Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
fielen sie.
Er kramte, ohne auf die Schreie zu achten, in Morts Verstand und stellte fest, daß alles in Ordnung war. Der Absturz war kontrolliert.
»Tut mir leid, wenn ich was Falsches gesagt habe«, sagte der dicke Mann. Der Revolvermann dachte: Auch dieser hat Angst. »Sie sind besser als jeder andere in der Firma mit dem Dickkopf zurechtgekommen, das ist meine Meinung.«
Der Revolvermann sagte nichts. Er wartete nur darauf, daß er den abstürzenden Sarg verlassen konnte.
»Das sage ich auch jedem«, fuhr der dicke Mann eifrig fort. »Erst gestern war ich beim Essen bei…«
Jack Mort drehte den Kopf, und hinter der Nickelbrille sahen Augen, die irgendwie heller blau wirkten, als die von Jack es jemals gewesen waren, den dicken Mann an. »Seien Sie still«, sagte der Revolvermann tonlos.
Alle Farbe wich aus dem Gesicht des dicken Mannes, und er trat erschrocken zwei Schritte zurück. Seine wabbligen Gesäßbacken klatschten gegen das Holzimitat an der Wand des kleinen fallenden Sarges, der plötzlich anhielt. Die Türen gingen auf, und der Revolvermann, der Jack Morts Körper wie eng sitzende Kleidung trug, trat hinaus, ohne sich umzusehen. Der dicke Mann hielt den Finger auf dem TÜR ÖFFNEN-Knopf und wartete im Inneren, bis Jack Mort nicht mehr zu sehen war. Hatte schon immer eine Schraube locker, dachte der dicke Mann, aber dies könnte ernst sein. Dies könnte ein Zusammenbruch sein.
Der dicke Mann fand die Vorstellung, daß Jack Mort irgendwo sicher in einem Sanatorium eingesperrt sein könnte, sehr beruhigend.
Den Revolvermann hätte das nicht überrascht.
3
Irgendwo zwischen dem hallenden Saal, den seine Mortzyklopädie als Lobby identifizierte, ein Ort des Ein- und Ausgehens von und zu den Büros, die sich in diesem Wolkenkratzer befanden, und dem hellen Sonnenschein der Straße (seine Mortzyklopädie identifizierte diese Straße als 6th Avenue oder Avenue of the Americans) hörte das Schreien von Rolands Wirtskörper auf. Mort war nicht aus Angst gestorben; Roland spürte mit sicherem Instinkt, sollte der Gastkörper sterben, würden ihrer beide Kas für alle Zeiten in die Leere der Möglichkeiten hinausgestoßen werden, die jenseits aller stofflichen Welten lag. Er war nicht tot, er war ohnmächtig geworden. Ohnmächtig aufgrund einer Überdosis Schrecken und Seltsamkeiten, wie es Roland selbst ergangen war, als er in den Verstand des Mannes eingedrungen war und seine Geheimnisse und verknüpften Schicksale erfahren hatte, die so groß waren, daß sie kein Zufall mehr sein konnten.
Er war froh, daß Mort bewußtlos geworden war. Solange die Bewußtlosigkeit des Mannes Rolands Zugriff zum Wissen und den Erinnerungen des Mannes nicht beeinträchtigte – was nicht der Fall war –, war er froh, ihn aus dem Weg zu haben.
Die gelben Autos waren öffentliche Transportmittel, die Tack-Siehs oder Taksen genannt wurden. Die Leute, die sie fuhren, informierte die Mortzyklopädie ihn, gehörten zum Stamm der Cabbies oder dem der Schofföhren. Um eines dieser Tack-Siehs anzuhalten, hielt man die Hand hoch wie ein Schüler im Unterricht.
Das machte Roland, und nachdem mehrere Tack-Siehs vorbeigefahren waren, die abgesehen von ihren Fahrern offensichtlich leer waren, sah er, daß diese Schilder mit der Aufschrift Nicht im Dienst ausgeklappt hatten. Da es sich um Großbuchstaben handelte, brauchte der Revolvermann die Hilfe von Mort nicht. Er wartete, dann hob er wieder die Hand. Diesmal hielt das Tack-Sieh an. Der Revolvermann nahm auf dem Rücksitz Platz. Er roch alten Rauch, alten Schweiß, altes Parfüm. Es roch wie eine Kutsche in seiner eigenen Welt.
»Wohin, mein Freund?« fragte der Fahrer – Roland hatte keine Ahnung, ob er zum Stamm der Cabbies oder Schofföhren gehörte, und er hatte auch nicht die Absicht, ihn danach zu fragen. Es könnte in dieser Welt unhöflich sein.
»Ich bin nicht sicher«, sagte Roland.
»Dies ist keine Selbsterfahrungsgruppe, mein Freund. Zeit ist Geld.«
Sag ihm, er soll den Wimpel runterklappen trug ihm die Mortzyklopädie auf.
»Klappen Sie die Flagge runter«, sagte Roland.
»Kostet nix als Zeit«, antwortete der Fahrer.
Sag ihm, du gibst ihm fünf Piepen Trinkgeld, riet die Mortzyklopädie.
»Ich gebe Ihnen fünf Piepen Trinkgeld«, sagte Roland.
»Laß sehen«, antwortete der Fahrer. »Der Spatz in der Hand…«
Frag ihn, ob er das Geld haben oder sich ins Knie ficken will, riet die Mortzyklopädie auf der Stelle.
»Wollen Sie das Geld
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