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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sich jetzt bewegten, konnten sie gehört werden.
    »… der gute Mann«, sagte der Wachsoldat. »In Farson?«
    »In zwei Wochen«, antwortete der Wachsoldat. »Vielleicht dreien. Du mußt mit uns kommen. Es kommt eine Ladung aus dem Frachtdepot…« Ein besonders lautes Klirren von Töpfen und Pfannen und eine Flut von Schimpfworten für den unglücklichen Küchenjungen, der sie fallengelassen hatte, übertönten den Rest des Gesagten. Schließlich hörten die Jungen den Wachsoldaten schließen: »…vergiftetes Fleisch.«
    »Riskant.«
    »Frag nicht, was der gute Mann für dich tun kann…«, begann der Wachsoldat.
    »…sondern was du für ihn tun kannst«, seufzte Hax. »Frag nicht, Soldat.«
    »Du weißt, was es bedeuten könnte«, sagte der Wachsoldat leise.
    »Ja. Und ich kenne meine Verantwortung für ihn; du mußt mir keine Moralpredigten halten. Ich habe ihn ebenso gern wie du.«
    »Gut. Das Fleisch wird als kurzfristig in deinen Kühlräumen lagerfähig ausgezeichnet sein. Aber du mußt schnell handeln. Das muß dir klar sein.«
    »Gibt es in Farson Kinder?« fragte der Koch traurig. Es war eigentlich gar keine Frage.
    »Dort sind überall Kinder«, sagte der Wachsoldat sanft. »Uns – und ihm – ist besonders viel an den Kindern gelegen.«
    »Vergiftetes Fleisch. Komische Art zu zeigen, wieviel einem an Kindern gelegen ist.« Hax gab ein tiefes, pfeifendes Seufzen von sich. »Werden sie sich krümmen und sich die Bäuche halten und nach ihren Müttern weinen? Ich nehme an, das werden sie.«
    »Es wird sein, als würden sie einschlafen«, sagte der Wachsoldat, aber seine Stimme klang zu überzeugt vernünftig.
    »Gewiß«, sagte Hax und lachte.
    »Du hast selbst gesagt, ›Frag nicht, Soldat.‹ Gefällt es dir, Kinder unter der Herrschaft der Pistolen zu sehen, wo sie doch unter seinen Händen sein könnten, der den Löwen dazu bringt, sich friedlich neben das Lamm zu legen?«
    Hax antwortete nicht.
    »Mein Wachdienst beginnt in zwanzig Minuten«, sagte der Wachsoldat, dessen Stimme wieder gelassen klang. »Gib mir eine Hammelkeule, und ich werde eines deiner Mädchen kneifen, daß sie kichert. Wenn ich gehe…«
    »Mein Hammel wird dir keine Magenkrämpfe verursachen, Robeson.«
    »Wirst du…« Aber die Schatten entfernten sich, die Stimmen waren nicht mehr zu verstehen.
    Ich hätte sie töten können, dachte Roland starr und fasziniert. Ich hätte sie beide mit einem Messer töten, ihre Kehlen wie die von Schweinen durchschneiden können. Er sah auf seine Hände, die nun von Soße und Beeren und vom Schmutz der Lektionen des Tages verschmiert waren.
    »Roland.«
    Er betrachtete Cuthbert. Sie sahen einander im wohlriechenden Halbdunkel einen langen Augenblick an, und ein Geschmack warmer Verzweiflung stieg in Rolands Hals empor. Seine Empfindungen hätten eine Art Tod sein können – etwas so Brutales und Endgültiges wie der Tod der Taube am weißen Himmel über dem Spielfeld. Hax? dachte er bestürzt. Hax, der mir damals einen Umschlag ums Bein gemacht hat? Hax ? Dann schlug sein Verstand zu und sperrte den Gedanken aus.
    In Cuthberts humorvollem, intelligentem Gesicht sah er nichts – absolut nichts. In Cuthberts nüchternen Augen stand Hax’ Untergang zu lesen. In Cuthberts Augen war es schon vorbei. Er hatte ihnen zu essen gegeben, und sie waren zur Treppe gegangen, um zu essen, und dann hatte Hax den Wachsoldaten namens Robeson zu ihrem kleinen verräterischen tête-à-tête in die falsche Ecke der Küche gebracht. Das war alles. In Cuthberts Augen sah Roland, daß Hax für seinen Verrat sterben würde wie eine Natter in der Grube stirbt. Das, und nichts anderes. Überhaupt nichts. Es waren die Augen eines Revolvermannes.
     
    Rolands Vater war gerade aus dem Hochland zurückgekehrt und wirkte inmitten der Vorhänge und Chiffonverzierungen der Hauptempfangshalle, zu der der Junge erst vor kurzem als Zeichen seiner Ausbildung Zutritt erlangt hatte, fehl am Platze. Sein Vater trug schwarze Jeans und ein blaues Arbeitshemd. Seinen staubigen und schmutzigen und an einer Stelle bis zum Futter aufgerissenen Mantel hatte er achtlos über die Schulter geworfen, ohne sich darum zu kümmern, in welch schroffem Gegensatz er zur Eleganz des Raumes stand. Er war zum Verzweifeln mager, und der dichte Schnurrbart unter der Nase schien seinen Kopf nach vorne zu ziehen, während er auf seinen Sohn hinabsah. Die Pistolen im kreuzförmig über die Hüfte geschnallten Gurt hingen genau in Reichweite seiner

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