Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
Roland war manchmal danach zumute, ihn zu packen und zu schütteln, bis seine Nase blutete und ihm die Zähne ausfielen.
Ruhig, Revolvermann, ruhig! sagte Corts nicht ganz fröhliche Stimme in seinem Kopf, und Roland stieß seine Empfindungen resolut auf Armeslänge von sich. Es fiel ihm leichter, wenn er sich vergegenwärtigte, daß Eddie nichts für seine gelegentlichen Ausflüge in den Unsinn konnte; Charakter war ebenfalls zumindest teilweise vom Ka bestimmt, und Roland wußte ganz genau, daß Eddie mehr als nur Unsinn in sich hatte. Jedesmal, wenn er den Fehler beging und dachte, das wäre nicht so, würde er gut daran tun, sich ihre Unterhaltung von der Nacht zuvor am Straßenrand zu vergegenwärtigen, als Eddie ihm vorgeworfen hatte, er würde sie alle als Figuren auf seinem privaten Spielbrett mißbrauchen. Das hatte ihn erzürnt… aber es war der Wahrheit auch so nahegekommen, daß er sich schämte.
Eddie, der von diesen Gedankengängen glücklicherweise nichts mitbekam, fragte jetzt: »Was ist grün, wiegt hundert Tonnen und lebt auf dem Meeresgrund?«
»Das weiß ich«, sagte Jake. »Moby Rotz, der große grüne Wal.«
»Idiotie«, murmelte Roland.
»Ja – aber eben deshalb soll es ja komisch sein«, sagte Eddie. »Witze sollen auch bezwecken, daß man um Ecken denkt. Weißt du…« Er sah Roland ins Gesicht, lachte und riß die Hände hoch. »Vergiß es. Ich gebe auf. Du würdest es nie verstehen. In einer Million Jahren nicht. Sehen wir uns das verdammte Buch an. Ich werde mich sogar bemühen, es ernst zu nehmen… das heißt, wenn wir vorher eine Kleinigkeit essen können.«
»In der Tüte«, sagte der Revolvermann mit dem Anflug eines Lächelns.
»Hm?«
»Das bedeutet abgemacht.«
Jake schabte mit dem Stahl über den Feuerstein. Ein Funke sprang über, und diesmal fing das Brennholz Feuer. Er setzte sich zufrieden zurück, schlang Oy einen Arm um den Hals und beobachtete, wie die Flammen emporzüngelten. Er war zufrieden mit sich. Er hatte das Lagerfeuer entfacht… und er hatte die Lösung von Rolands Rätsel gefunden.
3
»Ich kenne auch eins«, sagte Jake, während sie ihre abendlichen Frikadellen aßen.
»Ist es ein albernes?« fragte Roland.
»Nee. Ein richtiges.«
»Dann laß es mich versuchen.«
»Okay. Was bewegt sich und kommt nicht fort, hat einen Mund und spricht kein Wort, hat ein Bett und kann doch nicht schlafen und birgt für manchen einen sicheren Hafen?«
»Das ist ein gutes«, sagte Roland, »aber ein altes. Ein Fluß.«
Jake war ein wenig enttäuscht. »Du bist wirklich schwer zu überraschen.«
Roland warf das letzte Fleischstückchen Oy zu, der es gierig nahm. »Ich nicht. Ich bin das, was Eddie einen Gewichtflieger nennen würde. Du hättest Alain kennenlernen sollen. Der hat Rätsel gesammelt wie eine alte Dame Fächer.«
»Es heißt Fliegengewicht, alter Kumpel«, sagte Eddie.
»Danke. Versuch das mal: Es liegt und steht. Erst weiß, dann rot. Je dicker es wird, um so mehr mag es die alte Dame.«
Eddie prustete lachend. »Ein Pimmel!« schrie er. »Derb, Roland! Aber das gefällt mir, es gefällllt mir!«
Roland schüttelte den Kopf. »Deine Antwort ist falsch. Ein gutes Rätsel ist manchmal ein Wortspiel, wie das von Jake mit dem Fluß, aber manchmal ist es eben doch mehr wie der Trick eines Magiers und läßt dich in eine Richtung sehen, während es in Wirklichkeit etwas ganz anderes meint.«
»Es ist ein doppeltes Rätsel«, sagte Jake. Er erklärte, was Aaron Deepneau zum Rätsel von Simson gesagt hatte. Roland nickte.
»Ist es eine Erdbeere?« fragte Susannah und beantwortete ihre Frage dann selbst. »Logisch. Wie bei dem Rätsel mit dem Feuer. Es ist eine Metapher darin verborgen. Wenn man die Metapher verstanden hat, kann man das Rätsel lösen.«
»Ich schlug metapfer, aber keiner gunnte mir meinen Sieg«, sagte Eddie traurig, aber niemand schenkte ihm Beachtung.
»Wenn man ›wird‹ durch ›wächst‹ ersetzt«, fuhr Susannah fort, »ist es einfach. Erst weiß, dann rot. Je dicker es wächst, desto mehr mag es die alte Frau.« Sie schien mit sich zufrieden zu sein.
Roland nickte. »Ich bekam als Antwort immer zu hören: eine Wenbeere; aber ich bin sicher, beides bedeutet dasselbe.«
Eddie hob Ringelrätselreihen auf und blätterte es durch. »Wie wäre es hiermit, Roland? When is a door not a door? – Wann ist eine Tür keine Tür?«
Roland runzelte die Stirn. »Ist das wieder eine deiner Albernheiten? Meine Geduld ist
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