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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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eine Hexe aus, ein schmutziges, zerzaustes Ding, das tapfereren Leuten als ihm Angst gemacht haben würde. Das Kleid, das sie in Macy’s angehabt hatte, als der Revolvermann sie herüberholte, war schmutzig und zerrissen. Sie hatte das Messer aus der Tasche des Revolvermanns – mit dem Roland und er das Klebeband durchgeschnitten hatten – genommen und ihr Kleid an zwei Stellen aufgeschnitten, um direkt über der Rundung ihrer Hüften behelfsmäßige Halfter zu machen. Aus ihnen ragten die abgegriffenen Griffe der Pistolen des Revolvermanns hervor.
    Ihre Stimme war gedämpft, weil sie das Ende des Seils zwischen den Zähnen hatte. Aus einer Seite ihres Grinsens ragte ein frisch abgeschnittenes Ende hervor; der Rest des Seils, der zu der Schlinge um seinen Hals führte, kam auf der anderen Seite heraus. Dieses Bild hatte etwas so Raubtierhaftes und Barbarisches an sich – das zwischen dem Grinsen festgeklemmte Seil –, daß er erstarrte und sie mit einem Entsetzen ansah, das ihr Grinsen nur noch breiter machte.
    »Wenne was versuchst, währen ich ‘ne Hänne binne, Blassah«, sagte sie mit ihrer gedämpften Stimme, »zii ech der mitten Zähnen ‘n Halssu, Weißbrot. Un dann werrich nichmäh loslassn. Hasse kapiert?«
    Er wußte nicht, ob er sprechen konnte. Daher nickte er nur.
    »Gut. Vielleicht wirste doch noch’ne Weile länger lemn.«
    »Wenn nicht«, krächzte Eddie, »wirst du nie wieder das Vergnügen haben, in Macy’s zu klauen, Detta. Weil er es wissen wird, und dann ist das Spiel für alle aus.«
    »Sei still«, sagte Detta… krähte beinahe. »Sei eiffach still. Lasses Denken’n Leuten, die wasses können. Du mußt nur nacher Schlinge tastn.«
     
     

6
     
    Hab’n bißchen geknüpft, währendde ‘schlafn hast, hatte sie gesagt, und Eddie stellte voll Schrecken und wachsendem Entsetzen fest, daß sie buchstäblich gemeint hatte, was sie sagte. Das Seil war zu drei rutschenden Knoten geworden. Den ersten hatte sie ihm im Schlaf um den Hals gelegt. Der zweite fesselte seine Hände hinter dem Rücken. Dann stieß sie ihn auf die Seite und sagte ihm, er solle die Füße hochstrecken, bis die Fersen den Arsch berührten. Er sah, wohin das führen würde, und wehrte sich. Sie holte einen von Rolands Revolvern aus einem Schlitz in ihrem Kleid, spannte den Hahn und drückte die Mündung an Eddies Schläfe.
    »Du kannstes machen oder ich werd’s machen, Blaßfleisch«, sagte sie mit dieser krähenden Stimme. »Aber wenn ich’s mache, wirste tot sein. Ich kick einfach’n bißchen Sand übers Jehirn, was aufer annern Seite von deinem Kopf rausläuft, und deckes Loch mit Haarn zu. Er wird denken, daßde schläfst.« Sie gackerte wieder.
    Eddie zog die Füße hoch, und sie legte rasch die dritte Schlinge um seine Knöchel.
    »So. Sauber zusammnebunnen wie’n Kalb beim Roh-deh-oh!«
    Diese Beschreibung war so gut wie jede andere, dachte Eddie. Wenn er versuchte, die Füße aus der Stellung, die bereits recht ungemütlich wurde, nach unten zu bringen, würde er den Knoten, der seine Knöchel band, noch fester zuziehen. Das wiederum würde das Seil zwischen den Knöcheln und Handgelenken straffziehen und damit diesen Knoten fester machen, und das Seil zwischen den Handgelenken und der Schlinge um seinen Hals, und…
    Sie zog ihn, zog ihn irgendwie zum Strand hinunter.
    »He! Was…«
    Er versuchte, sich zu widersetzen und spürte, wie sich alles fester zusammenzog – einschließlich seiner Luftröhre. Er machte sich so schlaff wie möglich (und laß die Füße oben, Arschloch, vergiß das nicht, denn wenn du die Füße weit genug runterdrückst, erwürgst du dich) und ließ sich von ihr über den rauhen Boden ziehen. Ein spitzer Stein schälte ihm die Haut von der Wange, und er spürte warmes Blut fließen. Sie keuchte heftig. Das Geräusch der Wellen und der Brandung, die in den Felstunnel toste, war lauter.
    Mich ertränken? Helliger Himmel, hat sie das mit mir vor?
    Nein, natürlich nicht. Er glaubte zu wissen, was sie vorhatte, noch ehe sein Gesicht durch den Schlick und Tang glitt, der die Rutlinie markierte, tote, nach Salz riechende Substanzen, die so kalt wie die Finger ertrunkener Seeleute waren.
    Er erinnerte sich, wie Henry einmal gesagt hatte: Manchmal erschossen sie einen unserer Jungs. Ich meine, einen Amerikaner – sie wußten, ein anderer würde nichts nützen, weil wegen einem Vietnamesen keiner von uns in den Busch gegangen wäre. Es sei denn, es wäre ein Frischling direkt aus den

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