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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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genau beobachtet hatte, wie der Revolvermann sich mit den alten Leutchen in River Crossing abgegeben hatte, war der Meinung, daß er sich selbst erniedrigte, sagte aber nichts.
    »An Winterabenden fanden manchmal Rätselwettbewerbe im Großen Saal statt. Wenn es nur die Jungmannen waren, hat stets Alain gewonnen. Wenn die Erwachsenen auch mitspielten, war es immer Cort. Er hatte mehr Rätsel vergessen, als wir anderen je kannten, und nach dem Rätselwettbewerb am Jahrmarktstag trug immer Cort die Gans nach Hause. Rätsel besitzen große Macht, und jeder kennt eines oder zwei.«
    »Sogar ich«, sagte Eddie. »Zum Beispiel: Warum konnte das tote Baby die Straße überqueren?«
    »Das ist dumm, Eddie«, sagte Susannah, aber sie lächelte.
    »Weil es auf ein Huhn geschnallt war«, kreischte Eddie und grinste, als Jake zu lachen anfing und das Anfeuerholz verstreute. »Hiarr, hiarr, hiarr, davon kenne ich eine Million, Leute!«
    Aber Roland lachte nicht. Er sah sogar ein wenig erbost drein. »Nimm mir nicht übel, wenn ich das sage, Eddie, aber das ist wirklich dumm.«
    »Herrgott, Roland, es tut mir leid«, sagte Eddie. Er lächelte immer noch, hörte sich aber ein wenig zerknirscht an. »Ich vergesse immer wieder, daß dein Humor beim Kinderkreuzzug oder wobei auch immer totgeschossen worden ist.«
    »Es ist nur so, daß ich Rätsel sehr ernst nehme. Man hat mir beigebracht, die Fähigkeit, sie zu lösen, spricht für einen gesunden und vernünftigen Verstand.«
    »Nun, die Werke Shakespeares oder die pythagoreischen Gleichungen werden sie nie ersetzen«, sagte Eddie. »Ich meine, wir wollen es nicht übertreiben.«
    Jake sah Roland nachdenklich an. »In meinem Buch steht, Rätsel sind das älteste Spiel, das die Menschen noch spielen. Ich meine in unserer Welt. Und der Mann in der Buchhandlung hat gesagt, man hat sie einmal richtig ernst genommen, nicht nur als Witze betrachtet. Menschen sind ihretwegen getötet worden.«
    Roland sah in die zunehmende Dunkelheit hinaus. »Ja. Das habe ich selbst gesehen.« Er erinnerte sich an einen Rätselwettbewerb am Jahrmarktstag, an dessen Ende nicht die Gans als Preis ausgegeben wurde, sondern ein schielender Mann mit Schellenkappe tot mit einem Dolch in der Brust am Boden lag. Corts Dolch. Der Mann war ein fahrender Sänger und Akrobat gewesen, der versucht hatte, Cort zu betrügen, indem er das Buch des Richters stahl, in dem die Lösungen auf kleinen Rindenstückchen geschrieben standen.
    »Na ja, bitte um Entschuuuuldigung«, sagte Eddie.
    Susannah sah Jake an. »Dein Rätselbuch hatte ich ganz vergessen. Kann ich es mir jetzt einmal ansehen?«
    »Klar. Es ist in meinem Ranzen. Aber die Lösungen sind nicht dabei. Darum hat Mr. Tower es mir vielleicht ums…«
    Plötzlich wurde seine Schulter schmerzhaft zusammengedrückt.
    »Was war das für ein Name?« fragte Roland.
    »Mr. Tower«, sagte Jake. »Calvin Tower. Habe ich dir das nicht gesagt?«
    »Nein.« Roland gab Jakes Schulter langsam wieder frei. »Aber jetzt, wo ich ihn höre, überrascht er mich eigentlich nicht.«
    Eddie hatte Jakes Schulranzen aufgemacht und Ringelrätselreihen gefunden. Er warf es Susannah zu. »Weißt du«, sagte er, »ich fand den Witz mit dem toten Baby eigentlich immer ziemlich komisch. Vielleicht geschmacklos, aber ziemlich gut.«
    »Ich kümmere mich nicht um Geschmacklosigkeit«, sagte Roland. »Dein Rätsel ist sinnlos und daher unlösbar. Ein gutes Rätsel ist keins von beidem.«
    »Herrje! Ihr habt das echt ernst genommen, hm?«
    »Ja.«
    Derweil hatte Jake das Feuerholz neu aufgeschichtet und über das Rätsel nachgedacht, das die Unterhaltung in Gang gebracht hatte. Nun lächelte er plötzlich. »Ein Feuer. Das ist die Antwort, richtig? Nachts ankleiden, am Morgen entkleiden. Man muß nur ›ankleiden‹ und ›entkleiden‹ durch ›anmachen‹ und ›ausmachen‹ ersetzen, ganz einfach.«
    »Genau.« Roland erwiderte Jakes Lächeln, aber sein Blick ruhte auf Susannah, die das kleine, zerfledderte Buch durchblätterte. Als er ihr konzentriertes Stirnrunzeln und die zerstreute Weise sah, wie sie die gelbe Blume in ihrem Haar zurechtrückte, wenn diese sich löste, sagte ihm, daß sie spürte, das zerfledderte Buch der Rätsel konnte ebenso wichtig sein wie Charlie Tschuff-Tschuff… vielleicht wichtiger. Er sah zu Eddie und verspürte ein erneutes Aufwallen von Zorn über Eddies albernes Rätsel. Der junge Mann wies noch eine Ähnlichkeit mit Cuthbert auf, doch diese war unglücklicher:

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