Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
Aslan und alle anderen Wächter zu ermorden, damit die Balken zusammenbrechen.«
»Der Zöllner«, flüsterte Tim.
Maerlyn warf den Kopf in den Nacken und lachte schallend. Der spitze Hut blieb dabei auf seinem Kopf, was Tim sich nur mit Magie erklären konnte. »Nay, nay, der nicht. Ein bisschen Zauberei und langes Leben – das ist alles, wozu er imstande ist. Nein, Tim, es gibt jemand, der weit mächtiger ist als der mit dem weiten Mantel. Wenn der Große in seinem Reich auch nur mit dem Finger auf den mit dem wehenden Mantel zeigt, beeilt dieser sich, ihm zu Diensten zu sein. Aber du bist nicht auf Geheiß des Roten Königs hergeschickt worden, und ich bin mir sicher, dass derjenige, den du Zöllner nennst, für seine Narretei wird büßen müssen. Er ist zu wertvoll, als dass man ihn umbrächte, aber ihm Schmerzen zufügen, ihn bestrafen? Aye, das glaube ich wohl.«
»Was wird er ihm antun? Dieser Rote König?«
»Das willst du lieber nicht wissen, aber eines steht fest: In Tree wird man ihn nie mehr sehen. Seine Zeit als Steuereintreiber ist vorbei.«
»Und wird meine Mutter … wird sie wirklich wieder sehen können?«
»Aye, denn du hast mir einen großen Dienst erwiesen. Auch werde ich nicht der Letzte sein, dem du einen erweisen wirst.« Er zeigte auf Tims Gürtel. »Das ist lediglich die erste Waffe, die du tragen wirst, und die leichteste.«
Tim betrachtete erst den Vierschüsser, zog dann aber die Axt seines Vaters aus dem Gürtel. »Nay, Schusswaffen sind nichts für meinesgleichen, Sai. Ich bin nur ein Junge vom Lande. Ich werde Holzfäller wie mein Vater. Tree ist meine Heimat, und dort bleibe ich auch.«
Der alte Magier lächelte weise. »Das sagst du mit der Axt in der Hand, aber würdest du es auch mit dem Revolver in der Hand sagen? Würde dein Herz so sprechen? Du brauchst nichts zu sagen, denn ich sehe die Wahrheit in deinem Blick. Ka wird dich weit von Tree wegführen.«
»Aber es ist meine Heimat«, flüsterte Tim.
»Du wirst noch einige Zeit dort leben, also sei nicht traurig. Aber höre mich wohl, und gehorche.«
Er legte die Hände auf die Knie und beugte seinen großen, dürren Körper zu Tim hinunter. Der abflauende Wind ließ den Bart wehen, und die eingeflochtenen Edelsteine glitzerten. Das Gesicht war hager wie das des Zöllners, aber im Gegensatz zu diesem sprachen aus ihm Ernst statt boshafter Humor und Freundlichkeit statt Grausamkeit.
»Sobald du wieder zu Hause bist – wohin du diesmal weit schneller und gefahrloser gelangen wirst –, gehst du zu deiner Mutter und träufelst ihr die letzten Tropfen aus diesem Fläschchen in die Augen. Danach musst du ihr die Axt deines Vaters geben. Hast du verstanden? Seine Glücksmünze wirst du dein Leben lang tragen – man wird dich sogar mit ihr ins Grab legen –, aber die Axt musst du deiner Mutter geben . Und zwar sofort.«
»W-wieso?«
Maerlyn zog die buschigen Augenbrauen zusammen, die Mundwinkel gingen jäh nach unten, und seine Freundlichkeit wich erschreckender Unerbittlichkeit. »Das zu fragen steht dir nicht zu, mein Sohn. Wenn Ka kommt, kommt es wie der Wind – wie der Stoßwind. Wirst du gehorchen?«
»Ja«, sagte Tim beunruhigt. »Ich gebe sie ihr, wie Ihr es wollt.«
»Gut.«
Der Zauberer wandte sich der Decke zu, unter der sie geschlafen hatten, und breitete die Hände über ihr aus. Der Saum in der Nähe des Käfigs stieg energisch raschelnd hoch und legte sich über den anderen, sodass die Plane plötzlich nur noch halb so groß war. Dann faltete sie sich abermals und hatte daraufhin nur noch die Größe einer Tischdecke. Tim dachte daran, wie froh die Frauen in Tree wären, wenn sie diesen Zauber zum Bettenmachen benutzen könnten, und fragte sich dann, ob das ein gotteslästerlicher Gedanke war.
»Nein, nein, du hast sicher recht«, sagte Maerlyn geistesabwesend. »Aber das würde schiefgehen und alle möglichen Verwicklungen auslösen. Selbst für einen alten Knaben wie mich ist Magie voller Tücken.«
»Sai … lebt Ihr wirklich in der Zeit rückwärts?«
Maerlyn hob belustigt und irritiert zugleich die Arme; die weiten Ärmel seines Gewands rutschten zurück und ließen Arme sehen, die dünn und weiß wie Birkenzweige waren. »Das glauben alle, und wenn ich es leugnen würde, würden sie es trotzdem glauben, nicht wahr? Ich lebe, wie ich lebe, Tim, und in Wirklichkeit lebe ich heutzutage praktisch im Ruhestand. Du hast wohl auch von meinem Zauberhaus im Wald gehört?«
»Aye!«
»Und wenn ich
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