
    Er hatte nur Dunkelheit in ihr gespürt – es war ein Verstand, der von einer Höhle umschlossen war.
    Aber…
    Aber in dem Augenblick, als sie durch die Tür geplatzt waren, hatte er sich gewünscht – verzweifelt gewünscht –, er könnte noch einen Augenblick länger verweilen. Ein Augenblick hätte so vieles verraten können. Denn die Frau, die jetzt vor ihnen saß, war nicht die Frau, in deren Verstand er gewesen war. In Eddies Verstand zu sein, war gewesen, als hätte er sich in einem Zimmer mit zuckenden, schwitzenden Wänden befunden. In dem der Herrin zu sein, war gewesen, als hätte er in einem dunklen Raum gelegen, während giftige Schlangen über ihn gekrochen waren.
    Bis zum Ende.
    Am Ende hatte sie sich verändert.
    Und da war noch etwas gewesen, das er als von entscheidender Bedeutung betrachtete, aber er konnte es entweder nicht verstehen oder sich nicht daran erinnern. Etwas wie
    (ein flüchtiger Blick)
    die Tür selbst, nur in ihrem Verstand. Etwas über eine
    (du hast das Besondere zerbrochen – du warst es)
    plötzliche Erkenntnis. Wie beim Studieren, wenn man endlich begriff…
    »Scheiß auf dich«, sagte Eddie voll Abscheu. »Du bist nichts weiter als eine gottverdammte

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