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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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auf andere Weise.
    Der Mann trat einen weiteren Schritt nach links, ohne den Blick vom Gesicht des Kunden abzuwenden, und der Revolvermann dachte: Er hat eine Pistole. Er rechnet damit, daß ich Ärger mache… oder vielleicht will er, daß ich Ärger mache. Will eine Entschuldigung, mich zu erschießen.
    Improvisieren.
    Er erinnerte sich an die Revolvermänner, die in ihrer weißblauen Kutsche unten an der Straße saßen. Revolvermänner, ja, Friedensbringer, Männer, die die Aufgabe hatten zu verhindern, daß die Welt sich weiterdrehte. Aber diese hatten – wenigstens auf den ersten Blick – ebenso weich und unaufmerksam wie alle anderen in dieser Welt der Lotosesser ausgesehen; nur zwei Männer mit Uniformen und Mützen, die sich auf den Sitzen ihrer Kutsche fläzten und Kaffee tranken. Aber er konnte sich täuschen. Und hoffte für sie alle, daß er es nicht tat.
    »Oh! Ich verstehe«, sagte der Revolvermann und zauberte ein entschuldigendes Lächeln auf Jack Morts Gesicht. »Tut mir leid. Ich schätze, ich habe nicht darauf geachtet, wie sehr die Welt sich weitergedreht – verändert – hat, seit ich zuletzt eine Waffe besessen habe.«
    »Nichts passiert«, sagte der Verkäufer und entspannte sich etwas. Vielleicht war der Bursche doch in Ordnung. Oder er zog eine Schau ab.
    »Ob ich wohl dieses Putzzeug ansehen könnte?« Roland deutete auf ein Regal hinter dem Verkäufer.
    »Sicher.« Der Verkäufer drehte sich herum, um es zu holen, und während er das tat, nahm der Revolvermann die Börse aus der Innentasche von Morts Jackett. Das machte er mit der atemlosen Geschwindigkeit eines schnellen Ziehens. Der Verkäufer hatte ihm weniger als vier Sekunden den Rücken zugedreht, aber als er sich wieder zu Mort umdrehte, lag die Brieftasche auf dem Boden.
    »Eine Schönheit«, sagte der Verkäufer lächelnd, da er zu der Überzeugung gekommen war, der Bursche war doch in Ordnung. Verdammt, er wußte, wie beschissen man sich fühlte, wenn man sich selbst zum Arsch gemacht hatte. Das war ihm bei der Marine oft genug passiert. »Und Sie brauchen auch keinen Schein, um das Reinigungsset zu kaufen. Ist Freiheit nicht etwas Herrliches?«
    »Ja«, sagte der Revolvermann ernst und tat so, als würde er das Reinigungsset genau betrachten, obwohl er mit einem Blick gesehen hatte, daß es ein schäbiges Ding in einer schäbigen Kiste war. Während er es betrachtete, schob er Morts Brieftasche sorgfältig mit dem Fuß unter den Ladentisch.
    Nach einem Augenblick schob er es mit einem passablen Ausdruck des Bedauerns zurück. »Tut mir leid, ich fürchte, ich muß passen.«
    »Schon gut«, sagte der Verkäufer und verlor unvermittelt das Interesse. Da der Bursche nicht verrückt war und offensichtlich nur ein Anseher, kein Käufer, war ihre Beziehung am Ende. »Sonst noch was?« fragte sein Mund, während seine Augen den Mann im blauen Anzug aufforderten, den Laden zu verlassen.
    »Nein, danke.« Der Revolvermann ging hinaus, ohne sich noch einmal umzudrehen. Morts Börse lag unter dem Ladentisch. Roland hatte seinen eigenen Honigtopf aufgestellt.
     
     

7
     
    Die Beamten Carl Delevan und George O’Mearah hatten ihren Kaffee getrunken und wollten gerade weiterfahren, als der Mann im blauen Anzug aus Clements’– das beide Männer für ein Pulverhorn hielten (für einen gesetzlich genehmigten Waffenladen, der manchmal Waffen an unabhängige Kunden mit beglaubigten Papieren verkauft und manchmal Geschäfte mit der Mafia macht) – herauskam und sich dem Streifenwagen näherte.
    Er beugte sich herunter und sah durch das Beifahrerfenster zu O’Mearah herein. O’Mearah erwartete, daß der Bursche sich wie ein Süßer anhören würde – wahrscheinlich so süß wie sein Witz über die mit Lavendel parfümierten Handschellen, aber trotzdem eine Schwuchtel. Abgesehen von Waffen betrieb Clements’ einen lebhaften Handel mit Handschellen. Das war in Manhattan erlaubt, und die meisten Leute, die sie kauften, waren keine Amateur-Houdinis. Der Polizei gefiel es nicht, aber wann hatte die Meinung der Polizei zu einem bestimmten Thema jemals etwas geändert? Die Käufer waren Homosexuelle mit einer Neigung zu S & M. Aber der Mann hörte sich überhaupt nicht wie eine Tunte an. Seine Stimme war nüchtern und ausdruckslos, höflich, aber irgendwie tot.
    »Der Verkäufer da drinnen hat meine Brieftasche gestohlen«, sagte er.
    »Wer?« O’Mearah richtete sich rasch auf. Es juckte sie schon seit eineinhalb Jahren, Justin Clements

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